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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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stellte ihr Getränk auf den Schreibtisch. »Würden Sie mich entschuldigen, Sir!«, bellte sie. Ihre Brust fühlte sich an, als müsste sie jeden Moment zerspringen. Sie wollte das so sehr, und trotzdem musste sie ablehnen.
    Jason holte Luft, um weiter mit ihr zu streiten, aber in diesem Moment räusperte sich Walters. »Jason, würdest du uns entschuldigen?«, kam der dicke Mann ihm zuvor.
    Jasons Frustration war offensichtlich, als er Graces steife Haltung und Walters’ Lässigkeit musterte. Seine Ohren wa ren rot, als er seine Tasse ungetrunkenen Kaffees neben Gra ces stellte. »Sir«, sagte er respektvoll. »Grace«, fügte er vorwurfs voll hinzu. Ohne ein weiteres Wort wirbelte er herum, ging zur Tür und schloss sie leise hinter sich.
    Grace fühlte sich schrecklich. Sie stand steif da und starrte an Walters vorbei in den leeren Himmel, während ihr Hund unglücklich vor ihr lag. Sie befand sich in der Hölle. Wie sonst sollte man es nennen, wenn einem alles geschenkt wurde, was man sich je gewünscht hatte, während man gleichzeitig genau wusste, dass man es nicht verdient hatte?
    Walters seufzte schwer, als er sich noch ein wenig Kaffee eingoss. »Ich liebe Kaffee«, sagte er träge, bevor er einen kleinen Schluck nahm. »Hast du eine Ahnung, wie schwer es ist, sich im Namen des Gleichgewichts gegen genau das zu wappnen, was man am meisten will?«
    »Sir«, setzte sie an.
    »Ich wette, du weißt es«, unterbrach er sie, und der Ton seiner Stimme sorgte dafür, dass sie ihn ansah. Ihre nächsten Worte erstarben, als sie seinen nachdenklichen Gesichtsausdruck sah.
    Walters setzte sich hinter seinen Schreibtisch und gab damit jeden Versuch auf, sie zu dominieren. Er war müde, das war alles. Grace fühlte ein kurzes Aufwallen von Schuldgefühlen, weil sie glaubte, dass ihr gestriges Versagen vielleicht etwas damit zu tun hatte.
    »Ich weiß, dass du dir das wünschst«, sagte er und berührte ein einzelnes Blatt Papier auf dem Schreibtisch. Graces Brust schmerzte, als sie erkannte, dass es ihre Versetzungspapiere waren. »Ich verstehe allerdings nicht, warum du ablehnst. Geht es um Boyd?«, fragte er. Grace bewegte leicht die Schultern. »Du kannst nichts für seine langjährige Koffeinabhängigkeit. Wir wussten davon. Wir wissen auch, dass er es vor dir geheim gehalten hat, und das sogar ziemlich geschickt.«
    Grace konnte sich nicht davon abhalten, Walters schuldbewusst anzusehen. Boyd war ihr Partner. Sie hätte es wissen müssen. »Nein, Sir«, erklärte sie wahrheitsgemäß. Sie bedauerte es, aber deswegen lehnte sie die Beförderung nicht ab.
    »Der Tod des unregistrierten Werfers?«, fragte er als Nächstes. Grace versteifte sich. »Das tut mir leid. Unglücklicherweise geschieht es immer wieder«, erklärte Walters sachlich. »Dass du es so lange vermieden hast, spricht für deine Fähigkeiten und keineswegs von Versagen. Und dass du fähig warst, diese schwere Entscheidung zu treffen, ist der Grund dafür, dass wir dir jetzt eine Position in der Elite anbieten.«
    Sie sah ihn an, und Wut verdrängte ihre Schuldgefühle. So sehr sie auch bereute, was mit Zach geschehen war, sein Tod war das Resultat ihres Versagens, nicht der Grund. »Ich möchte diese Position, Sir«, sagte sie. Sie zitterte, als sie versuchte, sich zu erklären. »Ich wollte zur Elite gehören, seitdem ich die Agentur zum ersten Mal betreten habe. Ich will es so sehr, dass ich mich für lange Zeit hassen werde, sobald ich dieses Büro verlassen habe. Es geht nicht darum, dass ich Zach getötet habe, Sir. Es geht darum, warum ich ihn getötet habe.«
    Walters lehnte sich in seinem Stuhl zurück und bedeutete ihr fortzufahren.
    Ihr Magen verkrampfte sich. Grace schloss die Augen und atmete einmal tief durch. »Ich habe meine Belastungsgrenze gefunden, Sir«, gestand sie leise, als sie die Augen wieder aufschlug.
    »Aaaaah.« Sie starrte geradeaus, aber trotzdem konnte sie sehen, dass Walters sich noch weiter zurücklehnte und die Hände über seinem stattlichen Bauch verschränkte. Er wusste, wovon sie sprach. Es war ihre Aufgabe, die Belastungsgrenze potenzieller Rekruten zu finden und sie entweder durch Angst oder Wut so unter Druck zu setzen, dass sie die Grenzen ihrer Moral erreichten. Dann konnte sie er kennen, ob sie ihre Fähigkeiten einsetzen würden, jemanden zu töten, der nicht als Erstes angegriffen hatte. Jason hatte ihre Belastungsgrenze gefunden.
    »Es ist Jason«, erklärte sie. Seltsamerweise verhinderte der Kloß in

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