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Blutsauger

Blutsauger

Titel: Blutsauger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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prallte direkt gegen die Windschutzscheibe. Häberle brummte etwas, war jedoch viel zu sehr in Gedanken versunken, als dass er jetzt eine Konversation mit dem Kollegen anfangen wollte. Er sah die Hinweisschilder auf den Flughafen vorüberflitzen, ohne sie zu registrieren. Links vor ihnen glitzerte das Meer. An einer Reihe von Windkraftanlagen drehten sich die Rotoren. Schon bald verließ Figueras die Autobahn, um in ein Gewerbegebiet einzubiegen, das sich wie ein Krebsgeschwür in die raue Steinwüste unweit des Flughafens hineinzufressen schien. Überall dasselbe, überlegte Häberle: Der Flächenverbrauch war erschreckend – und dies nur des Profits wegen. Da klagten Gott und die Welt über eine Krise – und trotzdem wurden Gewerbegebiete aus dem Boden gestampft. Mit Wehmut musste er an die Landschaft der Schwäbischen Alb denken, die in den vergangenen Jahren zuerst mit gigantischen Hühnerställen überzogen wurde, gefolgt von Schweinezuchtbetrieben. Und in jüngster Zeit waren es Gewerbegebiete, die auf einstigen landwirtschaftlichen Flächen entstanden. Während Häberle die neuen Industriebauten an sich vorbeiziehen ließ, musste er an einen Vortrag des Agrarbeauftragten der evangelischen Kirche Deutschlands denken, von dem ihm ein Zitat in Erinnerung geblieben war. Der Mann hatte kritisiert, dass immer mehr Anbaufläche der Industrie zum Opfer falle. Seine Kernaussage war in Häberles Gedächtnis haften geblieben: Wer soll denn noch säen und ernten – und vor allem wo? Außerdem hatte er gesagt, es dürfe nicht sein, dass die Schöpfung zur Verfügungsmasse einzelner Profiteure verkomme. Häberle versuchte, diese Gedanken abzuschütteln. Aber die Bilder, die sich vor ihm auftaten, erschwerten es ihm. Zwar war hier draußen auf diesem felsig-steinigen Untergrund vermutlich nie gesät und geerntet worden – doch erschien es ihm trotzdem sündhaft, die Landschaft rigoros zu verändern und zu vermarkten.
    »Wir sind da«, brachte ihn Figueras Stimme aus seiner Gedankenwelt zurück. Der Kollege parkte den Seat vor einem nüchternen Zweckbau – drei Etagen hoch, weiß getüncht, Flachdach, kleine Fenster. Nichts an der Fassade verriet, was sich dahinter verbarg. Auch die stabile Metalltür, die keinen Glaseinsatz aufwies und keine Aufschrift trug, ließ einen bescheidenen Mittelstandsbetrieb vermuten.
    Entlang der Gebäudefront parkten mehrere Kastenwagen, die Häberle den spanischen Kollegen zuordnete. Figueras hatte ihm unterwegs erklärt, dass man nach der Festnahme Maronns eine Razzia angesetzt habe. Er öffnete die unverschlossene Tür, hinter der sie ein kleines Foyer betraten, in dem sich an einem Schreibtisch eine ältere Sekretärin mit dem Computer abmühte und kurz mit dem Kopf nickte. Ihr gegenüber hatten auf Besucherstühlen zwei Uniformierte Posten bezogen. Ihnen oblag die Aufgabe, den Eingang zu besetzen. Figueras wechselte mit ihnen ein paar Worte, worauf einer von ihnen zum Funkgerät griff und eine Meldung durchgab. »Er verständigt den Einsatzleiter«, dolmetschte der spanische Kommissar, um Häberle verständlich zu machen, worum es ging.
    Zwei Minuten später tauchte ein breitschultriger Uniformierter auf, dessen viele Zeichen auf der Schulterklappe ihn als hochrangigen Beamten auswiesen. Die Männer begrüßten sich und Häberle nahm erleichtert zur Kenntnis, dass der Einsatzleiter relativ gut deutsch zu sprechen schien. Er führte sie durch den Flur, vorbei an mehreren Polizisten, die Akten in Kartons schichteten, zu einem weißen, schmucklosen Besprechungszimmer, als sei er hier der Firmenchef.
    Der Einsatzleiter wies den Gästen Plätze zu, ließ die Tür ins Schloss fallen und kam gleich zur Sache: »Was wir tun, hat nicht direkt mit diesem Mord zu tun.« Sein spanischer Akzent war nicht zu überhören. »Der Mord hat die Aktion heute ausgelöst. Aber diese Betrieb, er war schon lange in unse …« Er suchte die passenden Worte. »… ja, er war verdächtig, seit letztes Jahr schon.«
    »Gab es dafür einen Grund?«, fragte Häberle dazwischen und spürte, wie ihm die schlechte Luft zu schaffen machte. Offenbar war die Klimaanlage abgeschaltet worden.
    »Es gab Hinweise auf Verdacht – sagt man so, oder? Es geht um Frage, woher Blut kam«, erklärte der Spanier.
    »Hinweise aus Deutschland?«
    »Nein, von hier.«
    »Und welche Funktion hatte Dr. Brugger?«
    Der Einsatzleiter verzog das kantige Gesicht zu einer ratlosen Miene. »Wir wissen nicht genau. Señor Maronn hat

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