Blutrubin Trilogie - Band 2: Der Verrat (German Edition)
vernichtenden Blick zuwarf, schenkte er mir wie immer ein anzügliches Grinsen. Ich schloss die Augen und versuchte alles um mich herum auszublenden und mich nur auf die Bündelung meiner Macht zu konzentrieren, die ich noch nicht einmal spürte.
Und als ich sie vorsichtig blinzelnd wieder öffnete, sah ich es, das Licht. Es war nicht von langer Dauer und sicher auch nicht so hell, wie es hätte sein sollen, doch es war da. In meinen Handflächen hatten sich kleine Kugeln aus Licht gebildet, nicht größer als ein Tischtennisball, die flackernd aufleuchteten und im nächsten Moment ganz verschwanden. Um mich herum ertönte erst ein erstauntes »Ahhh« und dann ein enttäuschtes »Ohhh«, als das Licht plötzlich wieder erlosch.
Bright kam strahlend auf mich zu und legte väterlich einen Arm um mich.
»Das war doch schon einmal ein Anfang«, sagte er stolz, doch ich konnte seine Euphorie nicht teilen. Wem sollte ich mit diesen gelben Kugeln, die aussahen wie ein Käsebällchen, Angst machen?
»Ich werde das wohl nie lernen«, seufzte ich und ließ die Schultern hängen.
»Es war bei mir nicht anders«, versuchte er mich zu beruhigen. »Erst als ich keine andere Wahl hatte und ich wusste, dass mein Licht andere retten konnte, habe ich es zum ersten Mal geschafft, es zu entfachen«, versicherte er mir, doch irgendwie klang das für mich nicht gerade ermutigend.
Ich konnte also nichts anderes tun, als zu hoffen, dass ich das Licht entfesseln konnte, wenn es darauf ankam. Ein Blick in die Gesichter um mich herum verriet mir, dass meine neue Kraft alle beflügelte und sie ihre ganze Hoffnung in meine neue Fähigkeit setzten. Mir wurde ganz flau im Magen, als ich erkannte, wie erwartungsvoll sie mich ansahen.
»Du kriegst das schon hin«, ermutigte mich Aiden und schlug mir kameradschaftlich auf den Rücken und auch James schenkte mir ein zuversichtliches Lächeln.
Ich drehte mich zu meinem Vater, denn jetzt, wo unser Training beendet war, konnte ich mich endlich in Ruhe mit ihm unterhalten. Gerade als ich ihn bitten wollte, mir in James Arbeitszimmer zu folgen, verwischten seine Konturen.
»Was ist los«, schrie ich hysterisch und wollte seinen Arm packen, doch ich fasste ins Leere. Es war als versuchte ich Rauch zu greifen und mit jeder Sekunde wurde seine ganze Gestalt blasser und durchscheinender. »Geh nicht«, schrie ich. Er blickte mich traurig an, dann lächelte er.
»Sie haben es herausgefunden«, hörte ich ihn noch sagen und schon war er verschwunden. Ich begann am ganzen Körper zu zittern und meine Beine wollten mich nicht mehr tragen. Ich sank auf die Knie, schlug die Hände vors Gesicht und weinte.
Sofort war James neben mir und redete beruhigend auf mich ein, doch mein Schluchzen übertönte seine Stimme. Ich bekam nicht mit, wie alle anderen sich nach und nach aus dem Trainingsraum zurückzogen, bis nur noch James, Aiden und ich übrig waren. Was würde jetzt mit meinem Vater geschehen? Was würden diese Mächtigen ihm antun und wieso hatte es das Schicksal auf mich abgesehen? Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und blickte in James mitfühlende Augen.
»Mach dir keine Sorgen, Liebling, wir werden einen Weg finden, damit du deinen Vater wiedersiehst«, erklärte er sanft, aber mit einer nicht zu überhörenden Entschlossenheit in der Stimme. Ich glaubte ihm.
Er war immer zur Stelle, wenn ich ihn brauchte und er gab mir Halt, wenn meine Kraft nicht ausreichte. Er war die andere Hälfte und nur zusammen waren wir ein Ganzes. Ich wischte mir mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen und holte tief Luft. Ich musste jetzt stark sein, denn das, was vor uns lag, war alles andere als einfach. Ich konnte mir nicht erlauben, schwach zu sein. Nicht jetzt.
»Wie spät ist es?«, fragte ich an die beiden Männer gerichtet, denn ich hatte keine Ahnung, wie viele Stunden wir hier unten verbracht hatten. Aiden zog den Ärmel seines Pullovers zurück und sah auf seine Armbanduhr.
»Es ist kurz vor vier Uhr«, antwortete er. Langsam erhob ich mich und sah James mit verweinten Augen an.
»Ich glaube es ist besser, wenn ich mich etwas hinlege«, erklärte ich und versuchte nicht an meinen Vater zu denken, um erneuten Tränen erst gar keine Chance zu geben. Es war mir peinlich genug, dass ich vor all den Anwesenden geheult hatte.
Jetzt musste ich meine Kraft und meine ganze Konzentration der Vernichtung der Ubour widmen. Später, wenn alles überstanden war, hatte ich noch genügend Zeit, mich um
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