Blutschuld
trafen sich, als sie einen Schritt auf ihn zutrat, den letzten Rest Distanz zwischen ihnen überbrückte. Nackte, getapete Füße neben seinen blank polierten Schuhen. Glatte, muskulöse Schenkel an seiner Anzugshose.
Brust an Brust.
Auge in Auge.
Phins Finger umschlossen Naomis Handgelenk. Das war alles, was er tun konnte, um sein Erwachen zurückzuhalten, die wilde Entschlossenheit, sich verführen zu lassen, die sich in ihm entrollte wie ein Banner im Wind. Laute wie ein stiller, nachhallender Schrei: »Naomi …«
Sie schloss die Augen. »Mund halten, Mr. Clarke.«
Er gehorchte. Schon beugte sie sich vor, und ihre Lippen verschmolzen mit seinen. Was hätte er jetzt noch sagen sollen? Jegliche Selbstkontrolle ging zum Teufel. Gerade erst von der Leine gelassenes Verlangen detonierte in Phins Kopf, zerriss alles, was er je an gesundem Menschenverstand besessen hatte. Hitze sprang wie Feuerwellen auf seine Lippen über. Mit der freien Hand packte Naomi ihn am Hemdkragen, hielt ihn fest, während sich ihre Lippen öffneten, Versuchung pur.
Der Kuss war aggressiv, fordernd. So wie Naomi selbst, denn das war sie, aggressiv, fordernd, und etwas, das tausendmal primitiver, ursprünglicher war, genau in dem Moment, als ihre Zunge in seinen Mund vorstieß, samtweich und brutal zugleich. Phin drängte sich ihr entgegen, bis sie mit dem Rücken gegen den harten Sandsack stieß.
Phin war nicht bereit, einfach nur dazustehen und sie glauben zu lassen, sie hätte ihn bereits erobert. Selbst dann nicht, wenn es stimmte.
Er wusste, dass er bereits verloren war.
Sein Vorstoß brachte Körper gegen Körper, dicht aneinander,und drohte, sie beide hintenüber fallen zu lassen, bis Naomi die Beine in den Boden stemmte und den Sandsack wegstieß, den es in Schwingungen versetzte.
Phin folgte ihrer Bewegung, schob sich hinein in die willkommene Bresche zwischen ihren Schenkeln, drückte Naomi wild an sich. Sie schmiegte sich an seine Brust, an ihn. Er ließ sie seine Hüften spüren, seinen harten Ständer. Lust, die sich in immer fernere Höhen aufschwang, perfekt zentriert. Vollkommene Ekstase. Phin verlor sich in der ihn um den Verstand bringenden Hitze ihres Körpers, in diesen von Muskeln modulierten weiblichen Kurven.
Sie nur spüren, den Geruch ihres schwitzig-feuchten Körpers in der Nase: Das reichte schon.
Reichte, um sämtliche Alarmglocken in ihm zu aktivieren. »Herr im Himmel«, brachte er hervor, die Stimme kurz davor zu brechen, als ihre Lippen sich von seinem Mund lösten. Vor seinem geistigen Auge sah er jemanden rote Flaggen hissen. Naomis Lachen wehte wie Rauch über sein Kinn, seine Wange, seinen Hals. Sie schob die Hüften vor, presste sich gegen ihn. Und Phin stöhnte, während er ihre Taille umfasste.
Alles zu schnell. Alles zu wild, zu leidenschaftlich.
Er hatte sie nicht drängen wollen.
Er verspannte sich in dem Bemühen, sie nicht noch näher an sich zu ziehen, seine Hände hart wie Schraubzwingen. Diesem Impuls wollte er nicht nachgeben – dem Impuls sie an sich zu ziehen, bis sie ihm unter die Haut ging und sie beide im Feuer der Leidenschaft zu Asche verbrannten. Sie musste Tempo herausnehmen. Er musste es tun, ehe sie ihn noch zum Orgasmus brächte, der dort schon lauerte, für den er aber noch nicht bereit war.
Doch Naomi ließ nicht zu, dass er es auf die sanfte Tour versuchte.
Sie biss, ihre Zähne scharf wie die eines Raubtiers, eine brennende Linie in die Haut an seinem Hals. Phin keuchte auf. Lustund Schmerz verschmolzen zu einer Woge aus heißer Begierde. Er brauchte es. »Naomi …«
»Nein«, wisperte sie rau. Sie hob den Kopf, hob das Gesicht, fuhr ihm mit den Fingern durchs Haar, und ihre Blicke trafen sich. Sie brauchte es auch. Eine geschmeidige Bewegung später, und sie hatte ihr Bein um ihn geschlungen. Seine Hüften fanden sofort einen Rhythmus. Er biss die Zähne zusammen, spannte jeden Muskel an.
Allein ihren Körper zu spüren. Herr im Himmel, ihr Verlangen, ihr Lachen. Unfähig sich zurückzuhalten, glitten seine Hände ihren heißen, flachen Bauch hinauf. Ihre Rippen entlang. Phins Hand fand die untere Naht von ihrem Sport-Bustier, schob sich darunter, um die dort gefangene Brust zu umfassen.
Die Brust passte perfekt in seine Hand. Die Brustwarze, hart und aufgerichtet, stach in seine Handfläche. Kehlig stöhnte er auf. Naomi hingegen stieß ihren Atem langsam durch zusammengebissene Zähne aus.
Phin hatte Eis und Feuer in der Hand, Seide und Stahl.
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