Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)
Minute oder so ergab das Universum einen Sinn. Drei Minuten im Himmel sind ein Jahr in der Hölle wert. Zumindest behaupten sie das.«
Er lächelte mich verschlagen an, dann wandte er sich ab, rollte die Ärmel hoch, versenkte seine Arme im Spülwasser und fing an, meinen Dreck zu beseitigen. Ich schwieg. Das Buch lag vergessen auf meinem Schoß, während ich über seine Worte und ihn selbst nachdachte. Er sah gut aus, mit seinem behaarten Körper und diesem knackigen Hintern. Er hatte die Ärmel weit genug hochgerollt, dass ich Tätowierungen sehen konnte, die sonst verborgen waren.
Hör auf damit, Rachel , dachte ich und senkte meinen Blick wieder auf das Buch. »Also, ähm, warum bist du gegangen?«, fragte ich. »Warst du es leid, für drei Minuten im Himmel ein Jahr in der Hölle zu verbringen?«
Wayde suchte im Schrank nach einem frischen Geschirrtuch, bis er schließlich ein goldenes hervorzog, das ziemlich zerrissen war, aber wirklich gut saugte. »Takata hat mich darum gebeten«, sagte er und fing an, den größten Kessel abzutrocknen. »Er hat gesagt, seine Tochter bräuchte jemanden, der sie vom Rand der Bühne zurückreißt, bevor sie runterfällt.«
Ich runzelte die Stirn und fragte mich, ob Trent wohl gerne mal einen Tag in Fairygröße verbringen würde. Dann könnte er sich mit den neuen Bewohnern seines Gartens unterhalten. »Hey, danke«, sagte ich säuerlich.
»Und, was ist mit dir?« Wayde lehnte sich vor und stellte den Kessel zwischen uns auf die Arbeitsfläche. »Es muss doch auch Highlights gehabt haben, normal aufzuwachsen und böser Runner zu werden.«
»Genau«, meinte ich trocken und rieb mir die Stirn. »Hat Takata dir nicht erzählt, dass ich bis zu meinem achtzehnten Geburtstag ständig in Krankenhäusern war? Die meiste Zeit wurde ich zu Hause unterrichtet, aber ich war dann doch oft genug auf einer öffentlichen Schule angemeldet, um zu erfahren, wie es ist, verdroschen zu werden.«
Wayde verzog das Gesicht und das Tuch glitt langsamer über den nächsten Kessel. »Die Teenagerzeit stinkt.«
Ich griff nach Ivys Klebenotizen und fing an, eine Liste zu schreiben. Ceri kannte diesen Fluch. Sie würde mir dabei helfen. Es war eine Sache, mich selbst ohne Hilfe mit Flüchen zu belegen, aber bei Trent war es etwas vollkommen anderes. »Ich hätte viel darum gegeben, jeden Tag woanders zu sein, wo niemand wusste, wer ich war, und nicht wusste, dass mein Dad tot und meine Mom irre war.«
»So schlimm, hm?«
Plötzlich wünschte ich mir, ich hätte nicht so viel verraten. »Eigentlich nicht«, versuchte ich meine Selbstmitleidsorgie runterzuspielen. »Ich bin heute Abend eine Drama Queen. Ford, der Psychologe des FIB, würde sagen, dass meine Kindheit zwar für Vertrauensprobleme gesorgt hat, ich aber dadurch, dass ich vor meiner Mom verbergen musste, dass ich verprügelt und von Jungs angemacht wurde, gelernt habe, was im Leben wirklich wichtig ist. Ich würde es nicht ändern wollen.« Zumindest nicht sehr. Ich hatte seit Ewigkeiten nicht mehr mit Ford geredet, und ich fragte mich, wie es wohl mit Holly lief. Plötzlich ging mir auf, dass einige meiner Freunde Babysitter brauchten, und schwor mir, dass ich meine Anrufe filtern würde. Mit einem fremden Kind auf der Hüfte würde es schwer werden, mich eines überraschenden Meuchelmörderangriffs zu erwehren.
Wayde war mit dem dritten Kessel fertig und ging in die Knie, um sie an ihren Platz auf dem unteren Brett zu stellen. »Und was ist wichtig, Rachel Morgan?«, fragte er. Ich sah ihn durch das offene Regal hindurch an.
»Freunde, denen man vertrauen kann.« Ich trommelte mit dem Bleistift auf das Buch. »Vielleicht hatte Ford recht.«
Schweigend legte Wayde das Geschirrtuch hin und kehrte zur Spüle zurück, um die kleineren Sachen abzuwaschen.
»Ich will diese Kerle erwischen, Wayde«, sagte ich in die Stille und dachte an Chris, die begeistert getanzt hatte, während Winona sich in Schmerzen wand und in ein Monster verwandelte. »Ich will, dass sie erfahren, dass sie Winona das nicht straflos antun konnten.« Ich packte das Buch fester, bis meine Finger fast verkrampften. Die Seiten begannen zu glühen. Reagierten sie vielleicht auf meine Wut, auch wenn ich im Moment nicht mit einer Linie verbunden war? Verdammt, hatte ich seltsames Zeug wie das hier vermisst. Alles war verbunden. Ich hatte vollkommen vergessen, wie sich das anfühlte.
»Du wirst sie kriegen«, sagte Wayde mit dem Rücken zu mir. »Da bin ich mir nicht so
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