Blutrubin Trilogie - Band 2: Der Verrat (German Edition)
meinen Vater zu kümmern.
»Wir haben für heute genug trainiert. Vielleicht finden wir morgen noch eine Stunde Zeit, um alles noch einmal durchzugehen«, stimmte Aiden zu und verschwand mit einem kurzen Nicken nach draußen. James hatte den Arm um mich gelegt, als wir den Trainingsraum verließen. Er sagte nichts und das war eine der Eigenschaften, die ich an ihm so schätzte.
Er wusste immer, wann es besser war, zu schweigen oder wann er mich mit seinen einfühlsamen Worten beruhigen konnte und genau dafür liebte ich ihn.
Als wir die Treppe nach oben stiegen, saß Ian auf einer der obersten Stufen, eine Flasche Whiskey in der Hand und lallte etwas Unverständliches. Zwei Stufen unter ihm blieben wir stehen und James musterte ihn.
»Wir haben wohl wieder ein bisschen zu viel getrunken«, stellte er vorwurfsvoll fest und zog dabei die Augenbrauen fragend nach oben. Ian sah auf und grinste.
»Ihr auch?«, entgegnete er erstaunt und nahm einen erneuten Zug. Wir schüttelten beide den Kopf und stiegen an ihm vorbei nach oben.
Nachdem ich mich geduscht hatte, kroch ich unter die weiche Bettdecke und ließ mich mit einem lauten Seufzen ins Kissen fallen. James hatte mittlerweile ein gemütliches Feuer im Kamin entfacht, dann setzte er sich zu mir auf die Bettkante und studierte aufmerksam mein Gesicht. Als ich bemerkte, dass er keine Anstalten machte, sich zu mir ins Bett zu legen, sah ich ihn überrascht an.
»Hast du noch etwas vor?« James ließ ein unbefangenes Lächeln aufblitzen.
»Ich muss noch einmal runter zu den Anderen, aber ich versuche mich zu beeilen«, beantwortete er meine Frage.
»Hat das nicht Zeit bis Morgen?«, entgegnete ich und verzog schmollend die Lippen. Ich wollte jetzt nicht alleine sein und erneut anfangen über alles nachzugrübeln, was heute geschehen war.
»Morgen Abend wollen wir zum Rannoch Moor, hast du das vergessen? Es geht nur noch um ein paar Kleinigkeiten, aber ich verspreche, dass ich bald wieder bei dir bin«, beteuerte er und fuhr dabei die Konturen meines Mundes mit seinem Finger nach.
»Na gut«, brummte ich, »dann geh jetzt, damit du schnell wieder zurück bist.«
James Mundwinkel gingen nach oben und er gab mir einen Kuss auf die Stirn. Diese Geste erinnerte mich schmerzlich an meinen Vater und sofort füllten sich meine Augen wieder mit Tränen. Schnell drehte ich mein Gesicht von ihm weg und tat, als wolle ich nach der Flasche Wasser auf dem Nachtkästchen greifen. Zum Glück hatte er nichts von meinem erneuten Gefühlsausbruch bemerkt. Seine tröstenden Worte hätten jetzt alles nur noch schlimmer gemacht. Er stand auf und ging zur Tür, wo er sich noch einmal zu mir umdrehte.
»Bis gleich, mein Engel«, sagte er und dann schloss sich die Tür hinter ihm. Ich ließ mich wieder nach hinten fallen und starrte eine halbe Ewigkeit auf den Baldachin über mir, ohne ihn jedoch wirklich wahrzunehmen. Stattdessen schwirrten mir die Bilder meines Vaters im Kopf herum, wie er mich umarmt hatte, oder mir die Stirn küsste.
Das deutlichste Bild jedoch war das, als er sich langsam auflöste und mir diesen herzzerreißenden, traurigen Blick zugeworfen hatte. Ob ich ihn jemals wiedersehen würde?
Plötzlich wurde ich wütend, als ich an die Mächtigen dachte, von denen ich noch nie zuvor etwas gehört hatte, die aber die Frechheit besaßen, mir meinen Vater zu nehmen. Sobald unser Angriff am Rannoch Moor erfolgreich beendet war, würde ich mich auf die Suche nach Informationen über diese Wesen machen. Wenn ich erst wusste, wie ich diese Typen finden konnte, dann wollte ich sie aufsuchen und ihnen gehörig die Meinung sagen. Die Mächtigen würden sich noch wünschen, mich niemals verärgert zu haben. Ein Lächeln spielte um meine Mundwinkel, als diese Vorstellung in meinem Kopf Gestalt annahm und ich beruhigte mich etwas. Genug, um endlich in einen tiefen Schlaf hinüberzugleiten.
In meinem Traum stand ich an derselben Stelle am See wie schon zuvor. Auch diesmal erhellte der Vollmond die Umgebung und tauchte alles in ein silberblaues Licht. Kimberly trat aus dem Wald und auch diesmal sah ich James, der sich in einen Ubour verwandelt hatte. Als er jedoch auf mich zu kam, hob ich in dieser Version des Traumes meine Hand, so als wolle ich ihn warnen. Als er es ignorierte und einen weiteren Schritt auf mich zu machte, nahm ich die Macht meines Blutes zu Hilfe und erschuf einen grellen Lichtschein.
Ich musste die Augen schließen, da mich die Helligkeit blendete. Nachdem
Weitere Kostenlose Bücher