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Blutsbrüder: Ein Berliner Cliquenroman (German Edition)

Blutsbrüder: Ein Berliner Cliquenroman (German Edition)

Titel: Blutsbrüder: Ein Berliner Cliquenroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Haffner
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ist alles vorbereitet, um über den Gauner zu Gericht zu sitzen. Ulli, der Bulle, ist mit einigen seiner Jungens anwesend. EinPosten wird ausgestellt, um vor Überraschungen sicher zu sein. Ulli, der Unbeteiligte, fungiert als Richter, Jonny ist der Staatsanwalt, Ludwig der Belastungszeuge. Der Angeklagte sitzt auf derselben Apfelsinenkiste, die vor einiger Zeit, anläßlich Ullis Geburtstag, mit Schnapsflaschen bestellt war. Als Anwalt wird Heinz bestellt. Der Angeklagte gibt an, Herrmann Plettner zu heißen. Wovon er lebe, fragt Richter Ulli. „Geht euch nischt an.“ „In Fürsorge gewesen?“ „Laßt mich in Ruh mit eurem Quatsch!“ Ludwig schildert jetzt den Hergang. Wie der Herrmann ihn vor Aschinger ansprach, ihm den Gepäckschein und eine Mark gab und wie er, Ludwig, verhaftet wurde. Der Angeklagte hat das Wort. „Hab nich gewußt, daß der Schein geklaut war. Hab ihn gefunden.“
    Staatsanwalt Jonny spricht: „Ein ganz gemeiner Fetzen …, hätte sagen sollen, daß er den Schein geklaut hat und mit Ludwig teilen wolle. Dann wäre das eine saubere Sache gewesen. Aber so: ein Gauner, der zu feige ist, selbst die Kastanien aus dem Feuer zu holen und lieber einen Unschuldigen für eine lumpige Mark vorschickt unter der Vorspiegelung, der Schein sei sein rechtliches Eigentum. Ein Strolch, der keine Milde verdient. Strafe: fünfundzwanzig Schläge mit der Hundepeitsche auf das nackte Gesäß. Nimmt der Angeklagte die Strafe nicht an, sofortige Auslieferung an die Polizei …“ Herrmann Plettner war aufgesprungen, als er den Strafantrag hörte. Anwalt Heinz kann nur auf die schwache Möglichkeit hinweisen, daß der Herrmann den Schein vielleicht doch nur gefunden hat. „Ob geklaut oder gefunden, bleibt eineWichse. Jedenfalls hat der Dreckstiebel geschwindelt und wohl gewußt, daß Ludwig bei der Sache hochgehen kann!“ fährt Jonny dazwischen.
    Richter Ulli geht nach draußen um zu beraten. Als er wieder in die Laube kommt, heult der Angeklagte bereits. Urteil: Auslieferung an die Polizei oder fünfundzwanzig Schläge mit der Hundepeitsche. Nach jeweils zehn Schlägen hat eine Erholungspause von zehn Minuten einzutreten. Die Strafe ist sofort zu vollstrecken. Herrmann Plettner liegt zusammengekauert in einem Winkel und heult und winselt. „Also was ist? Polizei oder Senge?“ fragt ohne Rührung Jonny. Der Verurteilte rutscht auf Knien zu Jonny, zu Ludwig, wen er gerade erreicht: „Bitte, bitte, laßt mich doch laufen … ich geb euch … hier, meine Uhr und mein Geld … über zwanzig Mark … laßt mich doch laufen!“ „Polizei oder Senge? Mal ’n bisken dalli!“ Heulen, Betteln, Winseln, aber keine Antwort. „Also Polizei. Ludwig komm mit“, entscheidet Jonny. „Nein, nein … schlagt mich.“ Also lieber Senge.
    Die Apfelsinenkiste wird in die Mitte der Laube geschoben. Wer ist der Henker? Ludwig, du? Ludwig lehnt schnell ab. Fred meldet sich freiwillig, zieht Mantel und Jackett aus und hat auch schon die lederne Hundepeitsche zur Hand. „Hose ausziehen, Plettner!“ Der Verurteilte muß sich über die Kiste legen. Zwei Jungens halten die Beine fest, zwei drücken den Kopf in die ausgezogene, zusammengeknüllte Hose, um die Schmerzensschreie zu ersticken. Der erste Schlag zischt auf das nackte Fleisch. Der Körper bäumt sichauf und die vier Gehilfen müssen mit aller Kraft festhalten. Nur leise gurgelt das Schreien aus dem Tuchbündel. Schlag auf Schlag saust. Jonny zählt kalt und unbarmherzig. Ludwig hat sich abgewendet. Die ersten zehn Schläge.
    Zehn Minuten Pause. Plettner liegt neben der Kiste. Die Striemen auf dem Gesäß schwellen blutrot an. „Bitte, bitte … nich mehr …“, geht das Winseln wieder an. „Weiter“, befiehlt Jonny. Die nächsten Schläge zerschneiden die prall geschwollene Haut über den Striemen. Blut spritzt auf, fließt auf die Oberschenkel. Grausam, nicht im mindesten nachlassend in der Wucht der Schläge, beendet Fred die zweiten zehn Schläge. Das Gesäß ist blutüberströmt. Plettner, freigelassen, liegt regungslos über der Kiste. „Wasser“, fordert Jonny. Ein halber Eimer wird ausgeschüttet über Plettners Kopf und das Blut abgewaschen. „Jonny, mach Schluß“, bittet Ludwig. Ulli soll entscheiden, ob Plettner die restlichen fünf Schläge noch bekommen soll. „Laß ihn laufen.“
    Mit dem Laufen ist es vorläufig nichts. Plettner, auf die Beine gestellt, sackt sofort wieder zusammen. Einer soll Schnaps besorgen. Nasse Taschentücher werden auf

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