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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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Vater verlassen und ihm alles abgenommen, was er hatte. Der Scheidungsklage nach sollte sie alles bekommen, das Haus, das Geld, alles sollte ihr gehören, nur ich nicht. Witzig, nicht wahr?« Naomi schlug mit beiden Fäusten auf die Bodenfliesen. Wasser stob in zwei kleinen Fontänen auf; das Licht fing sich glitzernd in den Tropfen. »Ein verfluchter, beschissener Witz, dass sie am Ende genau das bekommen hat, was sie immer gewollt hat. Mehr Geld, mehr Häuser, und auf mich hat sie nicht einen Gedanken verschwenden müssen.«
    Phin schloss die Augen. Aber das half nicht. Er sah Naomi immer noch in ihrer Ecke sitzen, zusammengekauert, so klatschnasswie eine ertränkte Katze, die Knie an die Brust gezogen. Schmerz glitzerte in ihren Augen wie die Klinge eines scharfen Messers.
    Nie war er so überfordert gewesen.
    Nie so voller Liebe für eine Frau.
    »Tja«, sagte Naomi. Sie war jetzt die Ruhe selbst. Kühl wie der Wind im Spätherbst. »Ja, ich bin Missionarin. Ich töte Menschen, Phin, das ist mein Job. Ich habe dich vom ersten Augenblick an belogen, weil ich hier bin, um jemanden zu töten, der darauf aus ist, andere Menschen zu töten. Ergibt das einen Sinn für dich?« Ihr Lachen klang eisig und zerriss Phin das Herz. »Für mich ergibt das jede Menge Sinn. Aber eigentlich ist es egal. Ich töte Menschen. Ich bin hier, um einen Mann zu töten. Das ist, was ich tue, das ist, was ich bin   …«
    »Du bist Naomi Ishi…«
    »Nenn mich nicht so!«
    Phin schwieg, saß einfach nur da. Die unbändige Wut, die Seelenqualen, die Naomi vor seinen Augen durchlitten hatte, nagelten ihn auf dem Boden fest. Naomi hingegen stemmte sich hoch auf die Füße, schwankte. Er wollte aufspringen, ihr helfen. Bei allen Heiligen, ihr nah sein, sie halten!
    Aber sie suchte an den Wänden Halt. Kam hoch auf die Füße und stand, ganz ohne Phin Clarkes Hilfe. »Mein Name ist West.« Der Name kam über harte, verkniffene Lippen wie ein Peitschenknall. »Naomi West. Ich arbeite für die Mission. Ich töte Menschen. Gott verdammt, Phin!«, fluchte sie frustriert. Sie wischte sich das Wasser aus dem Gesicht, das fortwährend darüber lief. Weiter und weiter, solange die Dusche laufen würde. »Dringt irgendwas davon zu dir durch? Ich töte Menschen . Und es kümmert mich einen Scheißdreck, wen.«
    Phin kam auf die Knie, dann auf die Füße. Er machte einen raschen Schritt zu ihr hin und nahm sie bei den Händen, zog sie an seine Brust. Sie wehrte sich kurz, gab aber schnell auf. Phin nahm ihr Gesicht in beide Hände, suchte ihren Blick und zwangsich ruhig zu bleiben, um Himmels willen, nur das: ruhig zu bleiben. Nicht nach dem Köder zu schnappen, den sie ausgeworfen hatte. Nicht an Blut zu denken, obwohl es von ihren verletzten Fingerknöcheln lief und sich seinen Weg als rötlich-braune Spur zum Abfluss suchte.
    Er durfte ihr nicht geben, was sie verzweifelt glaubte zu verdienen.
    »Dein Name ist Naomi West«, wiederholte er sanft. Er nutzte die Chance, legte ihr den Kopf in den Nacken und streichelte ihren Mund mit seinen Lippen mit all seiner Zärtlichkeit. »Du bist Missionarin.« Seine Unterlippe liebkoste ihre. Naomi erschauerte. »Dein Beruf ist es, Menschen zu töten. Das habe ich verstanden, ja.«
    »Ich   …«
    »Aber ich weigere mich zu glauben«, unterbrach er sie, ohne den Tonfall zu ändern; seine Stimme war so beruhigend und sanft wie zuvor, »dass es dich nicht kümmert. Ich kenne dich. Selbst in dieser kurzen Zeit habe ich dich besser kennengelernt, als du glaubst. Es kümmert dich. Es kümmert dich und frisst dich bei lebendigem Leib auf.«
    Ihr Blick verdüsterte sich.
    »Aber du bist nicht allein, Naomi.« Phin drückte ihr je einen Kuss auf Kinn und Wangen. Ihre Haut schmeckte salzig vor Tränen und immer noch ein wenig nach Chlor. »Du bist nicht allein, weil ich bei dir bin. Ich liebe dich.«
    Sie holte Luft. Es war ein abgehackter, scharfer Laut.
    »Ich werde dich nicht verlassen.« Seine Lippen kehrten zu ihrem Mund zurück, und er küsste sie. Ebenso zärtlich wie fordernd schob er ihr seine Zunge in den Mund. Alles, was er zu geben hatte, Liebe, Begierde, Trost, legte er in diesen einen Kuss.
    Alles, um ihr zu zeigen, was er nicht mit Worten ausdrücken konnte.
    Ihr Herzschlag geriet ins Stolpern. Phin konnte ihren schnellen Puls unter den Fingern spüren, die auf Naomis Hals lagen. Ihr Herzschlag war das Echo seines eigenen, und in seinen Ohren rauschte es.
    Naomis Hände strichen über seine Wangen, fuhren

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