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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Füße in die Stiefel. »Ja. Aber wenn Em aufgewacht ist, darf sie die Sendung aussuchen.«
    »Sie will immer Babysendungen schauen«, beschwerte sich Meg, während sie sich weit genug über die Armlehne von Emilys Schaukelstuhl lehnte, dass ihre Zehen den Boden nicht mehr berührten.
    »Mach ihr zum Frühstück ein Erdnussbuttersandwich, okay?«, meinte Lilly und kämpfte darum, ihre Ungeduld nicht zu zeigen. »Und geh nicht aus dem Haus. Verschließ die Tür, wenn ich gegangen bin, und mach sie nicht auf, außer es ist Mrs. Elliot. Sie kommt in einer Stunde, um das Brot für das Kirchenfest zu holen. Aber bis dahin sollte ich zurück sein.«
    »Okay. Aber sie riecht seltsam.«
    Sie riecht nach billigem Whiskey, dachte Lilly. Dann erstarrte sie bei der Vorstellung, dass sie vielleicht einen Fehler machte – wie die Mutter in den Märchen, die ihre Kinder verlässt, um in die Stadt zu gehen, und sie ermahnt, den Wolf nicht ins Haus zu lassen. Und als sie zurückkam, waren die Kinder verschwunden. O Himmel, Lilly, wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert . »Und geh ans Telefon, wenn ich es bin.« Sie sah von ihrem Stiefel auf und stellte fest, dass Meg ihr nicht zuhörte. »Meg?«
    »Okay?« Mit besorgniserregendem Selbstvertrauen lehnte das Mädchen sich zurück, bis ihre Füße wieder auf der Veranda standen.
    Langsam erhob sich Lilly und setzte sich den Hut auf den Kopf. Ein kurzer Blick zur Küche ließ sie noch wütender werden. Sie würde kein Glas Honig mitnehmen. Sie umarmte Meg kurz, dann stapfte sie entschlossen die vier Stufen hinunter. Sie war wütend auf ihre Mom, weil sie sie zu diesem Ausflug zwang.
    Hitze stieg in Wellen vom braunen, verbrannten Gras auf. Lillys Schritte wirbelten fast lautlos Staub auf, als sie Richtung Scheune ging. Genervt schaltete sie ihr Handy an und scrollte sich durchs Verzeichnis, bis sie Kevins Nummer fand.
    Doch dann zögerte Lilly und verlangsamte im Schatten der Scheune ihre Schritte. Mit einem scharfen Klick klappte sie ihr Handy zu und sah auf, als sie das Gerät einsteckte. Die Nummer blieb ungewählt, weil sie sich an ihr letztes Gespräch mit Kevin erinnerte. Es gab keinen Grund, ihn mit in die Sache hineinzuziehen. Sie wusste schließlich, wo ihre Mutter sich aufhielt.
    Am Rande des Waldes kniff Lilly die Augen zusammen und hielt an, während ihr Schatten lang hinter sie fiel. Die scharfe Grenze zwischen Weide und Wald wurde durch das jährliche Mähen bewahrt, aber irgendwie war es unheimlich, wie abrupt das Unterholz begann. Kühlere Luft drang unter den Bäumen heraus und spielte wie ein Liebhaber mit Lillys Haaren, bis sie die lose Strähne unter den Hut schob.
    Ungebeten stieg das Bild des schönen, hinterhältigen Jungen in ihr auf, den sie nie wirklich gesehen hatte. Es folgte die Erinnerung an unzählige heiße Sommernächte, in denen sie mit den Armen auf dem Fensterbrett an ihrem Schlafzimmerfenster gekniet hatte, um auf den schwarzen Wald zu schauen und sich mit klopfendem Herzen vorzustellen, dass die Glühwürmchen ihr zuzwinkerten und sie einluden, mit ihr in einem magischen Tal zu tanzen.
    Lilly starrte auf den Wald und atmete langsam durch. Dann drehte sie sich, um sich zu versichern, dass Meg mit Pepper ins Haus gegangen war. Die Veranda war leer. Auf der einen Seite erstreckte sich der Wald, auf der anderen die Weiden und die bebauten Felder, dazwischen stand das Haus, das sich drei Generationen von Frauen teilten – und über allem erhob sich die Sonne wie ein rachsüchtiger Gott auf der Suche nach Vergeltung. »Es ist nur eine Geschichte«, flüsterte Lilly. Doch sie spürte ein unruhiges Kribbeln in den Händen, als sie entschlossen in den kühlen Schatten trat.
    Ein einzelner Faden Spinnenseide berührte ihre Haut. Sie wedelte mit der Hand, als ihr dieses spezielle Problem eines Spaziergangs im Wald wieder einfiel. Es gab keinen Weg, aber sie wusste trotzdem, wo sie hinwollte. Es wäre ganz einfach, immer geradeaus zu gehen, bis sie den Bach fand. Dann musste sie ihm nur aufwärts zu dem überwucherten Tal folgen, das zu betreten ihre Mutter ihr immer verboten hatte. Aber natürlich hatte sie es trotzdem besucht.
    Fast ohne es zu bemerken verfiel sie in den vertrauten, schwankenden Gang, der sie schnell vorwärtsbrachte und ihr trotzdem erlaubte, jederzeit ihr Gleichgewicht zu halten. Das Gedicht hallte in ihrem Kopf wider, und mit jedem ihrer Schritte hämmerte es sich tiefer in ihre Gedanken.
    Vom fremden Fleische löse den Geist. Was

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