Blutschuld
absolvierte.
Phin öffnete den digitalen Bildschirm seines Coms und gab eine schnelle Folge von Befehlen ein. Innerhalb von Sekunden füllten Naomi Ishikawas gebuchte Termine für ihren Aufenthalt im Zeitlos das Display. Phins Grinsen wurde noch breiter.
Sie hatte doch tatsächlich einen Termin bei Joel sausen lassen, um dieses in die Knochen gehende Training durchzuziehen.
Entweder hatte die Dame eine Vorliebe für Schmerz und harte Sachen, oder sie war …
… auf etwas anderes aus.
Auf Sabotage vielleicht? Der Gedanke wischte Phin das Grinsen vom Gesicht. Entschlossen klappte er das Com zu. Unmöglich. Naomi Ishikawa war bei ihm gewesen, als sie die ersten Schreie hörten.
Aber vorher? Sie hatte gesagt, sie wolle sich im Zeitlos umsehen.
Phin schüttelte den Kopf. Paranoia war überhaupt nicht seins. Mit einer Überprüfung der internen Sicherheitsaufzeichnungen wäre es zudem leicht, herauszufinden, wo Miss Ishikawa sich herumgetrieben hatte. Die Aufzeichnungen, wo sie gewesen war und alle anderen Gäste. Wenn alle überprüfbare Alibis für den entsprechenden Zeitraum hätten, würde Phin sich unter dem Personal nach dem oder den Schuldigen umsehen müssen.
Wie ein Donnerschlag hallte ein weiterer Tritt gegen den Sandsack durch die Trainingshalle, gedämpft von den dicken Glasscheiben. Naomi Ishikawa tänzelte zurück, schüttelte die Anspannung aus dem rot angelaufenen, getapeten Fuß und verlagerte mit einer fließenden Bewegung ihr Gewicht.
Faszinierend.
Phin klippte das Com zurück an den Gürtel und machte sich daran, hinter die Glaswände des Kubus zu gelangen. Miss Ishikawa war derart beschäftigt damit, den unschuldigen Sandsackumzubringen, dass sie nicht bemerkte, wie Phin sich ihr näherte. Sie überhörte sogar das höfliche, leise Hüsteln, mit dem er ihr seine Anwesenheit signalisierte.
Naomi Ishikawas Schultern bewegten sich; die Bewegungen waren flüssig, kontrolliert. Ihre Fäuste schossen vor, verpassten dem Sandsack eine rasche Folge wohl platzierter, harter Schläge. Gedankenschnell duckte sie sich unter den Kontern eines imaginären Angreifers weg. Die Bewegungen ihrer Hüfte waren erregend. Durchtrainierte Beinmuskeln spielten, und Naomi brachte ein Knie hoch, um es mittig in den Sandsack zu bohren. Zwei weitere harte Kniestöße gegen den Sack folgten unmittelbar darauf.
Sie war ein Teufel auf nackten Sohlen.
Ihr Pferdeschwanz tanzte wild von rechts nach links und wischte wie schwarze Seide über ihre schweißnassen Schultern. Haarsträhnen blieben an ihrer Haut kleben, auch am Nackenansatz, wo es silbrig glänzte.
Mit einem Mal war Phins Mund staubtrocken.
Eine winzige, zarte Hantel aus zwei Silberperlen. Sie glitzerten wie Sterne, genau in der Mitte der sanften Beuge zwischen Nacken und Schultern, eine sündige Andeutung nicht mehr als ein Wink, der einen in den Wahnsinn zu treiben vermochte.
Ein Piercing. Ein versteckter Schmuck, den Phin nie an dieser Körperstelle vermutet hätte. Nicht an dieser Frau, dieser hinreißenden Erbin mit dem japanischen Namen. Nicht an irgendeiner Frau aus seinen Kreisen.
Lust kitzelte wie Strom führender Draht durch seine Eingeweide. Sein Schwanz, der bereits wach und bereit zu mehr gewesen war, wurde schlagartig hart, so hart, dass es wehtat. Phin musste sich bewegt haben, oder vielleicht war auch ein rauer, abgehackter Laut seiner Kehle entschlüpft. Denn Naomi Ishikawa wirbelte herum.
Ihre Wangen waren gerötet vor Anstrengung, der Blick wachund glasklar. Ihr Atem ging schnell. Sie brauchte sehr viel länger, als Phin lieb war, um die Fäuste sinken zu lassen und eine weniger martialische Haltung einzunehmen.
Eine allerdings kaum weniger martialische Haltung.
Aber wenigstens konnte Phin das verdammte Piercing nicht mehr sehen. Irgendwie gelang es ihm dadurch, seinen zerfaserten Verstand zusammenzukratzen. Er folgte Naomis Blick. Um sich nützlich zu machen, fischte er die grüne Wasserflasche von der Bank gleich neben ihm, der der Blick gegolten hatte.
»Ihr Workout war hoffentlich befriedigend«, sagte er, als er Miss Ishikawa, Flaschenboden voraus, das gewünschte Wasser reichte.
Sie nahm einen ersten Schluck vom kühlen Nass, trank dann gierig. Ihre Kehle hüpfte. Jetzt mit der Zunge die schweißnasse Linie vom Hals hinunter zu ihrer Schulter nachfahren – Phin hätte nichts lieber getan. Herr im Himmel! Ärger auf zwei Beinen.
»Ja«, sagte sie schließlich als Reaktion auf seine Frage. Sie wischte sich mit dem
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