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Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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verschlang. Anns Retter fuhr blitzschnell zu seinem Feind herum und sprang – doch zu spät. Der schwarze Nebel verzog sich, und die Kreatur ... war nicht mehr da. Als hätte sie sich in Luft aufgelöst! Ann war wie gelähmt vor Schock, stand mit halb geöffnetem Mund und aufgerissenen Augen da und starrte die leere Stelle auf dem Boden an.
    Der andere Mann, der noch auf dem Weg stand, fluchte. »Höllenfeuer und Verdammnis!« Dann wandte er sich zu Ann um, der es nur mit Mühe gelang, den Blick von der Stelle abzuwenden, wo das Monster verschwunden war, und ihrem Retter ins Gesicht zu sehen. Das Schuldbewusstsein und die Reue, die sie in seinem Ausdruck sah, rührten sie. Wie konnte ein Mensch mit solchen Empfindungen leben? Was für Gedanken quälten ihn? Sie müsste ihm danken. Doch während sie noch zögerte, legte sich eine Maske über diese markanten Züge, seine Gefühlsregungen verflogen, er schien sich zu sammeln und ... kühl und distanziert zu werden. Es war sehr verwirrend.
    Ein leises Stöhnen erhob sich von einer Stelle etwas weiter weg den Pfad hinunter.
    Großer Gott! Die verletzte Frau! Ann eilte an ihrem Retter vorbei und kniete sich neben die am Boden Liegende. Ihre Brust hob und senkte sich, und sie rang nach Atem. Ihre Augen waren starr vor Entsetzen, die Hände zuckten hilflos. Aus zwei kleinen Einstichen an ihrem Hals lief Blut hinunter. Ein Rasseln kam aus ihrer Kehle. Ann wollte den Kopf des Mädchens zwischen die Hände nehmen, aber sie wagte nicht, die andere anzufassen.
    »Atme!«, schrie sie sie an. »Atme!«
    Anns Befehl hing noch in der Luft, als die junge Frau ihren letzten Atemzug tat und ihre starren Augen glasig wurden. Ein kleiner Laut des Erschreckens oder der Verzweiflung entrang sich Ann, denn nun erkannte sie das Mädchen. Es war Molly, die in der Schenke arbeitete. Sie sei auch nicht gerade eine Heilige, hatte Onkel Thaddeus von ihr gesagt, doch niemand verdiente so ein Ende. Ann spürte die Gegenwart des Fremden über sich, und von irgendwoher hörte sie Geschrei. »Sie ist tot«, sagte sie und sah ihn an.
    Er sagte nichts, sondern schien auf irgendetwas hinter Ann zu blicken.
    Als sie sich umdrehte, entdeckte sie eine Horde Männer, die mit brennenden Fackeln, Pistolen oder Knüppeln in den Händen den Weg von der Taverne heraufstürmten.
    »Sie da!«, rief Squire Fladgate, der schmerbäuchige Friedensrichter. »Bleiben Sie, wo Sie sind. Wer hat hier geschrien?«
    »Ich«, sagte Ann, so ruhig sie konnte.
    Die Männer aus dem Dorf umringten sie, das tote Mädchen und den Fremden. Im flackernden Schein der Fackeln sahen ihre Gesichter regelrecht dämonisch aus, als sie auf Molly herabstarrten. »Die kleine Van Helsing hat’s jetzt also doch getan«, rief jemand in der Horde.
    Der Friedensrichter brachte seine massige Gestalt nur mühsam auf die Knie nieder. »Wir dachten, es sei Molly, die da schrie. In einem Moment arbeitete sie noch hinter dem Tresen, und im nächsten ...« Er legte dem Mädchen zwei Finger an den Hals und schüttelte den Kopf. »Sie ist tot.«
    »Ich hab gewusst, dass die kleine Van Helsing ’ne Mörderin ist, das sind Verrückte immer.« Das war Mrs. Bennigan, die allen Grund hatte, Ann zu hassen. In ihrer Verwirrung über das jähe Einsetzen ihrer übernatürlichen Kräfte war Ann mit der Untreue der Frau herausgeplatzt, als Mrs. Bennigan sie geschüttelt hatte, nur weil Ann eine Dose mit Nägeln im Eisenwarenladen umgestoßen hatte.
    »Verrückt? Sie ist ’ne Hexe, schlicht und einfach, und sie hat Molly umgebracht!« Ah, Mr. Warple. Auch er hatte seine Gründe, Ann zu hassen. Als Mr. Warple einmal mit ihr zusammengestoßen war, hatte sie schon lange nichts mehr ausgeplaudert. Aber in ihren Augen musste er gesehen haben, dass sie sein Geheimnis kannte: Er hatte seine kranke Frau mit einem Kissen erstickt, als er ihr Stöhnen nicht mehr ertragen hatte. Ann konnte es ihm nicht einmal verübeln. Sie wusste, dass er sie auch getötet hatte, um seiner Frau die furchtbaren Qualen zu ersparen, nicht nur, um sich selbst vom Joch ihrer Krankheit zu befreien. Und sie wusste auch, wie sehr er Tag für Tag darunter litt. Dass ihr das bewusst war, machte sie für ihn jedoch nicht liebenswerter.
    »Der Strang wäre eine zu milde Strafe für die Hexe!«
    »Man sollte sie verbrennen!«
    Zornige Stimmen erhoben sich um Ann, die lautstark forderten, sie zu töten oder sie zumindest doch für immer zu vertreiben. Ann wich furchtsam vor ihnen zurück. Sie durften sie

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