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Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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Aufgabe war er nicht nachgekommen. Er hatte zwar nicht vorgehabt, sie einen nach dem anderen zu töten, aber das wäre immer noch besser gewesen, als den Vampir von eben zu seinen Kumpanen zurückkehren zu lassen, damit er ihnen erzählte, dass der Harrier ihnen auf der Spur war. Würden sie sich jetzt aus Cheddar Gorge zurückziehen? Würde er warten müssen, bis noch mehr »Influenza«-Erkrankungen in einem anderen, weit entfernten Gebiet auftraten?
    Andererseits hielten sie sich offenbar schon eine ganze Weile in dieser Gegend auf. Vielleicht warteten sie ja auf irgendetwas, oder es gab etwas an diesem Ort, das ihnen wichtig war.
    Stephan straffte die Schultern. Er würde hier weitersuchen, bis er sicher sein konnte, dass sie über alle Berge waren. Und es würde keine schwachen Momente oder Ablenkungen mehr geben. Er zwang sich, an den Kampf zu denken, an das Blut, das seine und das ihre, das Enthaupten, vor dem ihm graute, und die Gefahr für seinen Leib und seine Seele ... Das war seine Zukunft. Er war der Harrier , der »Jagdhund«. Er gehörte Rubius und durfte an nichts anderes mehr denken als daran, seine Aufgabe zu erfüllen und zum Kloster Mirso zurückzukehren.
    Ann zitterte unkontrolliert, als die Kutsche über die breite, kiesbestreute Einfahrt zum Portikus von Maitlands fuhr. Ihr schwirrte der Kopf von all dem, was sie gesehen hatte, von den roten Augen des Mörders bis zu Mollys blutleerem Körper, vom Anblick des Todes bis zu dem attraktiven Fremden, der sie vor dem Mob gerettet und sich dann buchstäblich in Luft aufgelöst hatte. Unter ihrer Hand, die ganz unbewusst zu ihrer Kehle geglitten war, spürte sie das wilde Pochen ihres Herzens. Monster, die drohende Gefahr durch die vielen Leute, die sie berühren könnten, die Furcht vor der Verhaftung oder gar dem Tod, all das machte ihr sehr schwer zu schaffen.
    Es war nur das flache, unregelmäßige Atmen ihres Onkels, das sie überhaupt noch in der Realität zurückhielt. Sein Zustand war nicht gut. Sie hätte ihn so gern berührt, seinen Puls gefühlt oder seine Wange gestreichelt, aber all das war für sie nicht möglich.
    Die Kutsche war kaum zum Stehen gekommen, als Ann auch schon die Tür aufriss. »Polsham!«
    Polsham wartete händeringend unter dem Säulenvorbau. »Miss Ann, wir waren so beun ...«
    »Schon gut«, unterbrach sie ihn. »Meinem Onkel geht es nicht gut. Helfen Sie ihm ins Haus!« Sie winkte Peters, der soeben durch das große Eingangsportal kam. »Ab mit Ihnen, Jennings! Und lassen Sie kein Nein von Doktor Denton gelten.«
    »Nein, Miss.« Jennings blickte sich um, bis er seinen Passagier schwer in Polshams Arme sinken sah. Dann nahm er die Zügel auf und fuhr wieder los, während die beiden anderen Männer Onkel Thaddeus ins Haus brachten und ihn im vorderen kleinen Salon auf den Diwan legten.
    »Seine Krawatte, Polsham – lockern Sie seine Krawatte!«, sagte Ann, die in ihrer Sorge buchstäblich auf dem hellen Aubussonteppich herumtänzelte. »Es ist sein Herz. Ich weiß, dass es das Herz ist.«
    Ihr Onkel war tatsächlich kaum noch bei Bewusstsein. Seine Augenlider flatterten, und er atmete nur noch ganz flach. Lieber Gott, wenn du wirklich über uns wachst, dann nimm uns nicht Onkel Thaddeus!, betete Ann stumm. »Holen Sie das Riechsalz, Peters!« Der Diener rannte los.
    Eine innere Stimme flüsterte: Was wirst du tun, wenn er stirbt? Aber Ann verdrängte diese Stimme. Polsham rieb die Handgelenke ihres Onkels, doch das schien nichts zu nützen. Gott, wie soll ich es mir verzeihen, wenn er stirbt? Nur ihretwegen hatte ihr Onkel in dieser Nacht das Haus verlassen, um sich dem Pöbel entgegenzustellen. Es war ihre Schuld, dass er sein Herz mit Angst und Sorge und einem strapaziösen Aufstieg überanstrengt hatte.
    Er würde nicht sterben. Natürlich würde er nicht sterben. Doktor Denton würde ihn retten.
    Stunden schienen zu vergehen, bevor sie das Knirschen von Rädern auf Kies und Jennings’ Rufen hörte. Sie erhob sich aus ihrer knienden Haltung neben ihrem Onkel und lief zur Tür.
    »Doktor Denton«, begrüßte sie den hageren älteren Mann mit dem kleinen Arztkoffer in der Hand. Er kannte sie von Kind an und wusste daher, dass er Abstand halten musste. Er war einer der wenigen Menschen in der Gegend, der nach Maitlands kam. »Er ist hier drinnen«, sagte sie und zeigte auf die Tür zu dem kleinen Salon.
    »Na, mein lieber Brockweir, was haben Sie denn mit sich angestellt?«, begrüßte Dr. Denton den Patienten in

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