Blutsauger
Nutzen für die Menschheit. Um Blut.«
»Und dazu …«, Häberle riskierte das Stichwort, »dazu braucht man reines Nabelschnurblut.«
Humstetts Gesicht verlor seinen sportlichen Glanz. »Nabelschnurblut«, griff er das Wort emotionslos auf, »das ist in der Tat ein ganz wichtiger Stoff, sozusagen Stammzellen pur. Frisch und durch keinerlei Einflüsse verändert.«
»Aber schwer zu kriegen.«
»Natürlich schwer zu kriegen. Doch Maronn und seine Investoren scheinen auch dieses Problem bedacht zu haben.«
»Bedacht und gelöst zu haben«, ergänzte der Ermittler. »Jedenfalls müssten Sie welches bekommen haben.«
»Ich weiß, auf welch dünnes Eis ich mich begebe. Sie meinten, ich müsste mich nicht zu jeder Frage äußern. Ich tue es trotzdem, weil ich guten Gewissens sagen kann, dass ich nicht weiß, woher dieses Blut stammt.«
»Es kam einfach so – mit der Post, oder was?« Häberle hob verwundert die rechte Augenbraue.
»Ich hab, solang ich in Laichingen war, nur zweimal was gekriegt. Da reichen kleine Mengen aus, müssen Sie wissen. Außerdem hab ich da oben nur kleine Versuche gemacht. Auf Gran Canaria laufen ganz andere Dinge.«
»Das Blut muss aber doch tiefgekühlt transportiert werden.« Häberle hatte sich flüchtig im Internet informiert.
»Gekühlt, ja. Nur ist das mit heutigen Einrichtungen kein Problem. Es gibt spezielle Kühlboxen. Mit Gel und Styropor. Und wenn Sie einen internationalen Spediteur damit beauftragen, bringt er Ihnen das Zeug in jeden Winkel der Erde, ohne dass die Kühlkette unterbrochen wird.«
»Auch nach Gran Canaria.«
»Auch dorthin, natürlich. Im Flieger oder auf einem Frachtschiff vom spanischen Festland aus.«
»Und wie war das nun in Ihrem Fall – mit den beiden Lieferungen?«
»Ich weiß wirklich nicht, woher es kam. Es war ein Kurier, der mir die Kühlbox gebracht hat.«
»Von einem Paketdienst?«
»Nein. Es war ein junger Mann, der mir die Kühlbox gebracht hat.«
»Einer, den Sie kannten?«
»Nein. Ich kann mich nur entsinnen, dass er so einen blauen Kleinwagen gefahren hat, so einen Fiesta, denk ich mal. Mit Göppinger Kennzeichen.«
Häberle musste seine Überraschung verbergen. Dass er sofort das Thema wechselte, erschien ihm allerdings im selben Moment bereits für unangebracht. Möglicherweise war das gespielte Desinteresse allzu durchsichtig. »Damit wir uns richtig verstehen«, merkte er eher beiläufig an, »wir ermitteln hier im Zusammenhang mit Tötungsdelikten. Was in Ihren Laboratorien geschieht oder geschehen ist, ist nur zweitrangig – und nur insoweit interessant, als es ursächlich für den Tod zweier Menschen sein könnte.«
»Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Sie glauben, dass Dr. Fallheimer und diese Frau aus der Klinik umgebracht wurden, weil sie etwas wussten, das niemand erfahren durfte.«
»So könnte man es auf einen Nenner bringen. Deshalb frage ich Sie ganz direkt: Was hatten Sie mit ihnen zu tun?« Häberle nahm einen Schluck des inzwischen kalt gewordenen Kaffees.
»Diese Frage habe ich erwartet. Aber ich hatte weder mit Dr. Fallheimer noch mit dieser Frau Kontakte. Natürlich hab ich mir Gedanken gemacht, woher der junge Mann die Kühlbox hatte – klarer Fall. Aber um ehrlich zu sein, es gibt Momente, da stellt man keine Fragen.«
»Weil Sie vermutlich wussten, dass es besser war, nicht danach zu fragen?«
»Ich bin davon ausgegangen, dass Herr Maronn ein ehrenwerter Geschäftsmann ist«, wich Humstett geschickt aus.
»Dass die Kühlbox aus der Helfenstein-Klinik stammen konnte, auf die Idee sind Sie nicht gekommen?«
»Warum sollte ich meine Zeit damit vergeuden, über etwas nachzudenken, wofür ich nicht zuständig bin und was mich nichts angeht?«
Häberle beschloss, es dabei zu belassen. Humstett hatte zwar zuletzt die meiste Zeit in dem Firmengebäude gehaust, in Wirklichkeit war er mit festem Wohnsitz in Blaubeuren gemeldet. Dort würden sie ihn jederzeit wieder erreichen können. »Es könnte natürlich sein«, knüpfte der Kommissar an Humstetts Bemerkung an, »dass es Juristen gibt, die hinsichtlich Ihrer Verantwortung eine andere Auffassung vertreten.«
Humstett zuckte sichtlich zusammen. »Wie darf ich das verstehen?«
»Na ja, den Standort Laichingen für ein medizinisches Versuchslabor auszuwählen, dürfte kein Zufall gewesen sein. Provinz, unauffällig, dazu einige Kliniken in der Umgebung – und vor allem die A8 vor der Haustür. Erreichbar aus allen Richtungen.«
»Standorte
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