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Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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Ann den Blick zu ihm. Zweifelsohne wusste sie schon alles über Beatrix. »Sie wird Ihnen helfen, sich in London einzurichten und eine Gesellschafterin zu finden. Sie ist sehr liebenswürdig und kompetent.« Er ließ Ann keine Zeit für Zwischenfragen. »Und hier ist etwas Bargeld für die Reise.« Ihm war klar, dass Ann, falls sie des Mordes beschuldigt wurde, auch in London nicht sicher sein würde. Doch darum würde sich Beatrix kümmern. Sie würde Ann irgendwo unterbringen, wo sie sicher war, bis Gras über die Morde gewachsen war.
    »Das kann ich nicht annehmen«, flüsterte sie. »Und Erich würde mich ohnehin nicht gehen lassen.«
    » Erich bleibt nichts anderes übrig«, knurrte Stephan und dachte, wie ungeheuer befriedigend es wäre, diesem Lackaffen die Hände um den Hals zu legen und zuzudrücken.
    »Ich will nicht noch einen Tod auf dem Gewissen haben«, warnte sie mit leiser, aber fester Stimme, als hätte sie Stephans Gedanken erraten.
    Er seufzte. Das Bild von Van Helsing, wie er vergeblich nach Luft schnappte, verblasste. Stephan legte die Briefe auf den Nachttisch. »Ich brauche ihn nicht zu töten. Er ist ein Feigling. Und er denkt, Sie hätten keine Freunde. Wenn er sieht, dass dem nicht so ist, wird er Ihnen nicht länger Probleme bereiten.«
    Sie sah nicht überzeugt aus. »Und ... was ist mit Ihnen?«
    Ah ... Was war mit ihm? Das war die Frage, nicht? Er würde seine Pflicht erfüllen, wie er es seiner Gattung schuldig war. Er konnte keine Rolle spielen im Leben dieser Frau. Er war ein Vampir und sie ein Mensch. Aber er ersparte ihr diese harte Wahrheit. »Ich werde nach London kommen, wenn ich kann«, sagte er, ohne sie dabei anzusehen.
    Ann blickte zu Stephan Sincai auf, als er ihre Bücherregale anstarrte, sie aber gar nicht wahrzunehmen schien. Hatte er es ernst gemeint? Würde er nach London kommen? War es möglich, dass er ... etwas für sie empfand? Sie war aufgewühlt von widerstreitenden Gefühlen, die sie nicht alle benennen konnte. Da waren Furcht, ja, Sympathie natürlich auch, außerdem jedoch eine unbestimmte Sehnsucht und Verlangen ...
    Das Zimmer drehte sich um sie, als ihr plötzlich alles klar wurde. Sie verstand ihn wie keinen anderen Mann. Stephan Sincai war vielschichtig und schwierig. Er war gut und hatte Fehler begangen, und er hatte vor, im Namen des Guten noch mehr Verbrechen zu begehen. Er litt, und trotzdem war er stark. Er konnte zärtlich, aber auch hart sein. Sie mochte ihn sehr. Und dann war da noch die Sehnsucht, bei ihm sein zu dürfen, und dieses andere Sehnen, das so stark war in ihren erotischen Träumen, dass sie darin ihren ersten Höhepunkt erlebt hatte.
    Mein Gott! Die Schlussfolgerung war unausweichlich: Sie liebte ihn. Das war die Summe all dieser namenlosen Gefühle! Obwohl sie ihm erst vor ein paar Tagen begegnet war, schien sie ihn seit Tausenden von Jahren zu kennen.
    Ann atmete tief ein und langsam wieder aus. Konnte ein Mann wie Stephan etwas für eine Frau wie sie empfinden? Sie durchforschte ihr Gedächtnis nach dem, was sie über ihn wusste. Einige neue Erinnerungen kamen zu den anderen hinzu: ein Zwischenspiel in Lappland, wo er für die Dänen gekämpft hatte, ein Bild der Türme des Klosters Mirso und Stephans Verzweiflung, als er den Berg hinunter auf das Kloster zugeritten war.
    Und dann stiegen seine Erinnerungen an Mirso in ihr hoch. An Rubius, seine Töchter, das grausame Leiden, den sexuellen Missbrauch, die Bestrafungen, den Druck, alle Gefühle in sich auszulöschen ... Ann war so geschockt, dass sie den Mund aufriss und zischend Atem holte. Sie hatten ihm gesagt, diese Qualen seien der Preis für die Aufnahme in Mirso? Das war die Macht, die sie ihn gelehrt hatten – diese unbändige, mit keinerlei Gefühl verbundene Sexualität? Wie furchtbar!
    Noch furchtbarer war, dass er es zugelassen, ja sich all dem freiwillig unterworfen hatte. So groß waren sein Schuldgefühle, sein Drang zu büßen! Wofür? In einem Akt der Vergebung und Nächstenliebe hatte er Asharti gehen lassen. Und dafür war er so bestraft worden? Er hätte dafür bewundert werden müssen. Ja, Asharti war böse. Sie hatte Vampire geschaffen und sie zu einer Armee versammelt, die die Welt bedrohte. Sie hätten sie eben besser überwachen sollen. Rubius hätte dafür sorgen können. Warum gab man also Stephan die Schuld daran? Und warum machte er sich selbst so schwere Vorwürfe deswegen?
    Jetzt wandte er den Blick vom Bücherregal ab und schenkte ihr ein Lächeln,

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