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Blutsbraeute

Blutsbraeute

Titel: Blutsbraeute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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verschwammen. Sie schenkte sich ein Glas Wein ein und bedauerte es, nicht mehr zu rauchen. Manchmal sehnte sie sich nach einem tiefen, beruhigenden Zug an einer Zigarette. Sie trank den Wein, schenkte sich noch einmal nach und schlief angezogen ein.

46
    Cathy King war nach oben gegangen, in das Zimmer ihrer Tochter. Sie schlief dort, seit Indias Leiche gefunden worden war. Sie hatte Portia über das Wochenende freigegeben. Brian würde lange wegbleiben. Sie war allein. Sie schob das Band, das sie mitgebracht hatte, in den Videorekorder ihrer toten Tochter und nahm die Fernbedienung mit ins Bett. Wenn sie das Gesicht tief genug im Kissen vergrub, hing da noch ein ganz schwacher Geruch nach Indias Körper. Unter der duftenden Sauberkeit späterer Jahre lag die Erinnerung an ein vom Spielen verschmutztes, von der Sonne erwärmtes Kind.
    Cathy legte den mageren, vernarbten Arm um das Kissen und zog es an ihre Brust. Sie schaute den Riegel an der Tür ihrer Tochter an und schämte sich ihrer
Schwäche. Cathy öffnete das Döschen mit den gesammelten Tabletten. Wenigstens das konnte sie tun. Sie schüttete die Tabletten in die rechte Hand. Sie sahen wie Bonbons aus. Sie kippte sie in den Mund und spülte die Bitterkeit mit Limonade weg.
    Unten klingelte das Telefon. Sie ignorierte es, während die Tabletten in ihrem Magen ankamen und ihr schlecht davon wurde. Sie schluckte die Übelkeit hinunter. Es würde höchstens eine Stunde dauern, bis sie frei war von dem Grauen und den Schuldgefühlen, die sie ertrug, seit sie Brian King geheiratet hatte. Cathy hatte den Pathologen angerufen, der Indias Autopsie gemacht hatte. Er hatte ihr versichert, alle verdächtigen Todesfälle kämen zu ihm, und alle würden am selben Ort aufbewahrt. Ihre Leiche würde also in einem Transporter in die Pathologie gebracht werden, wo India lag. India würde unter den dort alphabetisch geordneten Reihen von Leichen nicht mehr allein sein. Cathy würde dort sein und über sie wachen. Dieses Mal würde sie nicht versagen.
    Das Telefon hörte auf zu klingeln, und ihr Handy schrillte. Cathy King wartete, bis es verstummte, und drückte dann auf die Abspieltaste. Sie hörte keine von Clares dringlichen Nachrichten ab. Sie lehnte sich im Bett ihrer Tochter zurück und sah sich den Film an, in dem sie die Hauptrolle spielte und ihr Mann bei ihrer Gruppenvergewaltigung Regie führte. Hier in ihrem Zuhause. Sie erkannte Kelvin Landman, als sie ihm dabei zusah, wie er ihre Bluse zerfetzte. Er war vorher einmal zum Abendessen bei ihnen gewesen. Sie hatte, fiel ihr ein, an jenem Abend eine perfekte Lammkeule serviert.
Sie schaute ihm dabei zu, wie er sie, seine ehemalige Gastgeberin, brutal vergewaltigte. Sie blieb beim Zusehen seltsam unbeteiligt; das alles ging sie nichts mehr an.
    Kurz vor dem Ende des Bandes drückte sie auf Stopp. Jetzt wusste sie ganz genau, wer ihre Tochter ermordet hatte. Sie kannte auch den Namen des Mörders. Cathy griff nach ihrem Handy, aber die Barbiturate hatten ihren Körper schon fest im Griff. Sie glitt unaufhaltsam in den Tod hinüber. Das Handy fiel nutzlos zu Boden.

47
    Clare wachte ausgekühlt auf. Sie hatte Kopfschmerzen vom Wein, und ihre Decke war vom Bett gerutscht. Sie stand auf, mit dem bitteren Geschmack eines Albtraums im Mund. Sie zog die verschwitzten Sachen aus und duschte. Sie schlüpfte in den dicken Hausmantel für den Winter und wickelte sich ein Handtuch um das nasse Haar. Fritzi piesackte sie, bis sie ihr das Futter hinstellte. Vom Fischgeruch auf nüchternen Magen bekam sie einen unangenehmen Würgereiz. Clare setzte sich wieder an den Küchentisch und sah sich an, was von den drei jungen Mädchen übrig geblieben war: Fotos, DNS-Tests, kriminaltechnische Berichte, Gesprächsprotokolle. Theresa Angelos Akte war dünner, enthielt bis jetzt nur eine Vermisstenmeldung und die Aussage von Sam Napoli. Clare betete, es möge so bleiben.
    Clare streckte sich. Ihr Körper war steif vom wenigen
Schlaf. Sie sammelte die Notizen, Mitschriften, Fotos und Dokumente ein – Charnay, Amore, India – und trug sie behutsam in ihr Arbeitszimmer. Dort waren die Wände leer. Sie nahm eine Rolle Klebeband aus der Schreibtischschublade und griff nach dem Umschlag mit den Tarot-Karten.
    Â»Ich versuch’s mit deiner Methode, Constance«, murmelte sie vor sich hin. Sie klebte die erste Karte, die Päpstin, an

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