Blutsäufer (German Edition)
entspannt, als sie
Karla entgegentrat und ihr mit einer derben, ansatzlos geschlagenen Ohrfeige antwortete.
Doch entspannt war nur ihr Äußeres, nicht der Schlag. Ihr Handrücken traf Karla
mit unglaublicher Wucht seitlich unterm Kinn und riss sie vom Boden hoch. Der
kleine Körper krachte gegen die Wand und sackte ohnmächtig in sich zusammen.
Ehe sie auf dem Boden aufkam, griff Franz nach ihr und hielt sie in seinen
Armen.
„LASS SIE LOS!“
Er widersetzte sich dem Befehl halbherzig,
indem er sie nicht sofort losließ, sondern den erschlafften Körper zunächst fürsorglich
auf dem Boden bettete. In der Hocke bleibend, wandte er sich der Gräfin zu, den
Blick nach unten gerichtet.
„Schau mich an, Franz!“
„Nein“, sagte er trotzig. „Ich schau dich
nicht an, ich schau dich niemals wieder an!“
„Warum?“
Hatte sie ihn wirklich nach dem Warum gefragt,
allen Ernstes?
„Weil du mich diesem Monster zum Fraß
vorwerfen willst.“
Darum! , hätte er beinahe noch hinzugefügt.
„Du nennst Mircea ein Monster?“, fauchte die
Vampirin. „Mircea ist ein Gott, der König der Vampire, und es ist eine Ehre,
für ihn sein Leben lassen zu dürfen! Stell dir vor, Franz, dein Blut wird
morgen in ihm fließen, wird Teil dieses göttlichen Körpers sein. Und diese Ehre
wird dir zuteil, weil du besonderes Blut in dir trägst. Nur jeder Hundertste
trägt dieses Blut in sich, doch nicht jeder davon kommt als Blutopfer in Frage.
Es muss reines Blut sein und es darf nicht von zu jungen oder zu alten Menschen
kommen. Dein Blut ist genau richtig, Franz. Dein Blut ist allzu köstlich! Ich
hätte es gern für mich. Ich hätte dich gern für mich. Aber es ist für etwas
Höheres bestimmt. Für ein höheres Wesen. Und dem habe ich mich zu beugen.“
War das eine Art Liebeserklärung? Er schaute
jetzt doch zu ihr auf und sah etwas in ihren Augen, das er noch nie in ihnen gesehen
hatte. Eine Mischung aus Bedauern und Traurigkeit. Woher rührte sie? Von ihrer
Liebe zu ihm? Oder war es das Bedauern und die Traurigkeit eines Raubtiers, das
einem anderen, stärkeren Raubtier seine Beute überlassen muss?
„Ich kann auf die Ehre verzichten, Teil eines
verwesenden Gottes zu werden“, sagte er. Und dachte: Wenn sie wirklich eine Art
Liebe für dich verspürt, hast du vielleicht noch eine Chance. Deine letzte
Chance, die du nutzen musst. Sonst bist du morgen ein toter Mann.
Tot! Tot! Tot!
„Weißt du, dass ich sehr viel für dich
empfinde?“
Die Gräfin wandte sich halb von ihm ab. „Sei
still, Franz! Ich will das nicht hören. Ich will kein Wort mehr aus deinem Mund
hören!“
Franz fuhr unbeirrt fort: „Ja, ich empfinde
viel für dich. Ich würde gern bei dir bleiben. Wenn du mich ließest, würde ich
dir folgen, wohin immer du gehst. Denn die Wege, auf die du deine Füße setzt,
sind heilige Wege für mich.“
Übertreib’s nicht, dachte er, vermassel es
nicht! Sie ist alles andere als dumm.
Ängstlich wartete er auf ihre Reaktion.
Lange Zeit kam nichts. Ihr Gesicht konnte er
lediglich im Profil sehen, verdeckt von ihrem Haar, das sie nicht zurückstrich.
In ihrem Körper schien sich jeder Muskel anzuspannen. Ein gutes Zeichen? Nein,
eher ein schlechtes, oder?
„Glaubst du, dass du dem Tod entgehst, wenn
ich dich beim Wort nehme? Ich habe meine Launen, und an meinen schlechten Tagen
töte ich selbst das, was ich liebe. Oder ich quäle das, was ich liebe, bis es
stirbt. So war es immer, seit ich ein Vampir wurde, seit ich diese unendliche
Kraft in mir trage, der der stärkste Mann nichts entgegenzusetzen hat. Morgen wartet
ein schneller Tod auf dich, Franz. Wenn ich dich jedoch bei mir behielte, würde
dein Leben durch Qualen getrübt sein, durch Schmerz und endlose Pein. Und in
spätestens zwei Jahren - denn länger dauert es gewöhnlich nicht, bis ich einer
Sache überdrüssig geworden bin, was immer es auch sei – würde ich dich töten.
Du wirst also ohnehin jung sterben, mein lieber Franz. Nichts kann dich mehr
retten. Nichts!“
Mag sein, dachte Franz, doch wenn ich den
morgigen Tag überstehe, besteht Hoffnung für mich. Ich muss lediglich den
morgigen Tag überstehen. In zwei Jahren kann viel passieren.
„Wenn ich gewaltsam sterben muss, soll es so
sein“, sagte er, „doch will ich durch deine schöne Hand getötet werden, durch
die Hand, die ich begehre. Und bis es so weit ist, will ich von ihr liebkost
werden, denn danach sehne ich mich. Ich sehne mich nach dir, Gräfin!“
Er verstummte nach
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