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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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wollte es ein für alle Mal wissen.
    »Ich kann einfach nicht glauben, dass ich das wirklich tue«, murmelte Lilly, als sie sich auf die Kante der Brücke setzte und ihre Sandalen auszog. Unter ihr floss das Wasser als silbernes Band, wie der Atem des Himmels auf Erden, fast unsichtbar, aber doch fühlbar. Einen Moment, und dann wäre es vorbei. Entweder ihre Mutter war verrückt oder sie selbst.
    Lilly hielt den Atem an, lehnte sich vor und wünschte sich, etwas oder irgendwer würde ihr verraten, was real war. Die Antwort lag unter ihr, direkt unter der silbernen Oberfläche.
    Doch dann erklang das vertraute Brummen von Kevins Geländewagen über dem Zirpen der Grillen und dem Plät schern des Wassers. Immer noch sitzend drehte sie sich um und entdeckte Scheinwerfer, die durch die Spurrillen holperten. Das Auto kam von den Außenbezirken und fuhr Richtung Stadt.
    Lilly zog die Beine an und stand auf. Ihr Pulsschlag beschleunigte sich, aber sie drängte ihre Wut zurück. Sie war eine erwachsene Frau. Sie konnte mit ihm reden, ohne dass ihre gemeinsame Vergangenheit eine Rolle spielte – selbst wenn die Vergangenheit alles war, was sie besaß.
    Mit langsamen, fast zögernden Bewegungen ging Lilly durch den weichen Staub des Weges zur Hauptstraße, ohne ihre Sandalen wieder anzuziehen. Sie wollte nicht, dass Kevin wie gewöhnlich auf den Hof fuhr. Sie hatte ihn angerufen, aber deswegen sollte trotzdem nicht wieder alles so werden, wie es einmal gewesen war. Mit verschränkten Armen blieb sie neben dem Briefkasten stehen und versuchte zu entscheiden, was sie sagen wollte.
    Sie kannte auch das Geräusch seiner Bremsen, und dann drehte Kevin – der gut aussehende Footballheld, der zum College gegangen und zurückgekommen war, der gute alte Kevin – den Kopf, als er seinen Polizeiwagen auf der falschen Seite der Straße parkte. Während der Motor leise tickend abkühlte, runzelte Lilly die Stirn, weil sie sich daran erinnerte, wie seine Hände sich auf ihrem Körper angefühlt hatten. Sie dachte an die Gefühle, die er in ihr ausgelöst hatte, die Pläne, die sie zusammen geschmiedet und die er zerstört hatte. Sie hatte gedacht, er könnte derjenige sein, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbrachte. Doch zurückgeblieben war nur bittere Enttäuschung und Ärger über vier verschwendete Jahre.
    »Lilly«, sagte er grüßend und hätte fast die Mütze abgenommen. »Barfuß siehst du gut aus.«
    Sie schluckte ungefähr sechs verschiedene Schimpfwörter herunter. »Du hast meine Nachricht gehört?«
    Er hatte den Anstand, verlegen zu wirken, und zog den Kopf ein, während er den Polizeifunk leiser drehte. »Ich habe gesehen, dass du es bist und habe mich nicht getraut dranzugehen.«
    Die Grillen zirpten, während sie ihre Zehen tief in den weichen, warmen Staub des Bodens grub. »Kevin.«
    »Ich habe die Schimpfworte verdient, mit denen du mich bedacht hast.« Sein Kopf war rot. Das konnte sie sogar in der Dunkelheit erkennen. »Ich kann nichts dagegen sagen. Du hattest recht. Allerdings tut es ein wenig weh.«
    Schluck es, Mann . Doch sie schwieg, während sie sich an das Entsetzen auf seinem Gesicht erinnerte, als sie den Raum betreten hatte und an Deanas nervöses Lachen, während sie nach ihrer Kleidung suchte. Ich hätte dein Auto abfackeln sollen, dachte sie und lauschte auf die Grillen. Das hätte dir wirklich wehgetan.
    Nervös lehnte Kevin sich in seinem Sitz zurück, die Hände immer noch auf dem Lenkrad. »Aber wir können immer noch miteinander reden, oder? Auf dieselben Picknicks gehen? In dieser Kleinstadt fällt es ziemlich schwer, dir auszuweichen.«
    Sein Lächeln machte sie wütend. »Sicher.«
    Für ihn war damit alles in Ordnung, und er lehnte sich mit einem erleichterten Lächeln vor. »Also, was ist los? Ist etwas mit Pepper? Ich hatte diese Woche eine ganze Reihe von Anrufen wegen verschwundener Haustiere. Überwiegend Katzen und Hunde, aber Perrot hat auch ein gerissenes Rehkitz am Rand seiner Weide gefunden. Ich halte es für Kojoten, aber die Spuren wirken ein wenig zu groß. Vielleicht ein Rudel wilder Hunde. Bis wir sicher sind, solltest du Meg und Em lieber nicht zu weit vom Haus weglassen.«
    Nett, dass du an sie denkst . »Das werde ich machen. Kevin, es geht um meine Mom.«
    Er entspannte sich und legte einen Arm ins Fenster, während sein Blick zum Haus und den Lichtern glitt, die aus den Fenstern auf das ausgetrocknete Gras fielen. »Emily? Was ist los?«
    »Sie benimmt sich seltsam.

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