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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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einem
     Volk machen würde, und auch die Menschen von Engil hatten die Verkündung von Ilanas Schwangerschaft mit Freude im Herzen aufgenommen.
     Einzig Liandra hatte diese Verbindung nicht gefallen. Die Hohepriesterin war nach wie vor der Meinung, dass die Königin von
     Engil keinen Gefährten brauchte. Doch Ilana brauchte Tojar, und manchmal glaubte Ilana, dass Tojar auch sie brauchte. Ihr
     gemeinsames Kind war nicht das Licht Salas, auf das Liandra so sehnsüchtig gewartet hatte, es würde nicht die Macht besitzen,
     die Nonas Kind gehabt hätte, wäre es geboren worden. Doch es besaß eine andere Macht – es gab den Menschen Hoffnung, und solange
     der Frieden anhielt, konnten sie in dieser Hoffnung leben.
    Wie lange hatten sie Angst haben müssen, ihre Kinder Muruk zu opfern? Wie lange hatte der Schatten Muruks über Engil gelegen?
     Diese Zeiten waren vorbei. Selbst die stolzen Talukkrieger hatten |261| ihre Waffen in ihre Truhen gepackt und waren zufrieden gewesen, als Tojar, der König von Engil, verkündet hatte, dass sie
     ein Kind haben würden, einen Nachfolger für den Thron von Engil. Hoffnung und Frieden war es, was die Menschen brauchten,
     und wenn auch nicht jede Hoffnung erfüllt worden war, so hatte sich doch ein wenig Glück eingefunden.
    Liandra war kurz nach Ilanas und Tojars Rückkehr in den Tempel der Sala gegangen und hatte sich dort ganz ihren Gebeten hingegeben.
     Seitdem hatte sie den Tempel nicht mehr verlassen. Nur die Priesterinnen Salas durften zu ihr. Die Hohepriesterin fürchtete
     die Rückkehr Muruks mehr, als dass sie den Frieden genießen konnte. Ilana litt mit der Priesterin, die augenscheinlich so
     viel Schlimmes gesehen hatte, als die Greife Engil überfallen hatten, dass sie den Frieden nicht annehmen konnte. Wovon würde
     sie zehren, wenn diese Zeiten vorübergingen? Sie brauchten Kraft, sollte Muruk wirklich zurückkehren.
    Wieder strich Ilana über ihren Bauch. Das Kind trat bereits, und es würde kaum noch einen Mond dauern, bis es geboren würde.
     Traurig legte sie die Hand auf die Tür von Nonas Gemächern und zog sie dann schnell zurück. Zu schmerzhaft wäre die Erinnerung,
     wenn sie die Gemächer betrat. Nona war tot, und Dawon war fort. Er war nicht zurückgekehrt. Ilana trauerte um ihre vertrauten
     Freunde und vermisste sie an vielen Tagen schrecklich. Tojar wusste es und machte ihr keinen Vorwurf.
    Mutlos geworden wandte sich Ilana von der Tür ab – sie sollte gehen, sie durfte sich keinen düsteren und traurigen Gedanken
     hingeben, bevor das Kind geboren war, denn es konnte ihre Traurigkeit spüren und in sich aufnehmen. Sie ging ein paar Schritte
     und blieb dann stehen, da sie meinte, ein Geräusch in Nonas Gemächern gehört zu haben. Ilanas Herz begann schneller zu schlagen.
     Sie ging zurück zur Tür und legte erneut ihre Hand auf das Holz. Wieder vernahm sie ein Geräusch, dann hielt sie es nicht
     mehr aus und öffnete die Tür. Sie trat in den Raum und sah sich um. |262| Enttäuscht schloss sie die Augen. Einen kurzen Moment hatte sie gedacht, Nona wäre zurückgekehrt, doch ihre Gefühle hatten
     sie genarrt. Nona war tot. Sie konnte nicht zurückkehren.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Ilana eine Bewegung an der Fensteröffnung, lief hinüber und blickte hinaus in die wogenden Bäume.
     Unten am Abhang bewegte sich etwas in den Bäumen, und sie meinte einen Augenblick, eine dunkle Greifenschwinge erkannt zu
     haben. »Dawon …«, rief sie laut und wartete auf eine Antwort. Es blieb jedoch ruhig, und sie schalt sich abermals eine Närrin.
     Dann vernahm sie ein leises Wimmern, das von Nonas Bett her kam. Ilana lief zur Lagerstatt und zog die Decke zurück. Ihre
     Augen weiteten sich vor Überraschung, und sie hielt sich die Hände vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien.
    Das winzige Bündel, das vor ihr lag, versuchte in einer verzweifelten Geste die Hände nach ihr auszustrecken. Als es ihm nicht
     gelang, begann es zu weinen. Ilana nahm es schnell hoch und betrachtete die kleinen Hände, die Füße und das flaumige Haar,
     das gerade erst zu wachsen begann. Ihr Blick fiel auf die zarte Kette um seinen Hals, und sie meinte, ihr Herz würde stehenbleiben.
     Drei winzige Tropfen hingen an einem feinen Band, und das Gebilde war so zart, dass nur die Hände der Lalu-Frauen es hatten
     fertigen können.
    »Ein großer Bruder für mein Kind«, flüsterte sie dem Säugling ins Ohr, der auf ihre Worte zu lauschen schien und erneut die
     Arme nach

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