Blutsgeschwister
Scheiß!«
»Das ist kein Tag, um irgendwas zu hassen, Kit.« Madda hob ihr Gesicht in die Sonne. Sie sah nicht so müde aus wie sonst, eher wie Kit an ihren quirligsten Tagen, und mit ihrem geblümten Sonnenhut wirkte sie wie eine Südstaatenschönheit. Sie hatte ihren freien Tag damit verbracht, wie normale Leute nachts zu schlafen, und es hatte ihr unendlich gutgetan. »Wir sind hier, um Cherry Respekt zu zollen und daran zu denken, wie sich die Dinge seit dem Bürgerkrieg verändert haben. Das ist alles, was zählt.«
Die Cordelles ergatterten einen freien Tisch im Schatten, den Wald im Rücken, und packten das Essen aus, das sie mitgebracht hatten. Es war nicht nur für sie, sondern auch für die anderen Familien. Es war Brauch, an die verschiedenen Tische zu gehen und einen Teller, der einem Appetit machte, einfach mitzunehmen, aber das großzügige Essensangebot auf ihrem Tisch wurde deutlich gemieden. Fancy wollte nicht einmal daran denken, was passieren würde, wenn sie an der Reihe waren, die anderen Tische aufzusuchen, und wie diese Erfahrung Kit dazu bringen würde, irgendeinen unverschämten Menschen in einer Schüssel Kartoffelsalat zu ersticken. Den Alten umzubringen hatte die Mordlust der Schwestern beruhigt, aber Fancy war sich nicht sicher, wie lange es noch anhalten würde.
Momentan sah Kit allerdings alles andere als mordlustig aus. Ihr Gesicht leuchtete auf wie eine Wunderkerze am Unabhängigkeitstag. »Da sind Gabriel und Ilan«, rief sie.
Die Brüder waren weit entfernt auf der anderen Seite der Lichtung, mitten unter den Touch-Football-Spielern, und winkten ihnen zu. Gabriel winkte. Ilan starrte nur Fancy an und schob die Ärmel seines schwarzen Hemds hoch, als wollte er sie sich vornehmen.
Fancy räusperte sich und klaute eine Erdbeere von Maddas Stück Käsekuchen. »Ist mir egal.«
»Egal, was?« Madda warf ihr einen wissenden Blick zu. »Ilan ist ein netter Kerl.«
»Woher willst du das wissen?«, fragte Fancy, den Mund voller Erdbeeren.
»Ich weiß es.« Madda schob den Käsekuchen näher zu Fancy, damit sie ihn sich besser teilen konnten. »Er hat mir immer Mittagessen gebracht, als ich die Tagschicht hatte. Weißt du, was Ilan mal zu mir gesagt hat? Dass er mir nicht die Schuld gibt für das, was Guthrie seiner Familie angetan hat.« Sie lächelte in Ilans Richtung. »Wenn das nicht nett ist, dann weiß ich es auch nicht.«
Obwohl sie es besser hätte wissen müssen, stieg Fancys Interesse. »Habt ihr beide auch darüber geredet, was in der Nacht passiert ist, als sein Dad …?«
Madda wischte Käsekuchen von Fancys Mund. »Das Einzige, worüber er reden wollte, warst du.«
Fancy lachte, aber als sie merkte, wie überspannt sie klang, hörte sie auf. »Ich?«
»Er hat immer nach dir gefragt«, sagte Madda, als wäre es etwas, worauf man stolz sein könnte.
»Kotz.« Fancy sah Ilan dabei zu, wie er Touch Football spielte. Sie sah zu, wie er mit seinen gefährlich schnellen Beinen die anderen Jungs ausspielte. »Er hat nach mir gefragt?«
»Oh ja.«
»Das hast du mir nie gesagt.«
»Ich hatte nicht den Eindruck, dass du dich für Jungs interessierst.«
» Tu ich auch nicht.«
Madda nickte verständig. »Das hab ich ihm auch gesagt. Ich denke, er hat auf mich gehört. Sonst hätte er das ganze letzte Jahr versucht, dich anzusprechen.«
Kit, die diesem Austausch interessiert zugehört hatte, sang: »Fancy hat ’nen Freu-heund!«
»Halt du den Mund!« Fancy stieß mit dem Ellenbogen nach ihrer Schwester. Ihr Gesicht brannte, allerdings nicht von der Sonne.
»Verliebt, verlobt, verheiratet …«
» Halt den Mund!«
»Ihr haltet jetzt beide den Mund«, sagte Madda, »und esst.«
»Madda«, sagte Kit nach einer Weile, »werden sich unsere Wünsche wirklich erfüllen?«
»Ja«, sagte Madda mit null Enthusiasmus. Es war, als hätte Kit gefragt, ob die Sonne an diesem Abend untergehen würde. »Wünsche sind nicht alles, weißt du«, fuhr sie fort. »Das Schlimmste, was du machen kannst, ist, all deine Hoffnungen auf einen Wunsch zu richten. Ein erfüllter Wunsch bedeutet nicht gleich ein perfektes Leben. Meine Großtante Mary wünschte sich einmal ein Kind. Sie hatte es versucht und versucht, aber sie wurde nicht schwanger. Niemand wusste warum. Also kam sie her und bat Cherry darum, und im nächsten Monat war Mary schwanger. Aber als das Kind geboren wurde, war es tot. Mary weinte und weinte, sie konnte einfach nicht mehr aufhören. Und als sie eines Tages Cherry dafür
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