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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Weile gewähren lassen. Dawons Neugierde auf alles um ihn führte dazu, dass sie
     nur langsam vorankamen. Immer wieder war Nona versucht, ihr Wurfholz zu benutzen, um Dawon aus den Bäumen zu holen. Ilana
     aber hätte sie sicherlich mindestens zwei Tage lang die Ställe der Falbrinder säubern lassen, hätte Nona dem Greif auch nur
     eine Feder ausgerissen.
    »Greif, komm endlich herunter und laufe neben mir … fünf Schritte neben mir«, verbesserte sie sich schnell, denn sie hatte
     keinerlei Bedürfnis, noch einmal von seinem Duft eingelullt zu werden. Zu ihrem Unmut hatte der Duft des Greifen sich im letzten
     Sommer noch verstärkt. Dawon behauptete, siebzehn Sommer alt zu sein, und natürlich wurde der Duft eines Greifen stärker,
     je älter er wurde. Seltsamerweise schienen weder Ilana noch Liandra oder die Dienerinnen den penetranten Duft wahrzunehmen,
     in welchen Dawon den Garten hüllte. Nona hatte sich angewöhnt, die Luft anzuhalten, wenn sie in Dawons Nähe kam oder durch
     den Teil des Gartens lief, den er bewohnte. Sie hatte wenig Lust, irgendwann wie ein willenloses Ding seinem Gebalze zu erliegen.
     Nona war sich sicher, dass der Greif versuchte, sie zu verführen, auch wenn sie nicht verstand weshalb. Die Königin oder eine
     ihrer Dienerinnen wären sicherlich bessere Opfer gewesen, doch vielleicht wagte Dawon es einfach nicht, Ilana zu verärgern,
     die ihn gerettet und ihm einen sicheren Unterschlupf gewährt hatte.
Da ist es weitaus einfacher, die Sklavin zu verführen, an der ohnehin kein Mann
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Interesse zeigen wird. Gut genug für den Trieb eines Greifen ist wohl jede Frau im gebärfähigen Alter
, dachte Nona missmutig und beschloss, besonders auf der Hut zu sein. »Greif!«, rief sie nochmals erbost hinauf in die Bäume
     und erhielt keine Antwort. Schließlich überwand sie sich, seinen Namen zu rufen. »Dawon! Komm endlich herunter, du Träumer.
     Wir müssen weiter!« Sie schrie mehr aus Schreck denn aus Schmerz auf, als ein harter Gegenstand sie am Kopf traf. Sie spähte
     in das Geäst des Baumes vor sich und sah Dawon auf einem Ast hocken, die Hände voller Nüsse. Das durfte nicht wahr sein! Der
     Greif hatte ihr eine Nuss an den Kopf geworfen, und jetzt machte er sich in seiner kindischen Art über sie lustig. »Nona hat
     verstanden, dass Dawon einen Namen hat. Dawon hat Nüsse gesammelt, dort oben.« Er wies hinauf in die Baumkrone. »Nona wird
     keinen Hunger leiden müssen.«
    »Ich könnte mir auch leicht einen Vogel vom Baum holen!« Nona wies auf ihren Bogen, der an ihrem Waffengürtel hing. »Einen
     besonders großen Vogel! Geschmorte Greifenflügel sollen besonders schmackhaft sein«, spottete sie.
    Dawon sprang schließlich vom Ast und nutzte seine Schwingen, um leise vor ihr zu Boden zu schweben. Nona fand sein Gehabe
     albern und angeberisch. Aber was sollte man schon anderes von einem Greif erwarten? Harmlos gaben sie sich, doch hinter der
     kindlichen Freundlichkeit verbarg sich List und Tücke. »Bleib immer fünf Schritte neben mir!« wies sie Dawon an.
    »Nona vertraut Dawon noch immer nicht«, stellte er gekränkt fest, doch sie ging bereits weiter. Sie würden mindestens drei
     Tage unterwegs sein, bis sie auf Waldfrauen treffen würden, die meist zu zweit oder zu dritt lebten, denn sie waren nicht
     besonders gesellig. All das hatte Liandra ihr verraten, die sich letztendlich doch dazu hatte überreden lassen, Ilana zu helfen.
    Nona sah sich um. Der Wald wurde dichter und dunkler, je weiter sie hineingingen. Als sie schließlich am Abend eine kleine
     Lichtung erreichten, beschloss Nona, die Nacht dort zu verbringen.
    |71| »Kein guter Ort«, gab Dawon ungefragt zu verstehen. »Wenig Bäume und gute Möglichkeit für Raubtiere, Nona anzugreifen.«
    »Ich werde ein Feuer machen, um sie fernzuhalten. Außerdem fürchte ich mich nicht vor Raubtieren«, stellte Nona klar. Soweit
     käme es noch, dass der Greif die Entscheidungen traf. Was wusste dieser Halbmensch schon, der den ganzen Tag auf irgendwelchen
     Ästen hockte?
    »Dawons Nase riecht etwas, das ihn zur Vorsicht mahnt …«, sagte der Greif, »… ein scharfer beißender Geruch, viel stärker
     als der von gewöhnlichen Raubtieren. Nona sollte die Nacht nicht auf der Erde verbringen, wo sie leichte Beute ist.« Er wies
     auf den Baum zu seiner Linken. »Schau, Nona, die Astgabel. Bequem für Nona, und Dawon wird aufpassen, dass Nona im Schlaf
     nicht hinunterfällt.«
    »Ich schlafe hier neben dem

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