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Blutrotes Wasser

Blutrotes Wasser

Titel: Blutrotes Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Torsten Krueger
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auch noch hinzufügen? Meinrad schnaufte erschöpft: Er musste jetzt erst mal was Anständiges essen. Und wahrscheinlich auch einiges trinken.
    23.38 Uhr, Burgberg, Tunnelanlage
    Knisternd erwachte das Licht, ächzend öffnete Lázlo die Augen. Wie spät es wohl war? Er wusste es nicht. Egal. Wichtig war etwas ganz anderes: Lázlo war endlich zu Hause. Hatte einen Freund seines Vaters gefunden und dieser ihn. Holló hatte eine Tür für ihn geöffnet, die mehr war als das: ein Tor, ein Sprung in sein neues Leben.
    »Lázlo, ich bin sehr zufrieden mit dir.« Der Rabe löste sich aus einer Zimmerecke und kam langsam näher. »Du bist begabt und ein mutiger Mensch. Dein Vater wäre stolz auf dich.«
    »Erzähl mir mehr von ihm.«
    »Natürlich, Lázlo. Später. Jetzt muss ich etwas anderes mit dir besprechen. Etwas Wichtiges. Du wirst dadurch zu einem zentralen Teil unseres Plans. Wirst du mir helfen?«
    Lázlo zögerte nicht. »Natürlich«, sagte er schnell. »Was soll ich tun?«
    Hinter der metallenen Maske gluckste ein leises Lachen. »Nichts Schlimmes, wie ich meine. Vielleicht findest du sogar Gefallen daran. Du sprichst Deutsch, nicht wahr?«
    Lázlo nickte verwirrt: »Ja.«
    »Wie gut?«
    »Ich … weiß nicht. Ich habe schon lange mit niemandem mehr deutsch geredet. Seit mein Vater … Warum? Was soll ich tun?«
    »Hör mir genau zu, Lázlo. Es gibt da ein Mädchen. Eine Österreicherin …«

8
    Samstag, 6. August. Drei Tage später.
    12.33 Uhr, Pest, Innenstadt
    Lena schlenderte über die Váci utca * , eine der beliebtesten Einkaufsmeilen von Budapest, die parallel zur Donau durch die Innenstadt lief. Sie war eine ebenso beliebte Touristenfalle – warben doch die meisten Kneipen auf Englisch mit »Tourist Menu« und die Geschäfte mit typischen Souvenirs aus »Hungary«. Trotzdem gefiel ihr diese Fußgängerzone: drängelnde Menschen, Touristen beim Einkauf, die Häuser alt, groß und schön – ein bisschen wie zu Hause in Wien. Sogar die Sonne brannte nicht mehr ganz so heiß vom sommerblauen Himmel wie in den letzten Tagen, sondern war einfach nur warm. Alles schien ihr … beruhigend normal.
    Und Normalität konnte Lena gut gebrauchen.
    Die letzten zwei Tage waren übel gewesen. Besonders die Nächte, in denen bösartige Träume vorbeischauten und ihr immer wieder die Bilder vom letzten Tauchgang zeigten.
    Viel hatte wirklich nicht gefehlt. Ein paar Minuten länger und sie wäre wie Shakespeares Ophelia zwischen den Seerosen getrieben: mit dem Gesicht nach unten.
    Und jetzt lief sie durch eine Fußgängerzone, shoppte und ließ sich von der Sonne streicheln. Verrückt.
    Aus der flanierenden Menge vor Lena hob sich eine winkende Hand, die rasch näher kam. An den schlohweißen Haaren erkannte sie schnell den Musiker, der ihnen – erst vor einer Woche? – im Restaurant Százéves vorgespielt hatte. Ein Teufelsgeiger, wie sie immer noch fand. Als das Trio nach den Musikinstrumenten griff, hatte Lena überlegt, wie sie möglichst unauffällig die Hände auf ihre Ohren pressen könnte. Aber als die Violine dann begann, als dieser alte Herr, der jetzt auf sie zuwankte, die Saiten der Geigen berührte – da hatte Lena die Hände nicht auf, sondern hinter ihre Ohren gelegt, um noch besser zu hören.
    Lena winkte zurück.
    »The beautiful girl from the restaurant«, begrüßte er sie.
    Englisch war nicht Lenas Stärke, sodass ihr als Antwort nur ein knappes »Hello!« einfiel.
    »You are french?«, fragte der Geiger.
    »No.«
    »Italian? Spanish?«
    Wieder schüttelte Lena mit dem Kopf und lächelte – dass er sie trotz ihrer aschblonden Haare für eine Südländerin hielt, schmeichelte ihr. Irgendwie.
    »Austrian«, klärte sie ihn auf.
    »Oh.« Der Alte zögerte, als suchte er nach dem richtigen Knopf in seinem Gehirn. Als er ihn gefunden hatte, machte er in gebrochenem Deutsch weiter. »Österreich, ja?
    »Ja. Sie sind der Musiker.«
    »Imre Rutschek, erfreut«, sagte er und deutete etwas an, was wohl ein Handkuss sein sollte.
    Lena grinste und nannte ihren Namen. »Sie haben wirklich toll gespielt«, sagte sie dann. »Normalerweise stehe ich auf eine andere Art von Musik.«
    Rutschek schaute sie fragend an. Dann lächelte er großzügig und machte eine weit ausholende Geste. »Hoffe ich, dass Ihnen Budapest gefällt?«
    »Natürlich«, antwortete sie. »Obwohl ich noch nicht viel gesehen habe.«
    »Oh, großer Fehler. Sind nicht für Tourismus hier?«
    »Nein.« Lena wurde ernst. »Aber jetzt habe ich

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