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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Königin leise auf und begann Degan die Wahrheit zu erzählen.
    »Du bist in ruhigen und friedlichen Zeiten aufgewachsen, Degan. Du weißt nichts von den Ängsten und Gefahren, die wir vor
     deiner Geburt ausstehen mussten – die mit deiner Geburt einhergingen.«
    Degan hatte es sich ebenso wie die anderen auf ein paar Fellen am Boden bequem gemacht, doch er bemerkte, dass sie alle angespannt
     waren. »Du hast sie mir erzählt, all jene Geschichten …«, antwortete er Ilana, »… ich habe sie nicht geglaubt, bis ich heute
     auf Xiria traf.«
    Lins Brauen zogen sich zusammen und musterten zuerst Degan und dann Ilana. Offenbar gefiel es ihr nicht, den Namen einer anderen
     Frau zu hören. Ilana beachtete Lin jedoch nicht weiter und fuhr mit ihrer Erzählung fort. »Du bist nicht der leibliche Sohn
     von Tojar und mir, soviel weißt du bereits; deine Mutter war eine Kriegerin in meinem Gefolge … ihr Name war Nona, und der
     Name deines Vaters lautet Dawon.«
    Degan horchte auf. Er hatte diesen Namen bereits gehört, vorhin im Tempel. Er wagte kaum etwas zu sagen, doch er spürte, wie
     sich ihm die Nackenhaare sträubten.
    »Deine Mutter, Degan, war Engilianerin, doch dein Vater war ein Greif – jedoch kein gewöhnlicher Greif. Es war ihm nach den
     Prophezeiungen Salas bestimmt, einen Sohn zu zeugen, der Muruk, den dunklen Gott, besiegen soll.«
    Degan wollte bereits lachen, so unmöglich schien diese Geschichte seiner Mutter; doch Liandras Aufschrei hielt ihn davon ab. |299| Die Priesterin schien vollkommen aus der Fassung zu geraten. »Dann hat das Kind doch überlebt! Warum habe ich davon nichts
     erfahren, Ilana? Wir hätten ihn auf seine Aufgabe vorbereiten müssen. Er hätte im Tempel Salas aufwachsen sollen, wie es seiner
     Bestimmung gemäß ist.«
    »Eben deshalb haben wir nichts davon erzählt«, sagte Tojar mit fester Stimme. »Weil wir ihm dieses Los ersparen wollten –
     Degan sollte eine gute Kindheit haben. Die Zeiten waren friedlich. Wir alle sehnten uns nur nach Frieden und Ruhe.«
    Liandra konnte sich nicht beruhigen. »Nun, mein König, diese Zeiten sind wohl vorbei. Nachdem was dein Sohn heute getan hat,
     muss ich befürchten, dass Muruk bald wieder entfesselt sein wird – er wird zurückkehren.«
    Alle schwiegen. Lin wagte nichts zu sagen, viel zu wenig verstand sie davon, was hier gesprochen wurde. Sie begriff aber,
     dass Degan etwas weitaus Schlimmeres getan haben musste als die versuchte Schändung an ihr. Degan versuchte zu verstehen,
     wer er war. Gut, er war der Sohn eines Greifen, was die starke Anziehungskraft und das vertraute Gefühl erklärte, das er bei
     Xiria empfunden hatte. Er war sozusagen ein Halbgreif – ohne Schwingen. Doch was hatte das alles mit dem Kuss zu tun, der
     ihm und Xiria den Atem geraubt hatte. »Was habe ich denn getan? Ich habe sie geküsst, das war auch schon alles.«
    Ilana seufzte tief. »Schon als du im Leib deiner Mutter warst, hatte sie durch dich seltsame Kräfte. So war sie es, die letztendlich
     die Belagerung von Engil durch die Greife beendet hat. Irgendwie gelang es ihr, das dunkle Gift Muruks aus ihnen herauszuziehen
     und in sich aufzunehmen. Sie hat einige der Greife befreit und ihnen ihre alte Gestalt zurückzugeben. Doch das Gift hätte
     sie beinahe getötet. Ich fürchte, dass dieses Gift auch in dir ist, Degan. Du hast es durch deine Mutter aufgenommen. Nur
     dass du stärker bist, als Nona es war. Du konntest gut mit diesem Gift leben, ohne dass es dich krank machte wie sie.«
    |300| Degan dachte nach. Ein dunkles Gift! War es für seinen unbeherrschten Trieb und seinen Zorn verantwortlich? Aber selbst wenn
     es so war – was hatte es nun mit dem Kuss auf sich? Er hatte aus Xiria nichts herausgesogen, vielmehr hatte sie etwas aus
     ihm herausgezogen. »Xiria … sie hat …«
    Liandra unterbrach ihn, als wäre er ein begriffsstutziges Kind. »Du bist von Sala auserwählt … in dir ist Salas Licht. Du
     hast ihr etwas von dir gegeben – die Fähigkeit zu empfinden. Xirias einstmals kaltes Herz besitzt nun die Fähigkeit zu fühlen.
     Doch von welcher Art werden ihre Gefühle sein? Wie groß mögen ihr Hass und ihre Wut sein?« Liandra hatte leise gesprochen,
     doch alle schienen zu verstehen, was sie so bewegte.
    Degan hatte jedoch wenig Mitleid mit der Hohepriesterin. »Sie wird vor allem erkennen, was du ihr angetan hast. Dich wird
     sie hassen, Liandra.«
    Die Priesterin vollführte eine wegwerfende Geste. »Ich habe sie

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