Blutschwur: Die Rachel-Morgan-Serie 11 - Roman (German Edition)
Geringsten, aber vielleicht konnte ich damit den Dämon am Sprungpunkt neben dem Brunnen bestechen. Zögernd nahm ich den Umschlag, den mir der Vertraute eifrig entgegenstreckte. Die Papierhülle war dick, als befände sich darin ein Vertrag. Ich schob mir das Zeug in die hintere Hosentasche, um mir den Inhalt später anzusehen. Ein Job im Jenseits wäre vielleicht von Nutzen, wenn Al knapp bei Kasse war. Mal wieder … War mein Leben wirklich so vorhersagbar, oder machte ich einfach nur immer wieder dieselben Fehler?
»Schwarz, richtig?«, fragte der Kerl, eilte hinter den Tresen und füllte einen Pappbecher mit dunkler, bitterer Flüssigkeit. Es war kein Kaffee, aber das Beste, was die Dämonen eben zu bieten hatten. Ich nahm das Zeug, einfach, um hier rauszukommen.
»Super. Danke«, sagte ich. »Mmmmm. Riecht lecker!«
»Geschenk des Hauses«, bekräftigte er. Er wirkte gleichzeitig nervös und zufrieden, als er sich zurückzog. »Melden Sie sich wegen des Vertrages!«
Ich trat auf die Einkaufspromenade, sah mich kurz um und steuerte auf den zentralen Brunnen und die Sprungdämonen zu. Dämonen konnten jederzeit durch die Kraftlinien springen, aber Vertraute waren auf gekaufte Sprünge angewiesen. Deswegen mussten Dämonen, die für kleinere Verbrechen wie unerträgliche Dummheit verurteilt worden waren, ihre Strafe abarbeiten, indem sie Kraftliniensprünge anboten und so die allgemeine Bewegungsfreiheit sicherten. An Wochenenden standen bis zu zehn Sprungdämonen um den Brunnen herum und transportierten Leute. Aber so früh an einem Dienstagmorgen – und aufgrund der Kraftlinienprobleme – stand heute nur ein einzelner Dämon bereit. Mit gesenktem Kopf ging ich auf ihn zu. Er hätte genauso gut ein Shopper sein können, der auf jemanden wartete, aber der Hut auf seinem Kopf verriet seine Aufgabe.
»Würden Sie mich für einen Kaffee zu Newt springen?«, fragte ich, als ich näher kam. Er öffnete ein Auge. Es war wirklich seltsam. Ich wusste, dass ich mich tief unter der Erde befand, aber mit den wechselnden Lichtverhältnissen, dem Wind und der Weite um mich herum fühlte es sich an, als stünde ich an einem bewölkten Tag auf der Straße. An einem wirklich heißen, bewölkten Tag.
»Zu Newt?«, fragte er mit einem Gähnen. Dann sah er mich richtig an, zuckte zusammen und richtete sich auf. Ein panischer Ausdruck huschte über sein Gesicht, dann wurde er misstrauisch. Ich kniff die Augen zusammen, als er mich in die Schulter piekte, als müsste er sich davon überzeugen, dass ich real war. »Bei den zwei kollidierenden Welten, du bist wirklich Rachel. Ich dachte, du wärst Newt. Verdammt, Mädchen! Warte, bis ich das meinem Vertrauten erzähle!«
»Berühr mich noch mal, und es wird wehtun«, sagte ich, dann drückte ich ihm den Becher in die Hand. »Newts Küche? Kennst du sie?«
Er nahm den Becher und starrte an die Decke. »Diese Woche kostet es mehr.«
Ich zwang meine Zähne auseinander. »Hey, ich versuche hier, euch den Arsch zu retten. Glaubst du wirklich, es ist sinnvoll, mich für ein bisschen Schmutz in die Pfanne zu hauen?«
Der Dämon sah mich wieder an. »Nein. Schau mal hoch. Die Decke ist seit gestern um gute dreißig Zentimeter nach unten gerutscht. Wir verlieren Raum, und wenn du nicht in einer Wand landen willst, brauche ich die Hilfe eines Gargoyles.«
Dreck, es geht schon los. Kein Wunder, dass es so warm ist.
»Also?«, fragte er. »Wie dringend willst du hin?«
Wenn ich diese Ringe nicht reparieren lassen konnte, wären mir die Hände gebunden. Eigentlich war mir das Jenseits vollkommen egal, aber ich wollte Ceri und Lucy zurückhaben. »Ich übernehme den Schmutz«, erklärte ich. Mit einer ausladenden Geste zog er sich die Kappe vom Kopf und staubte damit den nächstgelegenen Kreis ab.
Zwei Dämonen auf der Promenade hatten mich bemerkt. Verdammt. Einer von ihnen war Dali. Ich schickte ihm ein hasenohriges Küsschen, worauf er verschwand. Sein Freund beäugte mich nachdenklich. Super, das war einfach super. »Könntest du dich beeilen?«, fragte ich, als ich in den Kreis trat. Das dauerte alles zu lang.
Er grunzte und machte eine Handbewegung. Sofort durchfuhr mich die eisige Linie, löste mich in einen Gedanken auf und materialisierte mich wieder. Die Kraftlinie vermittelte ein saures Gefühl, aber sie floss noch gleichmäßig. Die Hilfe eines Gargoyles sorgte dafür, dass ich mich mühelos materialisierte, ohne einen Druckunterschied zu spüren oder aus dem
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