Blutsgeschwister
jeden Sonntag hingehst«, sagte Kit und sah ihn nachdenklich an. »Hast du mich denn mit allem angelogen?«
»Gib ihm nicht die Schuld, mein Kind. Er ist von einem Dämon besessen.«
»Einem Dämon?« Kit fuchtelte mit ihrem Springmesser herum und betrachtete Gabriels Körper, als gäbe es dort etwas, das sie herausschneiden konnte.
»Steck das weg, mein Kind«, sagte Schwester Maggie. »Das wird nicht helfen.«
»Können Sie ihm helfen?«
»Das kann ich, wenn du einen Schritt zurückgehst.« Schwester Maggie wartete nicht darauf, dass Kit sich bewegte, sondern stieß sie in Fancys Arme. Schwester Judith kam mit einer durchsichtigen, mit Wasser gefüllten Phiole zurück und kniete sich auf Gabriels andere Seite, um ihn festzuhalten.
Fancy legte ihren Arm um Kit und fragte sich, ob sie sich in Gabriel getäuscht hatte. Er sah nicht verrückt aus. Er sah aus, als hätte er Schmerzen. Unerträgliche Schmerzen.
Schwester Maggie goss etwas von dem Weihwasser in Gabriels rechtes Ohr und sprach dann das Vaterunser. Beim zweiten Durchgang jaulte Gabriel, beim dritten quoll ein winziger grauer Klumpen aus seinem linken Ohr. Der Klumpen schoss heraus und landete auf Schwester Judith, die Gabriels Kopf losließ und sich das Ding schnappte. Sie hielt es wie ein Neugeborenes. Es schrie auch wie eins, aber es sah aus wie eine Kreuzung aus einem Mensch und einem Forellenbarsch: ein glänzendes, sich windendes Ding mit trüben Augen an beiden Seiten des Kopfes.
»Wie wunderbar«, rief Schwester Judith erfreut. »Ich habe schon immer so eins aus der Nähe sehen wollen!«
Der Kopf der Kreatur explodierte auf ihr.
Schwester Maggie lachte, als sie das entsetzte Gesicht ihrer Mitschwester sah. »Näher geht es nicht.«
Kit riss sich von Fancy los und rannte zu Gabriel. Sie umarmte ihn. »Geht’s dir gut?«
»Ich denke schon.« Er legte eine Hand auf sein blutendes Ohr, als wollte er verhindern, dass noch mehr dort herauskam. »Was war das für ein Ding?«
»Ein Kobold«, sagte Schwester Maggie fröhlich. »Ein ganz junger.« Sie tupfte Gabriels Ohr mit einem Tuch aus ihrer Tasche ab. »Du hattest Glück, dass er erst etwa drei Monate alt war. Wenn er etwas größer geworden wäre, hätte sich dein Kopf auf Schwester Judiths Busen ergossen. Kobolde übertragen ihre Brut auf andere Wirte, meistens durch Küsse.« Sie sah Kit an und schüttelte die Phiole mit Weihwasser. »Das wirst du auch brauchen.«
» Ich?«
»Bist du seine Freundin? Habt ihr euch geküsst?«
»Und einiges mehr.«
»Halt den Mund, Fancy.« Kit tauschte mit Gabriel einen beschämten Blick aus, und Schwester Maggie beugte sich zu ihr vor und legte ihren Kopf schräg. »Wir verhüten«, versicherte Kit, als ob das Schwester Maggie beeindrucken würde.
Schwester Maggie goss Weihwasser in Kits rechtes Ohr, aber der braune Schlamm schoss nicht aus ihrem linken Ohr, sondern aus ihrer Nase und traf den Boden mit einem Platschen. Er war noch nicht voll entwickelt wie Gabriels Kobold. Es war nur ein Klumpen, der auf den weißen Fliesen der Kathedrale zischte und brannte.
Kit kreischte und rieb so heftig ihre Nase, dass sie sie sich fast aus dem Gesicht riss. Schwester Maggie sah sich in der Kathedrale um und seufzte zufrieden. »Die ganze Kraft Jesu. Die beste Geburtenkontrolle der Welt.«
Als Schwester Judith kicherte, verdrehte Schwester Maggie die Augen.
»Ich meinte gegen Kobolde.«
Fancy saß auf dem Rücksitz von Gabriels, oder vielmehr Ilans Oldsmobile auf dem Parkplatz in der Nähe der Kathedrale. Finster schaute sie auf Kit und Gabriel, die vorne saßen und schamlos knutschten.
»Also, das ganze schlimme Zeug«, sagte Kit zwischen den Küssen, »Schlafwandeln und versuchen, Leute umzubringen, das war der Kobold, der versucht hat zu laichen?«
»Ich denke schon«, sagte Gabriel. »Ich … oh nein!« Er schlug sich vor die Stirn. »Ich muss Jessa zu den Blauen Schwestern schicken.«
»Das Mädchen, das du versucht hast wiederzubeleben?«, fragte Kit. »Fancy hat gesagt, dass sie gesehen hat, wie du sie geküsst hast.«
»Ja.« Gabriel schien sich zutiefst zu schämen. »Und Cici. Und Madeline. Und Alysha.«
»Bist du rumgelaufen und hast alle Mädchen in Portero geküsst?«
»Nein, nur diese vier«, sagte Gabriel schnell. »Schon eine wäre schlimm genug gewesen. Und ich sollte mir die Hand abhacken, weil ich dir so wehgetan habe.« Kit ließ sich wieder in seine Arme ziehen.
»Ich kann das für dich machen«, sagte Fancy und betrachtete seine
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