Blutschnee
schaltete sich Strickland ein, »aber unsere Behörde verwaltet diese Gebiete im Auftrag der Öffentlichkeit. Wir sind keine Diktatoren, wissen Sie.« Sie sah Zustimmung heischend zur Rückwand der Cafeteria. Die beiden Männer neben Robey Hersig nickten bestätigend.
»Möglich«, gestand Herman Klein ihr lächelnd zu, »doch wenn Sie sagen, Sie verwalten die Dinge im Auftrag der Öffentlichkeit, sagen Sie eigentlich, dass die, die hier wohnen und in diesem Raum versammelt sind, nicht die Öffentlichkeit sind, weil Sie unter Garantie nie auch nur zu einer Frage unsere Meinung eingeholt haben.«
»Dazu ist ja wohl diese Versammlung da!«, konterte Melinda Strickland aufgebracht.
»Wenn das so ist«, wunderte sich Klein, »warum wollten Sie mich dann abwürgen, als ich aufgestanden bin?«
»Weil es Regeln geben muss«, sagte Strickland mit gerötetem Gesicht. »Wir dürfen uns nicht der Herrschaft des Mobs unterwerfen.«
Herman Klein tat überrascht. Langsam schaute er sich in der Cafeteria um. »Ich habe nicht den Eindruck, dass hier ein Mob versammelt ist«, erwiderte er. »Ich denke eher, hier handelt es sich um besorgte Einheimische, die an einem bitterkalten Abend gekommen sind, um an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen.«
»Blattschuss«, wisperte Hersig. »Glatter Blattschuss.«
Joe nickte.
»Das«, erwiderte Strickland und wies mit stets lauter werdender Stimme auf Herman Klein, »genau das ist ein Beispiel für das Problem. Aus dieser hasserfüllten Haltung heraus wurde der Bezirksleiter der Forstverwaltung ermordet und ein Mitarbeiter des Landverwaltungsamts verletzt.«
»Meinen Sie mich?«, fragte Klein ehrlich gekränkt. »Was, zum Teufel, hab ich denn getan?«
»Nichts, soweit ich weiß«, gab Strickland zurück. »Aber diese Art von regierungsfeindlicher Attitüde ist der Nährboden solcher Gewalttaten! Sie garantiert beinahe, dass es zu derartigen Übergriffen kommt!«
Hersig und Joe warfen sich einen Blick zu. Die Atmosphäre schien wie ausgewechselt. Melinda Strickland hatte die Versammlung im Handumdrehen dazu gebracht, sich zu schämen.
»Wie wollen Sie gegen die Souveränen vorgehen?«, fragte jemand.
Melinda Strickland ergriff sofort die Gelegenheit, ein anderes Thema anzusprechen und endgültig Oberwasser zu bekommen.
»Es existiert schon ein Plan, um diese Gesetzesbrecher zur Räumung des Zeltplatzes zu zwingen«, erwiderte sie. »Ich darf nicht sagen, welche Schritte unternommen werden, kann Ihnen aber versichern, dass unser wohldurchdachter Plan zu den erwünschten Ergebnissen führen wird.«
Nicht wenige Zuhörer klatschten beifällig, und Herman Klein setzte sich in aller Stille wieder auf seinen Platz.
»Erstaunlich«, konstatierte Hersig, nahm seine Jacke und ging.
Während die Besucher die Cafeteria nacheinander verließen, kam Strickland auf Joe zugesegelt, als könnte sie es gar nicht erwarten, ihm die Hand zu schütteln. Die zwei Männer an der Rückwand gesellten sich zu ihnen. Strickland stellte sie Joe als Dick Munker und Tony Portenson vom FBI vor.
»Das ist Joe Pickett«, fuhr sie fort. »Er ist der Jagdaufseher, von dem ich Ihnen erzählt habe.«
Der grauhaarige, hagere Mann mit der tiefen Stimme war Dick Munker. Er reichte Joe seine Visitenkarte.
»FBI-Manager in der behördenübergreifenden Einheit für Sonderaufgaben«, las Joe vor. »Was bedeutet das?«
»Wir entschärfen brisante Situationen«, gab Munker zurück. Nur sein Mund lächelte, während er Joe aus schmalen Augen musterte. »Wir sind hier, weil wir angefordert wurden. «
»Dann waren Sie es, die meine Tochter beleidigt haben. Sie hat Ihnen den Weg zur Forstverwaltung beschrieben.«
Munker sah rasch weg, Portenson dagegen erwiderte Joes Blick, wirkte aber besorgt. Joe hatte den Eindruck, er wollte nicht, dass es zum Streit mit Munker kam.
Melinda Strickland tat, als hätte der Wortwechsel nicht stattgefunden. »Die beiden kennen einige Souveräne recht gut«, sagte sie. »Deshalb hab ich sie geholt. Wir wollen ein zweites Ruby Ridge oder Waco vermeiden.«
Joe nickte.
»Genau«, schaltete sich Munker ein und sprach eine Oktave
tiefer weiter, damit keiner, der beim Verlassen der Cafeteria an ihnen vorbeikam, etwas mitbekam. »Wenn sich die Einheimischen und die überregionalen Medien erst mal in angespannter Pattsituation gegenüberstehen, laufen die Dinge leicht aus dem Ruder. Wir sind hier, um das zu verhindern.«
»Ich dachte, das FBI sei in Ruby Ridge aus dem Ruder
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