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Blutrote Schwestern

Blutrote Schwestern

Titel: Blutrote Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jackson Pearce
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über die Attacke gesprochen. Diese Zeit nun zurückzuholen, zu erleben, wie sich dieser alte Mann vor Schuld windet … ist schmerzhaft.
    »Natürlich ist es mein Fehler.« Er schüttelt den Kopf, reibt sich die Schläfen. Als er mich wieder anblickt, sind seine Augen gerötet. Tränen hängen darin, und ich setze mich verängstigt auf.
    »Nein, Pa Reynolds. Du hast versucht, zu uns zu kommen …«
    »Du und die kleine Rosie und … oh Gott, meine arme Leoni!« Fast schluchzend nennt er Oma March beim Vornamen. »Wir haben es versucht«, sagt er. »Wir haben getan, was wir konnten. Sind in diesem Jahr einfach einen Tag zu spät weggekommen. Ein Tag! Ein Tag, und sie wären nicht gekommen. Das war der entscheidende Punkt – ihn immer in Bewegung zu halten, dann würden sie ihn niemals rechtzeitig finden.«
    »Sie …« Ich schlucke. Das kann nicht wirklich das bedeuten, was ich vermute, oder? »Pa Reynolds? Du musst mir das erklären. Bitte.«
    Pa Reynolds schüttelt den Kopf, als wäre es etwas Offensichtliches. Etwas, das ich längst wissen sollte. Dann verändern sich seine Augen wieder. »Oh, Celia. An der Küste können sie uns nicht finden. Wir gehen da wieder mit ihm hin, genau wie damals, als er sieben geworden ist. Wir werden sie alle mit an den Strand nehmen, den ganzen Monat lang. Jakob natürlich auch … Und wir holen die Drillinge aus der Schule. All unsere Babys.«
    »Du meinst … Silas.«
    »Wir nehmen sie mit und bleiben über seinen Geburtstag dort. Silas ist zu sanft, als dass man ihn mit diesem Wissen belasten könnte.« Er macht eine wegwerfende Handbewegung in Richtung des Fensters und lehnt sich zurück, als ob er in einen anderen Raum blicken würde. »Halte ihn in Bewegung. Solange er in Bewegung bleibt, können die Wölfe ihn nicht finden.«
    Ich atme scharf ein. Natürlich. Ich bin ja so dumm – wie konnte mir das nur entgehen? Ich schaffe es, nur zu flüstern. »Jakob war euer Sohn. Silas ist der siebte Sohn eines siebten Sohnes, oder?«
    »Wir dachten, er würde ein Mädchen werden, Celia! Wie die Drillinge, noch ein Mädchen! Der Arzt sagte, es würde ein Mädchen werden, aber er hat einen Fehler gemacht. Wir können ihn beschützen. Wir können sie alle zu seinen siebten Geburtstagen fortbringen. Wir werden ihn verstecken, bis die Mondphase vorbei ist … Sie werden ihn niemals finden, Liebste.
Niemals.
«
    »Deswegen sind die Fenris nach Ellison gekommen, oder? Silas wurde 14, als sie uns angegriffen haben. Er war ein Welpe.« Ich atme ein und schließe das Auge. »Nein. Silas
ist
der Welpe.«
    Die Erkenntnis schlägt über mir zusammen wie eine Welle und presst mir die Luft aus den Lungen. Er ist gerade erst 21 geworden, und obwohl sein Geburtstag schon einige Zeit zurückliegt, ist jetzt die erste volle Mondphase danach. Mein Silas – nein, Rosies Silas. Er könnte ein Fenris sein. Er könnte das Monster sein, gegen das ich als Nächstes kämpfen werde. Er könnte seine Seele verlieren. Er hätte sie bereits verloren, wären wir nicht aus Ellison erst hierher und dann durch die ganze Stadt gewandert … Silas.
Er
ist es. Er ist der Köder, nach dem ich die ganze Zeit gesucht habe.
    Ich reiße das Auge auf und richte den Blick erneut auf Silas’ Vater. »Pa Reynolds, weiß Silas Bescheid? Hast du es ihm gesagt?«
    Er schaut mich an, wieder ganz der Großvater. »Scarlett. Kleine Scarlett March. Wie heilen deine Verletzungen?«
    »Die Fenris, Pa Reynolds!«, sage ich drängend. Der bullige Pfleger steht auf und wirft mir einen neugierigen Blick zu. »Weiß Silas, dass er ein Welpe ist?«
    »Wieso weißt du das mit Silas …« Das Gesicht des alten Mannes wird kalkweiß.
    »Weiß er es?«, schreie ich fast.
    »Nein. Nein, er weiß es nicht. Niemand außer Celia und mir … Oh, Scarlett. Was haben wir dir nur angetan. Und Leoni! Oh, Leoni, es war unser Fehler. Wir waren einen Tag zu spät. Wir sind einen Tag länger in Ellison geblieben, um das Gewitter abzuwarten. Leoni, meine Freundin …« Pa Reynolds vergräbt den Kopf in den Händen und beginnt zu schluchzen, trockene, uralte Schluchzer, die eher klingen, als schnappe er nach Luft, und nicht, als weine er.
    Der Pfleger kommt mit langen, kraftvollen Schritten auf uns zu: »Gibt es ein Problem, Miss?«
    »Nein, nein.« Ich greife noch einmal nach Pa Reynolds’ Hand und drücke sie sanft, ehe ich auf die Füße springe und einen Schritt beiseitetrete. »Nein, aber ich muss gehen.« Ich muss Silas warnen, muss es

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