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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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sie bekam keine Antwort. Sie wandte sich zum steilen Ufer, nur um zu zögern, während sie das Gefühl des Wassers über ihren Füßen genoss. Wie kühle Seide glitt es über ihre Haut. Sie schloss die Augen und stützte sich mit einer Hand an der Brücke ab, während der warme Atem der Nacht sie in einer ersten, nächtlichen Brise berührte. Sie vermisste Kevin, trotz allem. Oder vielleicht vermisste sie auch das Gefühl, das er ihr gegeben hatte. Warum hatte sie ihm je geglaubt? Warum hatte sie je irgendeinem Mann geglaubt?
    »Weil du eine Göttin bist, meine traurige kleine Waldlilie. So bist du geschaffen worden, genauso wie ich dafür geschaffen wurde, dich deswegen zu lieben.«
    Lilly keuchte und riss die Augen auf, als sie etwas über ihre Haut gleiten fühlte, das sich wie eine Welle aus dem Wasser erhob. Penn . Er war keine Einbildung. Er war real.
    »Ich bin hier«, sagte er. Sie drehte sich um und entdeckte ihn im Schneidersitz mitten auf der Brücke, genau auf ihrem höchsten Punkt.
    »Du kannst kein fließendes Wasser überqueren«, hauchte sie, nur um ihre närrische Bemerkung sofort zu bereuen. Er war nicht real, aber er war da.
    Er lächelte, sah sie unter seinen Stirnfransen hervor an und legte lauernd den Kopf schief. Er wirkte, als wäre er ungefähr neunzehn. Viel älter als der Junge, der sich in der Sonne über ihre Mutter gebeugt hatte. Seine Schultern waren von sehniger Stärke, und seine Gliedmaßen wirkten schlaksig, als müsste er noch hineinwachsen. »Ich berühre das Wasser nicht. Ich sitze auf einer Brücke.« Er hob das Kinn, und sein Lächeln wurde gütig. »Du bist zerbrochen. Lass mich dich heilen. Ich kann es. Ich verspreche es.«
    Lilly schluckte, dann sah sie zum erleuchteten Fenster ihrer Mutter auf. »Du bist nicht real.«
    Penns Augenbrauen schossen nach oben, und er rutschte ein wenig herum, als beunruhigte ihn diese Aussage. Mondlicht sammelte sich um ihn herum und verwandelte ihn in einen gefährlichen Schatten. »Das bin ich sehr wohl, auch wenn ich zugegebenermaßen kein Fleisch besitze. Dein Geist nimmt mich wahr und verleiht mir eine Gestalt, die du sehen kannst … und fühlen. Kleine Mädchen wissen das instinktiv. Warum hast du es vergessen?«
    O Gott. Der Wahnsinn ist erblich. »Ich bin verrückt, genau wie meine Mutter.«
    In einer einzigen, eleganten Bewegung stand Penn auf. Sie erstarrte, als er mit den lautlosen Schritten eines Tänzers auf sie zukam. Ein Windstoß rauschte über die Brücke, und Penn setzte sich vor sie, nah genug, um ihn zu berühren. »Verrückt?«, flüsterte er. Sie konnte die Kühle des Waldes in seinem Atem spüren. »Lilly, du bist zu alt, um zu glauben, ohne vorher zu wissen. Du bist zu weise, zu sehr von üblen Männern gezeichnet, um mich mit deiner lange verlorenen Unschuld anzuziehen. Aber dein Sehnen ist das einer neugeborenen Frau, die sich nach der Perfektion verzehrt, die sie verdient. Ich habe dich gehört. Ich bin gekommen.«
    Er hob die Hand. Sie wich zurück. Ihre Füße waren taub vor Kälte. »Berühr mich nicht.«
    »Zu furchtsam, über das Feld zu laufen, zu ängstlich, um im Fluss zu schwimmen.«
    »Halt den Mund!«
    »Zu alt, um noch zu lernen, einen Mann über seine Fehler hinaus zu lieben.« Sorglos vollführte Penn Flickflacks bis ans Ende der Brücke. Seine Augen glitzerten, als er ihren Blick suchte. »Und alle Männer sind makelbehaftet, nicht wahr? Ich warne sie. Ich warne alle jungen Frauen, aber sie glauben mir nie. Dich muss ich nicht warnen. Du weißt es nur zu gut. Verraten. Ich hätte dir das nie angetan. Ich würde Meg nie verraten.«
    O Gott. Meg. Em. Warum hatte sie nicht auf ihre Mutter gehört? Aber es hatte nach … blankem Irrsinn geklungen. »Lass meine Mädchen in Ruhe.«
    Penn legte sich auf die Brücke, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte in den Himmel. »Dann glaubst du an mich.« Sein Lächeln war beängstigend. Und sein Körperbau hatte sich verändert. Seine Schultern wurden breiter, und auf seinem Kinn zeigten sich die ersten Anzeichen der Reife, während ein leichter, goldener Bartschatten im Mondlicht glänzte. »Deine Mutter war wunderschön. Ich kann Echos davon in dir erkennen und ganze Wogen in Meg.«
    Seine Stimme wurde tiefer. Angst durchfuhr Lilly, und sie plantschte näher heran. »Du wirst meine Töchter nicht anfassen!« Penn schwieg. Nervös fügte sie hinzu: »Warum bist du hier?«
    Penn setzte sich auf. Seine Kleidung reflektierte das Mondlicht wie ruhiges

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