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Blutrotes Wasser

Blutrotes Wasser

Titel: Blutrotes Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Torsten Krueger
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und wir …«
    »Nein!«
    Lázlo stürzte sich auf Frosch und riss ihn zu Boden. Der wehrte sich nicht. Lázlo gab ihm eine Ohrfeige und noch eine, kniete sich auf seinen Bauch. Nein, das konnte, das durfte nicht sein. Lügen, alles Lügen. Frosch war nur neidisch auf ihn, auf seine enge Bindung zu Holló.
    Frosch stöhnte, aber dann lachte er wieder. Er lachte und keuchte: »Wach auf. Bitte.«
    Lázlo gab ihn frei. Ließ sich neben ihn in den Sand fallen, der weite Teile des Skulpturenparks bedeckte. »Warum«, fragte er leise, »erzählst du gerade mir das alles?«
    »Weil du anders bist«, erklärte Frosch prompt. »Cleverer. Weil du mich nie gefragt hast, woher ich meinen bescheuerten Spitznamen habe. Und weil du noch eine Chance hast.«
    »Du nicht?«
    »Nein.« Frosch zögerte lange, ehe er fortfuhr: »Ich bin schon zu lange dabei. Einmal, da habe ich versucht abzuhauen, aber sie haben mich gefunden.«
    Lázlo fragte nicht nach. Sie schwiegen und starrten in den Nachthimmel. Die gigantischen Figuren aus Stahl und Stein standen neben ihnen wie Wächter ihrer Albträume.
    »Ich glaube dir nicht«, sagte Lázlo schließlich.
    »Nein.« Frosch nickte in die Dunkelheit. »Aber du wirst es noch tun. Und vielleicht sogar rechtzeitig.«
    »Unsinn. Holló ist der großartigste Mensch, den ich kenne.«
    »Und ein Lügner.«
    Wieder brodelte Zorn in Lázlo auf. Konnte dieser kleine Spinner nicht endlich die Klappe halten? Merkte er nicht, dass er das Einzige in den Dreck zog, was Lázlo am Leben hielt? Und der Wachmann im Pariser Hof? Das fragte der andere Lázlo in seinem Kopf. Und der geklaute Schlüssel von deiner Mutter, die Bomben, der Verrat an Lena? Ja, was war mit Lena? All diese Fragen pusteten seine Wut aus wie eine Kerze. Konnte Frosch vielleicht … recht haben? Nein. Niemals.
    Sein Kopf schwirrte, sein Atem ging hektisch und schnell. Lázlo versuchte sich zu beruhigen und starrte zum Himmel hinauf. Zu den Sternen. Und fragte schließlich, weil ihm sonst nichts anderes einfiel: »Warum nennt man dich Frosch?«
    Aber nicht er antwortete.
    »Weil er ein echt flinker Hüpfer ist.«
    Lázlo und Frosch sprangen auf. Ein paar Meter von ihnen entfernt stand Janosch, sein ewiges Grinsen sogar noch im Dunkeln erkennbar, seine Zähne schienen zu leuchten. Neben ihm baute sich André auf: »Was macht ihr zwei Süßen hier?«
    »Wir schauen uns Sterne und Skulpturen an«, erwiderte Lázlo zögernd.
    »Warum glaube ich das nicht?« Janosch kam näher, auch er ließ eine Taschenlampe aufblitzen. Geblendet wich Lázlo zurück. »Ihr liegt da wie zwei schwule Säue«, sagte Janosch. »Haben wir euch gestört?«
    André kicherte, aber Janosch brachte ihn mit einer knappen Handbewegung zum Schweigen. »Aber das glaube ich eigentlich auch nicht.« Ein letzter Schritt und sie standen sich gegenüber. Die Falten um seine Lippen gruben sich im Licht der Taschenlampe noch tiefer als sonst um Janoschs Mund. »Ich glaube eher, unser Frosch hier verbreitet Lügen.«
    »Unsinn!« Lázlo spuckte das Wort aus. Auch wenn er selber nicht glauben wollte, was Frosch da erzählte – die Drohung in Janoschs Worten klang zu gefährlich, so scharf wie ein Messer.
    »Pack ihn!«, sagte Janosch und deutete auf Frosch.
    Aber der sprang. Machte seinem Spitznamen alle Ehre. Mit einem gewaltigen Satz entwischte er Andrés Pranken und rannte los. »Hinterher!«, befahl Janosch. »Du auch!« Funkelnde Augen starrten Lázlo an. »Holló will es so.«
    Sekunden vergingen, nicht viele, zwei vielleicht oder drei. Dann nickte Lázlo und nahm die Verfolgung auf. Zu dritt hetzten sie hinter dem Flüchtigen her und hatten ihn bald eingekreist – von drei Seiten näherten sie sich Frosch, der sich gehetzt umblickte. Ein gejagtes Tier, dachte Lázlo. Ein gejagter Mensch. Was, wenn Frosch doch recht hatte?
    Ein letzter Ausweg blieb ihm: Mit zwei weiteren Sprüngen, flink wie ein Affe, hangelte sich Frosch an dem Denkmal des Volksaufstandes hinauf, dem Memorial Béla Kuns * : Ein Block aus Metall, mehr als zwanzig flach gepresste, überlebensgroße Soldaten aus Stahl. Sie tragen Gewehre mit spitzen Bajonetten, sind heroisch und fast zwei Meter groß, und über ihnen, in dunkler Bronze steht Béla Kun, ein kommunistischer Führer Ungarns, und weist mit auf ewig erstarrtem ausgestreckten Arm den Weg. Frosch hüpfte wie Spiderman auf dem Monument herum – bald umklammerte er Béla Kun aus Metall. Er hatte die Spitze erreicht.
    »Komm runter«, brüllte

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