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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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Blick zu. »Haben Sie dafür nur die leiseste Spur eines Beweises? Das klingt, als hätten Sie sich das eben zurechtgelegt.«
    »Und was ist mit Ihrem kleinen Mädchen?«, fragte Munker. »Hat nicht eine von denen sie mitgenommen?«

    Joe schwieg. Er konnte nicht fassen, dass Munker April in die Debatte geworfen hatte. Die Wunde war zu frisch.
    »Wenn Sie uns in dieser Sache unterstützen, bekommen Sie sie vielleicht früher zurück.«
    »Wie bitte?«
    Munker wollte schon fortfahren, beherrschte sich dann aber und lächelte ironisch. »Wenigstens wissen wir dann, auf wessen Seite Sie stehen.«
    Joe unterdrückte den Impuls, ihm die Faust ins Gesicht zu schlagen. Stattdessen setzte er seinen Hut auf und ging.

    Joe saß in seinem Pick-up und wartete, dass sich der Wagen erwärmte, als Elle Broxton-Howard im Lichtkegel seiner Scheinwerfer auftauchte und an seine Beifahrertür trat. Sie pochte ans Fenster, und Joe bedeutete ihr, sich ins Auto zu setzen. Sie kletterte ins Führerhaus und schloss die Tür.
    »Die Heizung ist noch nicht ganz warm«, entschuldigte er sich. »Sie braucht immer eine gewisse Anlaufzeit.«
    »In dieser Gegend ist es wirklich wahnsinnig kalt«, sagte sie fröstelnd. Sie war in ihre dunkle Wolljacke gemummelt. »Ich weiß wirklich nicht, wie ihr das hier aushaltet.«
    »Das frage ich mich manchmal auch«, erwiderte Joe um des Gesprächs willen.
    »Melinda war fantastisch da drin, oder?«, fragte Broxton-Howard ehrfürchtig.
    Joe ächzte, was weder ein Ja noch ein Nein war. Er war noch immer wütend über seine Begegnung mit Munker.
    Als es im Führerhaus warm wurde, roch Joe ihr Parfüm. Das ferne Licht der Peitschenlampe beleuchtete ihr Profil vor dem Hintergrund der Scheibe. Sie war sehr schön.
    Plötzlich beugte Elle sich über die Sitzbank zu ihm. »Ich
glaube langsam, dass Sie der Schlüssel zu meiner Geschichte sind.«
    »Was?«, fragte Joe verwirrt. »Sie schreiben doch über Melinda Strickland.«
    »Na ja … in meiner Reportage geht es schon um sie, aber Sie scheinen mir eine Zentralgestalt des Ganzen zu sein.« Bei diesen Worten schaute sie ihm tief in die Augen. Ihre Pupillen glitzerten, und ihre Lippen waren ein wenig geöffnet. Ihr Parfüm schien nun noch intensiver zu duften. All das beunruhigte ihn und erregte ihn gleichzeitig.
    »Sie sollen drei Menschen niedergeschossen haben – vor drei Jahren sollen Sie zwei Männer verwundet und letztes Jahr einen in einem Canyon namens Savage Run getötet haben. «
    Joe brach den Blickkontakt ab und starrte durch die Frontscheibe.
    »Wer hat Ihnen das erzählt?«
    »Oh … Leute in der Stadt.«
    Er spürte, wie seine Kehle sich zuschnürte, und versuchte, sich wieder zu entspannen.
    »Wir müssen miteinander reden … bald«, sagte sie. »Wie wäre es mit einem Abendessen?«
    Sie lächelte. Ihre Zähne waren weiß und makellos.
    »Gern«, sagte Joe und legte eine kurze Pause ein. »Bei mir daheim. Mit meiner Frau Marybeth und den Kindern.«
    Das Leuchten in ihren Augen verschwand, und ihr Lächeln verlor an Strahlkraft. Sie taxierte ihn kühl.
    »Ich denke, das lässt sich einrichten«, erwiderte sie geschäftsmäßig. »Obwohl mir eigentlich etwas anderes vorschwebte, mehr …« Ihr Satz verlor sich im Ungefähren. Er forderte sie nicht auf, ihn zu beenden.
    »Ich rufe Sie an«, sagte sie und öffnete die Wagentür. »Ihre
Nummer steht in dem niedlichen kleinen, kaum fingerdicken Telefonbuch von Saddlestring, nehme ich an?«
    »Ja.«
    »Haben Sie auch ein Fax?«, fragte sie unvermittelt, als sie mit einem Bein schon auf dem Parkplatz stand.
    Er gab ihr die Nummer.
    »Ich schicke Ihnen die Liste der Lebensmittel, die ich nicht vertrage«, sagte sie und war verschwunden.

    Auf dem Heimweg versuchte Joe, die Ereignisse des Abends einzuordnen. Es gelang ihm nicht. Alles, was er voraussah, war eine unvermeidliche Tragödie. Dick Munker beunruhigte ihn. Dieser Mann fühlte sich ständig angegriffen und verströmte dabei selbstgefälligen Fanatismus, und Melinda Strickland ließ sich von ihm beraten. Entgegen seiner Bekundung wirkte Munker überhaupt nicht wie jemand, der eine Situation entschärfen konnte, sondern eher wie einer, der den Funken ins Pulverfass warf. Munker und Portenson schienen die Souveränen, die Bewohner des Twelve Sleep County und Joe selbst zu verachten. Offenbar genossen sie es, dass sie sich so gut mit Waffen auskannten und endlich grünes Licht bekommen hatten, um zu tun, was sie für richtig hielten. Joe traute Munker

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