Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
Vom Netzwerk:
nicht anfassen! Sie musste von hier fort! »Ich war das nicht«, flüsterte sie. »Ich habe sie nicht umgebracht, das schwöre ich.« Aber ihre Stimme ging in dem Geschrei unter, und erboste Gesichter kamen ihr immer näher, bis sie kaum noch Luft bekam.
    »Sie sollten sie ausreden lassen.« Die gebieterische Stimme hinter ihr brachte den Mob so jäh zum Schweigen, als hätte der Mann einen Zauberstab geschwenkt.
    Blicke glitten von ihr zu dem Fremden und wieder zu ihr zurück. Ann hob den Kopf und sah ihn an. Der Schmerz und das Bedauern in seinem Gesicht waren einem harten, unnachgiebigen Blick gewichen, der sogar noch beängstigender war.
    »Sagen Sie es ihnen!«, befahl er ihr.
    Und da begann sie zu sprechen, wenn auch zu Beginn nur stockend. »Da ... da war ein Mann ... er bückte sich über Molly, als ich den Weg heraufkam. Ich ... ich hatte ihn wohl überrascht, denn er sah auf.« Würden die Leute ihr glauben, was sie gesehen hatte? »Ich hatte den Eindruck, dass er sie ... gebissen hat.«
    »Unsinn«, sagte Fladgate scharf. »Ich sehe keinen Mann.« Er rappelte sich mühsam auf. »Und diese Bisse können nicht Mollys Tod verursacht haben. Seht ihr? Sie blutet nur ein bisschen.«
    »Wahrscheinlich werden Sie feststellen, dass sie keinen Tropfen Blut mehr in sich hat, wenn Sie sie untersuchen lassen«, warf der Fremde ein.
    Ann starrte ihn an. Kein Blut mehr? Sie wandte sich wieder Molly zu. Ja! O Gott, ihr Gesicht war eingefallen, als wären die Blutgefäße, die es immer gestützt hatten, nun ... leer.
    »Sie war’s. Die Hexe hat sie umgebracht. Wer könnte das schon außer ihr?«
    »Sie hat es mit dem bösen Blick getan.«
    Am äußeren Rand der Menge erhob sich ein Tumult. Onkel Thaddeus drängte sich schwer atmend nach vorn.
    »Onkel!«, rief Ann und drückte die Hände an die Brust, um ihn nicht in die Arme zu schließen. »Du solltest nicht hier sein. Du siehst nicht gut aus.« Sein Gesicht war grau.
    »Ich lasse sie nicht von Ihnen schikanieren, Fladgate«, keuchte er. Er rang nach Atem und hatte eine Hand auf sein Herz gepresst.
    »Wir brauchen Ihre Hilfe nicht, Brockweir.«
    »Warum sind Sie dann nach Maitlands gekommen?«
    »Weil Molly vermisst wurde und wir dachten, Ihr Mündel wisse vielleicht etwas darüber. Wie sich herausstellte, war jedoch auch sie nicht aufzufinden. Komischer Zufall, nicht? Und jetzt haben wir gesehen, dass es keineswegs ein Zufall war. Ihre Nichte hat einen Mord begangen«, erklärte der Friedensrichter kalt.
    Die Menge brüllte zustimmend.
    »Nein, das hat sie nicht.«
    Wieder verstummte der aufgebrachte Mob. Die Stimme des Fremden hatte diesen merkwürdig bezwingenden Effekt. Ein unbehagliches Schweigen breitete sich unter den Leuten aus.
    Richter Fladgate räusperte sich. »Und was haben Sie zu der Angelegenheit zu sagen?«
    Der hochgewachsene Fremde trat hinter Ann, ohne sie jedoch zu berühren, auch wenn sie seinen Körper schon gefährlich nahe an ihrem spüren konnte. »Ich habe alles mit angesehen. Sie sagt die Wahrheit.«
    »Wo ist denn dann der andere Mann?«, fragte einer aus der Menge, der ganz vorne stand, herausfordernd.
    »Er ist in diese Richtung weggerannt.« Der Fremde zeigte den Weg hinunter.
    »Und warum haben Sie ihn nicht aufgehalten?«, gab der sichtlich angetrunkene Mann zurück.
    »Das Mädchen lebte noch. Es wäre falsch gewesen, es allein zu lassen.« Der Fremde log. Molly hatte ihn nicht gekümmert, aber Ann dachte natürlich nicht daran, ihn zu berichtigen.
    »Sie behaupten also, dass der Mörder einfach so verschwunden ist?«
    »Sie haben zwei Augenzeugen, um das zu bestätigen«, erwiderte der Fremde.
    Und Squire Fladgate akzeptierte das. Ann konnte es nicht glauben. Jahrelang hatten sie nur auf einen Vorwand gewartet, um sie einzusperren oder Schlimmeres, und jetzt hatten sie endlich einen Grund gefunden. Aber der Friedensrichter nahm die Gelegenheit nicht wahr. Er fragte den Fremden nicht einmal nach seinem Namen. Keiner von ihnen richtete das Wort an ihn. Niemand erkundigte sich danach, wieso er hier war. Von Ann wussten sie, dass sie gern bei Nacht im Wald spazieren ging. Die ganze Stadt sprach über ihre seltsamen Eigenheiten. Aber müssten sie bei einem Fremden nicht neugieriger sein?
    Würden sie es dabei bewenden lassen? Der Friedensrichter schüttelte sich, als versuchte er, Klarheit zu gewinnen, und blickte sie aus schmalen Augen an. »Sie könnte seine Komplizin gewesen sein.«
    »Warum hätte sie dann schreien sollen?«, wandte der

Weitere Kostenlose Bücher