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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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die Zeit für gekommen hält, wirst du die Worte verstehen können und wissen, was zu tun ist.« Die Alte schüttelte den Kopf
     und sah ihre Schwester freudlos an. »Ach, wie hässlich diese Verkündung in meinen armen alten Ohren klingt. Wie viel schöner
     wäre es, wenn sie gesungen worden wäre … Isnal ruft aus dunkler Gruft, die Göttin spricht zu dem, der ruft … sollte sie die
     wahre sein, die Worte werden klar und rein …« Sie wandte sich mit einem Anflug von Stolz an Nona. »Das hätte sich doch viel
     schöner angehört«, stellte sie zustimmungheischend fest. Nona verdrehte die Augen, und die Alte winkte ab. »Ach, diese jungen
     dummen Dinger. Was verstehen sie schon von der Schönheit der Worte?«
    »Wie gelangen wir zu der Quelle von Isnal?«, wollte Nona wissen.
    »Immer dem Gestank der Schjackpisse nach«, meckerte die Alte. »Waren diese Worte deutlich genug für dein allen Schönheitssinn
     verschmähendes Ohr? Geht zwei Tage nach Osten, denn nicht nur ihr werdet nach Salas Verkündung suchen, auch Muruks Geschöpfe
     werden von ihr angezogen. Muruk wird alles dafür tun, sie zu vernichten … sowie diejenigen, die nach der Verkündung suchen!
     Mit der Geburt des dunklen Greifs wurden die Gesetze der Götter durcheinandergewirbelt. Alles ist von nun an möglich. Nicht
     nur Sala und Engil streben nach Befreiung von Muruk, auch Muruk will Sala vernichten und Engil in seine Gewalt bringen. Ich
     brauche dir wohl nicht zu erklären, was geschieht, wenn Muruk den Sieg davonträgt?«
    Nona schüttelte den Kopf, und die Alte fuhr fort. »Und noch etwas will ich dir sagen: Was der Schjack sieht, weiß Muruk und
     sein |82| Hohepriester in Dungun. Die Schjacks sind die Augen des Gottes. Wenn du einem Schjack begegnest, sorge dafür, dass er dich
     nicht sieht!«
    Sie wandte sich an Dawon und schickte ihn in die Hütte, ihr einen kleinen Beutel zu bringen, in dem ein seltsames getrocknetes
     Kraut war, das Nona noch nie gesehen hatte.
    »Dies ist Feuerkraut. Wenn du es zwischen deinen Handflächen reibst, entzündet es sich, und es gibt eine kurze Stichflamme.
     Verbrenne dir nicht die Hände und nutze es weise. Die Höhlen von Isnal sind finster und zu eng, um eine Fackel mit sich zu
     tragen. Es gibt zu wenig Luft zum Atmen. Erst wenn du die runde Kammer der Sala erreicht hast, benutze es. Du musst die Schriften
     nur ein einziges Mal ansehen. Wenn die Göttin will, dass du ihre Prophezeiung liest, wird ein kurzer Blick genügen, und du
     kennst sie auswendig.«
    Nona dankte den beiden Alten und warf Dawon einen missmutigen Blick zu, wie er so tatenlos herumstand. Sicherlich würde nicht
     er es sein, der sich durch die Enge der Höhle quälen musste. Die Alte streichelte Dawon über das glatte Kinn, und der Greif
     lächelte wie ein Kind. Sie schienen ihre Freude an ihm zu haben, und Dawon genoss es, derart liebkost zu werden.
    »Dawon«, mahnte Nona ihn deshalb streng. »Wir sollten aufbrechen!«
    Der Greif half der Alten, sich wieder neben ihre Schwester zu setzen, und kam dann zu Nona herüber. Sie verabschiedete sich
     mit einer ehrenvollen Verbeugung von den seltsamen Alten, dann zog sie Dawon hinter sich her, der sich kaum zu trennen vermochte.
    »Hat Nona gehört, was die Waldfrauen gesagt haben? Dawon ist nicht einfach nichts! Dawon wurde geboren, weil die Göttin es
     so wollte. Sala liebt Dawon. Kann Nona Dawon nun auch lieben?«
    »Du hast Sorgen«, bekannte Nona gereizt. Sie ließ Dawons Frage unbeantwortet und mahnte ihn zur Eile.
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Auch das noch
, ging es ihr durch den Kopf. Wahrscheinlich würde Dawon ihr nun Tag für Tag vorhalten, dass er die Liebe der Göttin besaß
     und sie noch mehr bedrängen.
     
    Wie die Alten gesagt hatten, erreichten sie nach zwei Tagen die Quelle von Isnal. Das war einmal mehr Dawons guter Nase zu
     verdanken, da er das Wasser auf große Entfernung riechen konnte. Zielsicher führte er Nona genau auf die Quelle zu, die aus
     einem Fels hervorsprang und Richtung Süden quer durch den Wald verlief, um sich irgendwo in der Wüste von Melasan mit dem
     schwarzen Fluß zu vereinen. Niemand wusste, wo die Quelle von Isnal ihren Ursprung hatte, die Menschen von Engil glaubten,
     dass es die Tränen von Sala waren, die den Tod ihrer Tochter Tjama beweinte.
    Das erste Mal in ihrem Leben erblickte Nona die riesigen Bellockbäume, die nur noch an der Quelle von Isnal wuchsen und deren
     Holz deshalb kostbar und rar war. Sie wuchsen so hoch in den Himmel, dass

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