Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)
glaubte nicht, dass er Quen damit täuschen konnte. »Rachel war zu lange auf den Beinen, ich setze sie wieder in ihren Stuhl. Ceri zieht mir bei lebendigem Leib die Haut ab, wenn sie in Ohnmacht fällt. Ich werde sie hochbringen. Quen, ich erwarte so schnell wie möglich einen vollen Bericht.«
»Es geht mir gut«, sagte ich schwach, aber das war gelogen. Ich konnte Jenks nicht in die Augen sehen, als ich aus dem Raum schlurfte, aber er war so begeistert dabei, Quen mit dem Licht zu helfen, dass er nichts bemerkte. Ich wollte nicht, dass er in der Nähe war, wenn Al auftauchte. Zumindest war es Tag. Ich hatte noch ein paar Stunden, um einen neuen Anrufungsspiegel anzufertigen und ihm alles zu erklären, bevor die Kacke wirklich anfing zu dampfen.
Außer, er springt mit mir ins Jenseits.
»Uns«, sagte Trent, als die Tür hinter uns ins Schloss fiel und wir in dem ruhigen, leeren Flur standen. »Außer er springt mit uns ins Jenseits. Begreif das endlich, Rachel. Ich habe gesagt, dass ich dir helfen werde.«
»W-wie …«, stammelte ich, aber er lächelte nur und half mir mit festem Griff in den Rollstuhl.
19
Mein Bein tat weh. Benommen saß ich in meinem Rollstuhl und ließ mich herumschieben – wie ich es fast die gesamte erste Hälfte meines Lebens getan hatte. Trent rollte mich schweigend durch die Kellerlabore, bis wir mit einem anderen Aufzug nach oben fuhren. Die kühle Stille des Laborbereichs wurde von der Wärme eines neutralen Teppichs und leisen Gesprächen abgelöst, als er mich durch die Büros rollte und dabei geschickt Kommentaren oder Nachfragen von neugierigen Angestellten auswich.
Fast unbemerkt wurde die Geräuschkulisse leiser, bevor sie ganz verschwand. Meine Füße wurden von der Sonne gewärmt, doch auch als der Stuhl zum Stehen kam, tat ich nichts. Ich fühlte, wie Trent beiseitetrat, dann nahm er von jemandem ein Tablett entgegen. Seine wunderschöne Stimme hob und senkte sich beruhigend, als er die Person, wer immer sie war, wieder aus der Tür drängte und sie hinter ihr schloss.
Es folgte Stille. Und langsam stieg mir der wundervolle Geruch von Kaffee in die Nase.
Ich atmete tief durch, dann hob ich den Kopf und stellte fest, dass wir uns in Trents Büro befanden. Das warme Licht stammte von einem riesigen Bildschirm. Er zeigte die Fohlen dieses Jahres, wie sie in den letzten, wärmenden Strahlen der Sonne standen. Aber ich fühlte die Wärme auch auf meinen Beinen, und der Sonnenschein erschien mir sehr real. Trent saß hinter seinem Schreibtisch, die Füße auf seinem Tischkalender, und beobachtete mich mit zusammengelegten Fingern und neugierig schräg gelegtem Kopf. Die blonden Haare hingen ihm fast in die Augen. Zwischen uns stand auf einem hölzernen Tablett ein Kanne voll von etwas, das Kaffee sein musste, neben zwei Tassen mit dem silbernen Kalamack-Logo.
»Geht es dir gut? Du bist irgendwie weggetreten.« Er stellte die Füße wieder auf den Boden und lehnte sich über den Tisch. In seinen Augen funkelte eine Aufregung, die ich so noch nie gesehen hatte. Er wirkte fast … spitzbübisch? »Ein Wort, das ich noch nie benutzt habe: weggetreten. Aber genau das trifft es.«
Immer noch benommen sah ich zu der Kaffeekanne, dann auf mein silbernes Armband – das Möbiusband mit den lateinischen Worten darauf, das glitzernd um mein Handgelenk lag. »Bin ich das?«
Meine Stimme verklang, als er aufstand und eilig um seinen Schreibtisch herumging. »Du bist in eine Schockstarre gefallen. Ich dachte, mein Büro wäre da vielleicht besser als ein Raum voll hilfreicher Ceri.« Er zögerte. »Es sei denn, du willst, dass sie uns dabei hilft?«
Sie dabeizuhaben hätte bedeutet, jemand anderen meine Kugel abfangen zu lassen. Nein. Damit war ich durch. Ich schüttelte den Kopf, während er die erste Tasse füllte und sie mir anbot. Es war nicht der körperliche Schock einer Verletzung, sondern die Erkenntnis, dass ich das Armband abnehmen würde; dass sich alles verändern würde. Ich würde wirklich zum Dämon werden, mit der Macht, mit der Verantwortung … Wenn Leute aufgrund meiner Entscheidungen starben, wäre nicht länger meine Feigheit der Grund dafür. Aber jemanden umbringen … Ich wusste nicht, ob ich das konnte. So jemand wollte ich auf keinen Fall sein.
Laut plätscherte der Kaffee in die zweite Tasse, während ich mein Getränk mit zitternden Händen an die Lippen hob. Das Gefäß wärmte meine Finger, während der Kaffee gleichzeitig bitter und voll durch meine
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