Blutrubin Trilogie - Band 3: Das Vermächtnis (German Edition)
Leben verändert und dafür war ich unbeschreiblich dankbar.
Eigentlich war ja Balthasar schuld an allem, denn er war es, der mich angegriffen hatte. Wäre er nicht gewesen, hätte James mich nicht gerettet und ich wäre heute nicht hier.
Wie mein Leben wohl aussehen würde, wenn das alles nicht passiert wäre? Wahrscheinlich würde ich mich immer noch durch das öde Kunststudium quälen und mich jeden Tag fragen, ob es wirklich das war, was ich wollte.
»Wir sind gleich da«, informierte uns James und riss mich dadurch jäh aus meinen Gedanken. Um uns herum waren nur Bäume zu erkennen und ich fragte mich, in welcher Richtung wohl der See lag. James setzte den Blinker und bog in einen holprigen Waldweg ein. Nachdem er ungefähr einen Kilometer geradeaus gefahren war, trat er urplötzlich auf die Bremse.
Ich hätte um ein Haar laut aufgeschrien, als direkt vor uns mein Vater und Gabriela aus dem Wald traten. James schaltete den Motor aus.
Freitag, 21:18 Uhr. Verbleibende Zeit: 2 Stunden und 12 Minuten.
Die anderen parkten ihre Wagen direkt hinter uns und kamen dann auf uns zugeeilt. Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass es bereits weit nach 21:00 Uhr war.
»Gibt es etwas Neues?«, erkundigte sich James bei meinem Vater.
»Evelyn ist mit ihren Leuten schon vor Stunden am Loch Ailsh angekommen und seither suchen sie den ganzen See ab. Gefunden haben sie aber noch nichts«, antwortete mein Vater.
»Da werden sie sich auch schwer tun, denn der Felsen wird erst sichtbar, wenn der Vollmond am Himmel steht«, sagte Finn. Ich sah hinauf zu den dunklen Wolken über mir.
»Und wenn es so bewölkt ist, dass man den Mond nicht sieht?«
»Das tut nichts zur Sache. Der Mond muss nicht sichtbar sein«, informierte er mich. Diese Tatsache beruhigte mich, auch wenn ich noch immer nicht so recht wusste, wie es weitergehen sollte.
»Wo befindet sich Evelyn?«, fragte James an Gabriela gewandt.
»Das letzte Mal, als wir sie gesehen haben, war sie am anderen Ende des Sees«, erklärte sie und deutete mit dem Finger über das Wasser.
»Dann sollten wir uns dorthin auf den Weg machen«, antwortete er. James teilte uns in verschiedene Gruppen ein und wollte mit Balthasar, Evan, Vasili und meinem Vater vorangehen. Anschließend würde ich folgen, wobei Sille vor mir laufen sollte und Gabriela mir Rückendeckung geben würde. Das Schlusslicht bildeten Berta, Emma, Evan und Henry. Letzterer wurde von den beiden anderen Vampiren beschützt. Seine Sicherheit war ungemein wichtig, denn würde ihm etwas zustoßen, beträfe das zwangsläufig auch mich und die anderen materialisierten Geister.
Als schließlich die Reihenfolge geklärt war, in der wir den Marsch antreten würden, setzten wir uns in Bewegung.
Freitag, 21:55 Uhr. Verbleibende Zeit: 0 Tage, 1 Stunde und 35 Minuten.
Wir waren eine gefühlte Ewigkeit am Ufer des Loch Ailsh entlanggelaufen. Mittlerweile hatten wir fast den ganzen See umrundet, aber weder den Felsen der Gerechtigkeit noch Evelyn und ihre Leute gefunden.
Mit jeder Minute, die verstrich, ohne dass wir weitere Fortschritte machten, wuchs in mir die Panik. In der letzten halben Stunde hatte ich gut und gerne 100 Mal auf meine Armbanduhr gesehen. Mir lief die Zeit davon und wir tappten hier völlig im Dunkeln.
Am südlichen Ufer des Sees blieben wir stehen, um zu beraten, wie es jetzt weitergehen sollte. Während James, Balthasar und Sille in eine hitzig flüsternde Diskussion vertieft waren, trat ich einige Schritte zum Ufer und ließ meinen Blick über den See schweifen. Das war der Moment, in dem ich es sah.
Keine hundert Meter vor uns lag eine kleine Insel im See. Ich kniff die Augen zusammen. Ich war mir ganz sicher einen schwachen Lichtschein zu erkennen, der hinter den Bäumen immer wieder kurz aufflackerte.
»James«, flüsterte ich ohne den Blick abzuwenden. Er war sofort bei mir.
»Was ist los?« Doch bevor ich antworten konnte, hatte auch er es gesehen. Mit einer knappen Handbewegung beorderte er die anderen zu sich und kurz darauf starrten alle auf die kleine Insel vor uns.
»Das muss es sein«, flüsterte Balthasar.
»Aber hier sind keine Boote, mit denen wir übersetzen können«, stellte Vasili fest, der das Ufer absuchte.
»Dann wird es eben ohne Boote gehen müssen. Wir haben nämlich keine Zeit mehr«, entschied James.
»Soll das heißen wir müssen da rüber schwimmen?«, fragte Berta entsetzt.
»Genau das soll es bedeuten«, stimmte ihr James zu.
Kapitel
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