Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)
Nina bedeutete ihm, nicht auf mich zu achten.
Mit zusammengebissenen Zähnen stampfte ich zu Nina. »Der Fall fällt in die Zuständigkeit des FIB«, sagte ich und deutete auf den Beamten, der im Museum verschwand. »Wir warten auf Glenn. Holen Sie Ihren Mann zurück! Und warum haben Sie Glenn nicht angerufen? Ich habe gerade erst aufgelegt, und er hatte keine Ahnung, wo wir uns befinden.« Wütend starrte ich sie an. »Glauben Sie, er wäre besser als Sie? Machen Sie sich Sorgen, dass sie einen Vorsprung brauchen, um nicht dumm dazustehen? Das sollten Sie auch. Das FIB ist besser, als Sie zugeben wollen.«
Nina griff nach meiner Hand. Schnell trat ich einen Schritt zurück, und Ernüchterung breitete sich in mir aus, als ich sah, wie ihr untoter Begleiter hinter den Augen der Frau erschien. Das erkannte ich nicht nur daran, dass ihre Pupillen sich plötzlich voll erweiterten, sondern auch an ihrer entspannten Haltung, die typisch war für einen Untoten – ein bisschen wie ein gesättigter Löwe. »Angst? Nichts in der Art«, sagte sie selbstbewusst. Sie wirkte immer noch sehr weiblich, aber gleichzeitig strahlte sie eine Mischung aus Kontrolle und Macht aus. Eine berauschende Kombination von männlich und weiblich, Ying und Yang. Sie musterte Wayde von oben bis unten und bemerkte sein T-Shirt und die Armeestiefel. Dann tat sie ihn einfach ab. »Meine Nachricht ist wahrscheinlich auf der Mailbox hängen geblieben. Wann hatten Sie die Zeit, sich dieses fantastische Tattoo stechen zu lassen, Rachel? Es steht Ihnen. Zieht es sich ganz um den Hals? Darf ich mal sehen?«
Blinzelnd trat ich noch einen Schritt zurück und zwang mich, die Hand zu senken. Den Hals zu bedecken machte einen für Vampire nur noch appetitlicher.
»Ihre Tätowierung?«, hakte Nina nach und zeigte lächelnd ihre kleinen, spitzen Zähne. Ich wich zurück, bis ich gegen Wayde stieß. Sicher, sie lächelte, aber ich wusste es bes ser. Der Vampir in ihr war wegen gestern immer noch sauer. Und dass meine Amulette funktionierten, wo die der I. S. versagt hatten, machte ihn wahrscheinlich auch nicht gerade glücklich.
»Gestern«, sagte ich, inzwischen richtig nervös. »Pfeifen Sie ihren Beamten zurück.«
Meine Stimme zitterte nicht im Geringsten. Hurra. Wo zur Hölle blieb Glenn?
»Mein Officer spricht lediglich mit dem Kurator«, erklärte Nina, und ich atmete erleichtert auf, als sie den Blick abwandte. »Man kann nicht mit zwei I. S.-Wagen vor einem Museum vorfahren, ohne eine Erklärung dafür anzubieten.« Sie musterte mich mit ausdrucksloser Miene, und plötzlich fühlte ich mich mit Jeans und Gartenschuhen schrecklich underdressed. »Wie sicher sind Sie, dass es hier ist?«, fragte sie mit einem Schnauben, während sie sich breitbeiniger hinstellte und eine Hand zu ihrer Hüfte glitt. Wahrscheinlich hatte der untote Vampir dort normalerweise sein Handy.
Ich schaute auf das Amulett an meinem Hals, das grün glühte. »Ziemlich sicher. Wenn Sie wollen, können wir mit dem Rest der Amulette eine Triangulierung machen, bevor wir mit rauchenden Colts da reinstürmen.«
Nina lachte, und ich beobachtete, wie Wayde einen Schauder unterdrückte, indem er von einem Fuß auf den anderen trat. »Wir gehen nicht mit ›rauchenden Colts‹ da rein«, meinte Nina. »Wenn sie sich an ihr übliches Vorgehen halten, sind die Täter schon lange verschwunden. Falls sie überhaupt hier waren.« Sie zog die Augenbrauen hoch. »Es sieht nicht gerade aus wie ein Ort, an dem man dämonische Verbrechen begehen will«, sagte sie mit sanfter Stimme. Sie blinzelte in den hellen, windigen Herbsttag und musterte das Gebäude.
»Na ja, das Aussehen kann täuschen«, antwortete ich. Je ver führerischer Nina wurde, desto weniger gefiel mir die Situation. Lebende Vampire betrachteten es als Ehre, die Untoten durch ihre Augen sehen und ihre Münder sprechen zu lassen. Und es war offensichtlich, dass Nina, die Angestellte der KFZ-Stelle, eine Menge Vorteile aus diesem Arrangement zog, aber ich hatte trotzdem Mitleid mit ihr. Sie würde in ein tiefes emotionales Loch fallen, wenn der tote Kerl sie wieder verließ und sie einfach wieder sie selbst sein musste. Und das war noch die beste Möglichkeit.
So unauffällig wie möglich beobachtete ich sie aus dem Augenwinkel und suchte nach etwas, irgendetwas, das zu der lebenden Nina gehörte. Aber es war als wäre sie vollkommen verschwunden, reduziert auf einen eleganten Hosenanzug und ein Paar Prada-Schuhe. Ivy hätte so
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