Blutseele
One-Night-Stand!«
Sie senkte den Blick, und ihre Entschlossenheit kehrte zurück. »Und genau das ist das Problem, Kevin. Wenn ich dich angelogen oder dich von mir gestoßen oder herumgehurt hätte, dann könnte ich verstehen, was du getan hast. Wenn du dieses kleine Miststück wirklich geliebt hättest, könnte ich es verstehen und dir vielleicht sogar verzeihen. Aber du warst gelangweilt und wolltest mal eben rumvögeln. Und du willst mich glauben machen, dass es nicht wieder passieren wird?«
Langsam lehnte Kevin sich in seinen Sitz zurück.
»Jetzt, wo ich darüber nachdenke, verstehe ich es vielleicht doch«, meinte Lilly bitter.
Kevin starrte auf seine Hände und seufzte. »Wir können darüber hinwegkommen.« Langsam hob er den Kopf. »Ich weiß, dass wir es schaffen können. Sag mir einfach nur, was ich tun soll, und ich werde es tun.«
Lillys Brust wurde eng. Hinter ihr lag stumm ihr Zuhause, eine Insel in einem Meer aus Grillen. Sie hatte zugelassen, dass Kevin ihr wichtig wurde, und jetzt zahlte sie den Preis dafür. »Ich möchte, dass du verschwindest. Ich möchte, dass du aus der Stadt verschwindest und niemals zurückkommst.«
Kevin runzelte die Stirn. »Hier ist auch mein Zuhause. Lilly, ich versuche, es in Ordnung zu bringen. Ich liebe dich.«
Anscheinend nicht genug . Sie ließ seine letzten Worte in der Luft hängen, bis er den Anstand hatte, den Blick abzuwenden. »Ich bedanke mich dafür, dass du mit mir gesprochen hast, Officer Lowel. Aber wenn du jemals außerhalb deiner offiziellen Stellung einen Fuß auf mein Land setzt, werde ich Pepper auf dich hetzen. Verstanden?«
Kevin seufzte wieder, dann startete er mit steifen Bewegungen seinen Wagen.
Lilly wich zurück, als er in einer Wolke aus Steinchen und Staub davonfuhr. Das Holz der Brücke lag wie formgewordene Hitze unter ihren Füßen. Sie griff nach ihren Sandalen, wollte sie aber wegen dem Staub zwischen ihren Zehen nicht anziehen. Sie zitterte. Sie hasste solche Auseinandersetzungen, hasste Kevin deswegen nur noch mehr. Ohne bewussten Gedanken setzte sie sich auf die Kante der Brücke und ließ sich dann nach unten gleiten.
Sie keuchte, als ihre Füße auf das kalte Wasser trafen. Der Schmerz stieg von ihren Knöcheln bis in ihre Schenkel auf. Die Kälte ließ ihre Wut verpuffen. Mit einem Gefühl der Verletzlichkeit hob sie das Gesicht zu den Sternen, die durch die Hitze und das zuckende Wetterleuchten nur schwach leuchteten. Im Kopf hörte sie die mahnenden Worte ihrer Mutter, sich vom Wasser fernzuhalten, und ihre Schultern sackten nach unten. Ihre Mutter war eine alte Frau, die von der Vergangenheit eingeholt wurde und darum kämpfte, es sich nicht anmerken zu lassen. Mit vierzehn Jahren ein Mordopfer zu finden hätte auf jeder Seele eine Narbe hinterlassen.
Lilly gewöhnte sich an die Kälte und ging ein paar Schritte. Die Strömung umspielte ihre Füße, kühlte ihr Blut, beruhigte ihre Gefühle und ließ ihre Gedanken klarer werden. Im Haus ging das Licht im Zimmer der Mädchen aus, um kurz darauf im Fenster ihrer Mom aufzuflackern.
»Ich lausche, Penn«, flüsterte Lilly. Sie war immer noch wütend auf die Welt, wütend auf ihre Mutter, weil sie ihr das antat. »Ich bin hier, du Hurensohn. Zeig dich. Wenn du real bist, dann zeig dich!«
Doch da war nichts. Keine singende Stimme in ihrem Kopf, keine sonnengebräunte Vision von Jugend und Verschlagenheit, die sie verspottete. Nichts.
Erleichterung überschwemmte sie, gefolgt von Sorge. Was sollte sie mit ihrer Mutter anstellen?
Sie spürte einen Kloß im Hals und starrte am Haus vorbei auf den Wald dahinter. Es war schwer, zwei Mädchen allein aufzuziehen. Glücklicherweise war die Farm abgezahlt und Pauls Unterhaltszahlungen großzügig. Und durch die Hilfe ihrer Mutter konnte sie tun, was sie so sehr liebte. Es war wunderbar gewesen, dass die Mädchen Zeit mit ihrer Großmutter verbrachten – bis jetzt.
Lilly stand bis zur Mitte der Schenkel im Wasser und grub sich mit den Zehen durch die kleinen Steine auf dem Grund, um den sandigen Boden darunter zu finden. Sie wollte nicht zu einer dieser undankbaren Töchter werden, die ihre Mutter nur am Sonntag nach der Kirche im Heim besuchten. Ihre Töchter würden ein falsches Bild von ihrer Großmutter bekommen und nicht die starke, stolze, fähige Frau sehen, als die Lilly sie kannte. Schuldgefühle verdrängten die Angst. Sie sah zum Himmel und fühlte sich klein. »Warum tust du das, Mom?«, flüsterte sie.
Doch
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