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Blutsbrüder

Blutsbrüder

Titel: Blutsbrüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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auf die Straße.
    Während Darius ihm gleichmütig folgt, meint er den süßen Duft des Haschischs in der Durchfahrt zu riechen.
    Nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinanderher gelaufen sind, erkundigt sich Hakan beiläufig nach Jan-Niklas.
    »Geht früher nach England«, sagt Darius abgelenkt. »Hab ich irgendwie gehört. Reist jedenfalls während der nächsten Tage ab.«
    »Nicht schade«, erwidert Hakan. »Bleiben wohl nur noch Alina und ich.«
    Und jetzt, jetzt erst entgegnet Darius, was er längst hätte sagen wollen, bleibt stehen, hält Hakan fest und sieht ihn an. »Warte mal, ich will noch etwas sagen.«
    »Ah ja?«
    Hakan dehnt die Silben, als müsse er Darius’ Worte schon vorab in Zweifel ziehen.
    »Ja.« Darius hält dem kalten und spöttischen Blick von Hakan stand, auch wenn es ihn Mühe kostet. »In letzter Zeit übertreibst du die Dinge. Setzt immer noch einen drau f – warum? Und genauso verhält es sich mit diese r … mit deine r … seltsamen Kampagne .«
    Obwohl er von dem, was er sagt, überzeugt ist, fühlt sich Darius, kaum dass er die Worte ausspricht, wie ein Verräter.
    »Hm.« Hakan kratzt sich am Kinn. » So siehst du die Sache also. Das ist traurig.«
    Er will sich schon wegdrehen und gehen, bleibt aber doch noch einmal stehen und sieht Darius, der nichts mehr zu erwidern weiß, lange und eingehend an.
    »Wenn die andern so etwas sagen, akzeptiere ich das nicht, aber ich verstehe, dass sie vieles einfach nicht besser wissen, nicht besser wissen können. Sie sind anders aufgewachsen: in anderen Städten, in besseren Vierteln, vieles ist ihnen deshalb unbekannt. Sie leben in einer anderen Welt. Aber du und ich, wir wissen das, weil wir eine Wirklichkeit kennen, die ihnen verschlossen war und ist. Wir kennen die Arschlöcher in unserem Viertel seit der Grundschule.«
    Er betrachtet Darius, als gäbe es an dem Freund etwas zu entdecken, das ihm bisher verborgen geblieben ist.
    Darius kommt es vor, als zögere er, doch dann geht ein Ruck durch Hakan und er spricht aus, was ihm auf der Zunge lieg t – oder auf dem Herzen.
    »Deshalb, deshalb dachte ich, du wüsstest, was ich meine. Du würdest mich verstehen, dachte ich. Hab mich in dir geirrt. Und das ist schade.«
    Bitter klingen die Worte und brüsk kehrt er Darius den Rücken und biegt, ohne sich zu verabschieden, um die nächste Ecke.
    Noch als er längst verschwunden ist, starrt Darius ihm nach. Wie vor den Kopf gestoßen durch die harsche Reaktion des Freundes, hat er Hakan ohne ein weiteres Wort ziehen lassen. Erst als er sich gesammelt hat, kann Darius einen Schritt und dann einen zweiten und einen dritten machen.
    Tief in Gedanken läuft er durch die Straßen, in denen sich die Hitze zwischen den Häusern staut.
    ***
    Als Darius ungefähr eine Stunde späte r – sein Vater ist oben in der Wohnung vorm Fernseher eingeschlafe n – mit einem Ruck die Haustür öffnet und auf die Straße tritt, ist die Luft lau und fühlt sich an wie leichtes, nachgiebiges Tuch.
    Um ruhiger zu werden, um zu überlegen, was er als Nächstes unternehmen will und ob er noch einmal mit Hakan reden sollte, beschließt Darius zu joggen.
    Noch immer fühlt er sich wie betäubt, wie nach einem Schlag ins Gesicht, spürt einen Schmerz und eine Trauer wie nach einer endgültigen Trennung und immer wieder denkt er: Das kann nicht sein! Es kann nicht sein, dass Hakan einfach alles wegwirft, für nichts erklärt, was wir in den Jahren gemeinsam erlebt haben. Und obwohl er nicht glauben will, was ihm gerade widerfahren ist, ahnt er, dass es sich genau so verhält.
    Der Weg führt am Friedhof entlang bis zum Park, in der beginnenden Dämmerung an der klobigen katholischen Kirche und am Flughafen vorbei bis zu dem Viertel, in dem sie auf die arabischen Jungen und die Frau mit dem Hund gestoßen sind. Erst sieht Darius nur einen Schemen, den Umriss einer Gestalt in einem Tordurchgang, dann bemerkt er das blonde Haar, und als der Schatten sich bewegt, erkennt er Alina.
    Er läuft über die Straße und ruft ihren Namen.
    Später wird Darius überlegen, ob er sich vielleicht bei Hakan für dessen schroffe Zurückweisung habe revanchieren wollen. Aber dieser Gedanke wird Darius erst nach einer Weile kommen. Jetzt quert er, ohne zu zögern, die Fahrbahn, schlängelt sich zwischen den parkenden Autos hindurch und begrüßt Alina.
    »Hallo.«
    Darius ist froh, noch nicht richtig losgelaufen und entsprechend verschwitzt zu sein. Ein wenig verlegen sagt er: »Ich bin,

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