Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)
versuchte, seine Hand wegzustoßen, als er mein Augenlid hochzog, um zu sehen, ob meine Pupillen normal reagierten. »Deswegen habe ich es ausgesteckt, Miststück.«
»Würde uns hier vielleicht jemand mit der Ziege helfen!«, schrie Chris aufgeregt.
»Ihr werdet alle in der Hölle verrotten, und wenn ich euch auf dem Rücken dort hintragen muss«, hauchte ich. Meine Augen waren geschlossen, aber ich konnte Winonas Hufe und ihr Weinen hören. Sie suchte immer noch nach einem Ausweg.
»Schau, du hässliche Ziege!«, schrie Eloy. Ich fühlte, wie er meine Haare packte und meinen Kopf anhob. »Entweder hörst du auf, oder ich bringe sie um! Und das ist dann dein Fehler!«
»Lauf, Winona«, versuchte ich zu schreien, brachte aber nur ein Flüstern hervor. »Lauf …«
»Ich meine es ernst!«, brüllte Eloy, und etwas Kaltes berührte meine Kehle. »Ich werde sie direkt hier aufschlitzen, und sie wird vor deinen Augen ausbluten!«
Ich bemühte mich, die Augen zu öffnen, schaffte es aber nicht.
»Es tut mir leid. Es tut mir leid!«, rief Winona, dann jaulte sie auf. Ich hörte erst das Trappeln von Hufen, dann ihr Schluchzen neben mir. Das Messer verschwand von meiner Kehle, und Eloy ließ meine Haare los. Mein Kopf fiel gegen Gerald. Auch mir war nach Weinen zumute. Es war alles nur eine Falle gewesen. Sie hatten wissen wollen, ob wir entkommen konnten, und ich war direkt in die Falle gelaufen, bis hin zu dem nicht gefüllten Betäubungsgewehr und dem ausgesteckten Telefon. Ich war so ein Idiot.
Gerald warf mich über die Schulter, und mir schoss das Blut in den Kopf, sodass ich noch einen Moment klar denken konnte, doch dann wurde mir wieder schwindlig.
»Hey!«, schrie Chris. Ich fühlte, wie sie ihr Buch aus meiner Tasche zog. »Du stiehlst meine Ergebnisse?«, brüllte sie.
»Das sind Beweise«, lallte ich. »Wollte es richtig machen … Miststück.«
»Die Schitte hat versucht, meine Ergebnisse zu stehlen!«, schrie sie wieder. Ich schaffte es, die Augen zu öffnen, und genau in diesem Moment gingen die Lichter wieder aus.
»Halt verdammt noch mal die Klappe«, grummelte Eloy, während wir wieder Richtung Treppe gingen. »Und schließ sie nächstes Mal irgendwo ein.«
»Sie wird nicht noch mal entkommen«, schwor Chris, und irgendwie schaffte ich es nicht, ihr zu widersprechen, als man mich nach unten trug und auf den kalten Boden warf.
Ich hatte vollkommen versagt. Wenn ich meine Magie gehabt hätte, hätte ich einen Schutzkreis errichten und den Schlag abwehren können. Ich hätte Gerald mit Jenseitsenergie erledigen können. Ich hätte die Dunkelheit erhellen können, die Gitter mit einem Wort schmelzen, sogar ein Loch in die Kellerwand schlagen können. Aber ohne sie … war ich nichts. Nutzlos.
So wollte ich nicht sein.
16
Ich saß schon so lange in dieser stinkenden Toilette, dass ich sie nicht mal mehr riechen konnte, und das störte mich. Sie hatten mich vor Stunden hier reingeworfen, um mich von Winona zu trennen. Der winzige Raum war widerlich, aber eine sorgfältige Untersuchung hatte mir einen Fluchtweg eröffnet. Ich brauchte nur ein bisschen Zeit. Nachdem ich Jennifer und Gerald mit Verstümmelungen gedroht hatte, wenn sie die Tür auch nur öffneten, um mir Abendessen zu bringen, hatte ich meine Ruhe. Dämlich. Das Letzte, was man tun sollte, ist, eine Gefangene in einem schlecht eingerichteten, schlecht konstruierten Kellerklo einzusperren und sie dann zu ignorieren. Wer auch immer dieses Ding gebaut hatte, hatte sich nicht an die Vorschriften gehalten. Zwischen der Mauer und der Kabinenwand waren mindestens sechzig Zentimeter Platz.
Ich kaute auf meiner Unterlippe, als ich das nächste Stück Verkleidung von dem Loch löste, das ich mit dem Plastikstück von Winona gebohrt hatte. Das Bruchstück war ungefähr so groß wie meine Handfläche, und ich legte es vorsichtig auf den Spülkasten. Ich hätte ein größeres Stück lösen können, aber je größer die Teile, desto mehr Lärm verursachte ich. Ich ging davon aus, dass es ungefähr drei Uhr morgens war, aber ich wusste nicht, wie weit ich von ihrem Bau entfernt war. Diesmal würde ich auf Nummer sicher gehen. Wenn das hier schiefging, würde ich keine dritte Chance kriegen. Wenn ich wieder versagte, würde einer von uns sterben, und wahrscheinlich wäre das Winona. Und ich könnte nicht mehr mit mir leben, wenn das geschah.
Ich rieb mir mit der Hand über die Nase und lockerte ein weiteres Bruchstück, bis die schwere Pappe
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