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Blutrotes Wasser

Blutrotes Wasser

Titel: Blutrotes Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Torsten Krueger
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Schlacht. Lena gegen Lena. Angst gegen Mut. Die eine brüllte und schrie voller Panik und Todesangst, die andere blockte mit Vernunft und klugen Sprüchen. Du hast das alles schon tausendmal gemacht, sagte ihre Vernunft. Du bist eine erfahrene Taucherin, sagte sie, dir kann gar nichts passieren. Aber die andere hörte nicht und schlug um sich.
    Immer noch hatte Lena die Augen geschlossen, sie traute sich einfach nicht, und das Ha-Hu ihrer Atemzüge, metallisch und schal, gellte in ihren Ohren.
    Mach endlich deine Augen auf, befahl die vernünftige Lena.
    Ich kann nicht, wimmerte die Angst. Ich will weg hier, nach oben, an die Luft, ich bekomme keine Luft mehr, ich …
    Die Gedanken und Gefühle wirbelten durch ihren Kopf wie die Luftblasen ihres Atems durch das Wasser.
    Ich bin bei dir.
    Woher kam diese neue Stimme? Sie glaubte es nicht und wusste es doch. Lázlo. Er war bei ihr. Begleitete sie in dieser Dunkelheit. Er war hier, in diesem Reich von Stille und Dunkelheit, in ihrem Herz.
    Ha-Hu, atmete sie.
    Und öffnete die Augen. Warf einen ängstlichen Blick auf ihre Taucheruhr: 16.44 Uhr. Ihr blieben noch sechzehn Minuten.
    16.45 Uhr, vor dem Parlament
    »Mama, wenn du da bist, bitte geh ran.« Lázlo spürte, dass seine Wangen feucht waren. »Mama, bitte, ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe. Der ganze Scheiß war zu viel für mich, Papas Tod, das war … Aber ich kann mich ändern. Zusammen werden wir uns ändern. Ich werde es versuchen, versprochen. Bitte geh ran, Mama. Ich … ich brauche dich.«
    »Junge? Wo bist du? Was ist los?«
    Tränen, das waren Tränen, die da sein Gesicht hinunterliefen. Lázlo presste das Handy ans Ohr: »Mama, ich …«
    »Was hast du jetzt schon wieder angestellt?«, unterbrach sie ihn, und eine Welle der alten Wut schwappte über ihn hinweg. Aber dann erkannte er, was er all die Jahre nicht hatte erkennen wollen, nicht hatte sehen können: In ihrer Stimme lag nicht nur der ewige Vorwurf, der genervte Tadel einer Mutter, sondern Angst und Sorge. Eine eigene, nicht minder schreckliche Verzweiflung und Einsamkeit, wie sie Lázlo selbst so lange gespürt hatte. »Keine Zeit für Erklärungen«, presste er heraus. »Aber du musst mir helfen. Bitte. Ich muss irgendwie ins Parlament. Durch die normalen Eingänge kann ich nicht, aber ich habe einen Generalschlüssel.«
    »Du hast was? Junge, das ist strafbar! Ich könnte meinen Job verlieren, wenn …«
    »Mama, das ist nicht wichtig. Bitte. Du musst mir helfen. Du bist der einzige Mensch, der mir helfen kann!«
    Er hörte ihr Schweigen. Ein langsames Atmen. Sie zögerte. Wie sollte sie ihm auch vertrauen, wo er sich jahrelang die größte Mühe gegeben hatte, ein Arschloch zu sein?
    »Die Brunnen«, sagte seine Mutter. »Wo genau bist du?«
    »Am südlichen Teil.«
    »Du musst an die hintere Front im Osten, weg von der Donau.« Seine Mutter redete jetzt immer schneller, so als erwachte sie langsam aus einem Traum. »Dort gibt es zwei Brunnen.«
    »Was soll ich da?«
    »Der Architekt hat sich damals eine ganz besondere Art Klimaanlage ausgedacht. Zwei Springbrunnen vor dem Parlament mit einer verborgenen Öffnung.«
    »Weiter!«
    »Von diesen Brunnen laufen Tunnel bis in das Gebäude, um es mit wassergekühlter Frischluft zu versorgen. Die meisten sind heute zugemauert, aber ein paar werden noch benutzt.«
    »Und funktioniert da der Generalschlüssel?«
    »Ich weiß es nicht, Lázlo.«
    »Danke. Ich versuche es. Und, Mama?«
    »Ja?«
    »Ruf die Polizei an, vielleicht glaubt man dir ja. Es gibt da irgendwo einen Kommissar Frenyczek, der müsste Bescheid wissen. Sag ihnen, die Fekete Sereg plant einen Anschlag auf das Parlament. Heute Abend beim Feuerwerk gehen dort Bomben hoch.«
    »Lázlo! Komm da sofort weg! Du kannst doch nicht …«
    »Ich muss«, unterbrach er sie. »Ich muss das tun, Mama.«
    16.47 Uhr, Höhlensystem Molnár János
    Mit einem leisen Surren schoss der Scooter vorwärts und zog Lena wie einen Fisch durch die Unterwasserwelt. Sie hatte noch dreizehn Minuten und ihr Herz drehte sich genauso schnell wie der Propeller am Heck des Tauchschlittens. Die Angst war immer noch da, aber Lena hatte sie eingesperrt. Die Angst klopfte an ihr Gefängnis, drohte und flehte, aber sie kam nicht heraus. Noch zwölf Minuten. Lena hatte sich die Markierung auf dem Plan genau eingeprägt und musste jetzt ganz nahe dran sein. Sie schaltete den Scooter aus und ließ ihn im Wasser treiben. Mit ihrer Handlampe leuchtete sie die Wände ab,

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