Blutrote Sehnsucht
uns bis dahin die Zeit?«, fragte sie ihn lächelnd und berührte sein Gesicht.
Seine Augen wurden weich, und ein ganz anderes Feuer erwachte in ihnen.
Himmel, sie war so schön im Kerzenlicht! Und auch so tapfer. Sie würde mehr aus den Geschenken machen, die der Gefährte mit sich brachte, als er selbst es je vermocht hatte, gestand sich Stephan ein. Sie würde auch ohne ihn sehr gut zurechtkommen.
Er gab sich keinen Illusionen hin, dass er seine Begegnung mit Rubius’ Töchtern überleben würde. Aber wenn sie auch nur einen Moment in ihrer Wachsamkeit nachließen, würde er sie vielleicht mitnehmen können. Vorausgesetzt natürlich, dass er nicht die Macht verloren hatte, ihr Wesen gegen sie selbst zu richten. Irgendwie schien Ann immun gegen diese Macht zu sein. Aber da war so viel, was er noch nicht verstand ...
Er berührte ihr weißblondes Haar, betrachtete ihre klaren grauen Augen, ihre makellose, zarte Haut. So manche würden vielleicht sagen, ihre Schönheit sei wie feines Porzellan, zu empfindlich, um es zu anfassen. Aber da befänden sie sich schwer im Irrtum. Ann war stark, war es vorher schon gewesen, und ihr Gefährte machte sie noch stärker. In einer Hinsicht täuschte ihre Schönheit jedoch nicht, denn sie spiegelte einen Charakter wider, der gut und aufrecht war.
Und nur das konnte der Grund sein, warum sie die körperliche Liebe mit ihm überlebte. Denn was seine Macht auf sie zurückwerfen konnte, war nur all das Gute in ihr.
Diese Gefahr bestand nicht bei Rubius’ Töchtern. Aber diesen Gedanken sollte er sich für später aufheben. Zunächst einmal würde er sich die Zeit nehmen, dafür zu sorgen, dass Anns Erinnerungen an den ersten Tag ihres neuen Lebens mit Erinnerungen an Liebe, Lust und Freude verbunden waren. Sanft schob er sie ein wenig von sich ab. Nackt stand er auf, um das Feuer anzufachen und Brennholz nachzulegen, und als er zu Ann zurückkam, hatte sie ihr zerrissenes Hemd schon ausgezogen. Lächelnd strich er die Decken glatt, auf denen sie am Feuer gelegen hatte, und winkte ihr. Ihr wohlgeformter Körper schimmerte im Kerzenlicht, ihre vollen Brüste wogten, als sie zu ihm kam und sich neben ihn kniete, und ihre Augen waren dunkel vor Verlangen.
Sie hatte ihm schon ein unglaubliches Geschenk gemacht, indem sie den Geschlechtsakt, der bei Rubius’ Töchtern zu einem bloßen Trainingsritual geworden war, wieder in ein zärtliches, gefühlvolles Zusammensein verwandelt hatte. Er zeigte auf die Decken. »Ich denke, Ihr werdet es hier bequemer haben, Mylady«, sagte er mit einem liebevollen Lächeln.
Stephan legte sich als Erster hin und zog sie dann zu sich herunter. »Ich glaube, nun bist du an der Reihe zu empfangen«, raunte er. Sie hatte seine intimen Liebkosungen schon in der ersten Nacht gemocht, aber da hatte sie noch nicht den Gefährten im Blut gehabt, der die Empfindungen auf eine Weise steigerte, wie kein menschliches Wesen es je erfahren könnte. Und nun hatte Stephan vor, ihr den Unterschied zu zeigen.
Lächelnd streckte sie sich auf der Decke aus. »Und du wirst das Geben übernehmen?«, fragte sie.
»Zunächst mal ja.« Er senkte den Kopf auf ihre Brust und strich mit der Zunge über eine ihrer harten kleinen Spitzen. Schon bei dieser Berührung bog sie sich ihm einladend entgegen. Das Einzige, was die Schwestern ihm gegeben hatten, war ein schier endloses Repertoire an sexuellen Techniken. Und die gedachte er, alle zu benutzen, um Ann zu zeigen, wie es war, wenn der Gefährten seinen Lebensdrang befriedigte. Stephan hatte gehört, dass ein Vampir, im Vergleich zum Menschen, eine ums Hundertfache verstärkte Begehrlichkeit und Sinnenlust verspüre. Später würde er Ann fragen, ob diese Einschätzung zutreffend war ...
Ann kämpfte sich aus einem tiefen, traumlosen Schlaf in den Wachzustand zurück. Ihr war warm. Das Feuer wärmte noch ihren Rücken, obwohl es bis auf die Glut heruntergebrannt war. Sie lag in Stephans Armen. Draußen vor der Höhle ging die Sonne unter, spürte sie.
Nun, wenn sie jetzt noch nicht verrückt war, würde sie es auch niemals werden. Die Empfindungen, die Stephan mit seinen schier unglaublichen erotischen Liebkosungen in ihr entfacht hatte, waren so intensiv gewesen, dass sie sie wirklich und wahrhaftig in den Wahnsinn hätten treiben müssen. Aber mit der neu gefundenen Stärke ihres Gefährten hatte sie sie nicht nur überlebt, sondern sogar noch ein zweites Mal an diesem Tag dieses ungeheuer lustvolle Gefühl gesucht. Ein
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