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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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Romanowski hatte ihn gewiss absichtlich an diesen Ort geführt.
    Munkers Blick ruhte auf Joe. Ansonsten regte sich der FBI-Mann nicht. Erst als Joe schon bei ihm war, bemerkte er den Blutgeruch und den Dampf, der aus dem Schritt von Munkers weißem Tarnanzug stieg. Ein spitzer Ast hatte seinen Schenkel an der Leistengegend verletzt.
    »Sie sind nicht abgebogen, was?«, fragte Joe matt und zielte mit seiner Flinte auf Munkers Stirn. Beide hörten das dumpfe Klicken, als Joe die Waffe entsicherte.

    Munker wollte etwas sagen, überlegte es sich aber anders. Sein stechender Blick glitt von der Mündung des Laufs zu Joes Gesicht. Joe bemerkte, dass dem FBI-Mann ein kleiner Klumpen Schnee im Nasenloch steckte.
    »Sie haben meine Tochter ermordet«, sagte er. »Keiner im Lager hätte sterben müssen.«
    »Sie war doch nicht mal Ihre Tochter«, murmelte Munker schwach. In seinem Blick lag Verachtung.
    Joe verzog das Gesicht. Dieser Mann wollte sterben.
    »Joe, tun Sie das nicht.«
    Das war Nate. Er musste seinen Schlitten zwischen den Bäumen gesehen und sich zu Fuß durch den Schnee gekämpft haben, um nach Munker zu schauen. Joe hatte ihn nicht gehört.
    »Warum nicht, Nate?«, fragte er seltsam heiter und vergewisserte sich, dass Munker sich nicht rührte und ihm die Flinte aus der Hand zu schlagen versuchte. Doch alles, was sich bewegte, waren Munkers scharfe Augen.
    Nate hielt an, um zu Atem zu kommen.
    »Weil Sie kein Abschaum sind wie Munker – Sie bringen niemanden kaltblütig um.«
    »Diesmal schon«, sagte Joe. Seine Kopfschmerzen schienen ihm fast den Schädel zu sprengen.
    »Sie sind ein anständiger Kerl, Joe – Sie machen so was nicht.«
    Joe blickte auf. »Ich bin es leid, Nate. Ich habe gerade meine Tochter verloren.«
    Nate nickte. »Wenn Sie den Kerl erschießen, wer kümmert sich dann um Marybeth? Was wird aus Sheridan? Und aus Lucy? Sie heißt doch Lucy, oder?«
    »Ja.« Joe fand Nate entsetzlich unfair.
    »Wer kümmert sich um sie? Sie brauchen ihren Dad.«
    »Verdammt, Nate …«

    Romanowski lächelte ein wenig.
    »Außerdem hat Munker sich vermutlich eine Schlagader verletzt und schon ein paar Liter Blut verloren. Ich schätze, er wird eines stillen, natürlichen Todes sterben, während Sie den heroischen Versuch unternehmen, ihn zu retten.«
    Joe wusste, dass Nate Recht hatte. Munkers Augen loderten, doch sein Gesicht war aschfahl. Seine Lippen waren schon blau. Der Schnee in seinem Nasenloch war nicht geschmolzen.
    Joe fluchte bitter und setzte seine Flinte ab.
    »Können Sie mir helfen, ihn zu heben?«, bat er Nate.

    Als Joe mit dem vor ihm auf dem Sitz zusammengesunkenen Munker aus der Windbruchzone fuhr, dachte er noch einmal über Nates Idee nach. Nach Joes Meinung war das Leben des FBI-Manns keinen Pfifferling mehr wert. Soweit er wusste, hatte dieser Kerl die Welt nie auch nur um ein Jota bereichert. Dennoch gab er Gas und hielt an der unwirklichen Hoffnung fest, ihn lebend zurück zur Schützenlinie bringen. Niemand würde ihm einen Vorwurf machen, wenn Munker beim Transport starb, doch Joe hatte das Gefühl, alles daransetzen zu müssen, ihn zu retten. Er durfte nicht absichtlich trödeln, während Munker litt. Das wäre ihm gegen den Strich gegangen – so sehr er ihn auch verabscheute. Joe wusste, dass es keinen Sinn ergab, doch er hätte Munker lieber mit der Schrotflinte erschossen, als seinen Tod durch einen halbherzigen Transport herbeizuführen.
    Doch Dick Munker starb, ehe Joe auch nur die Lichtung erreicht hatte, die sie auf dem Hinweg nacheinander durchquert hatten. Plötzlich wurde der FBI-Mann steif, dann ganz schlaff und schwer und wäre fast vom Schlitten gefallen. Joe
bremste, band den Leichnam mit den Gummiseilen fest und fuhr weiter.

    Joe Pickett lehnte an seinem Schlitten und schaute zu, wie die Hilfssheriffs Munker auf die Ladefläche der einzigen noch funktionierenden Raupe betteten. Hinterm Zaun lag das Lager verlassen da. Joe beobachtete, wie einige Männer vom Angriffsteam die leeren Wohnwagen und Wohnmobile absuchten. Nates Einmischung und das Chaos danach hatte den Souveränen die Möglichkeit gegeben, einen offenbar gut einstudierten Fluchtplan ins Werk zu setzen. Sie waren verschwunden und hatten ihre Habseligkeiten und Fahrzeuge dagelassen. Da Nate fast alle Gefährte der Ordnungskräfte unbenutzbar gemacht hatte, hatte man sie nicht verfolgen können. Nur ihre Behausungen waren geblieben, Dutzende von in den Wald führende Schlittenspuren und die rauchenden

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