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Blutsgeschwister

Blutsgeschwister

Titel: Blutsgeschwister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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gestorben sind. Das ist schon sehr lange her, da war ich noch ein Baby. Heute hat er keinen Ärger mehr, und ich will auch nicht, dass er welchen kriegt, denn ich weiß, wenn er ins Gefängnis muss, weil er meine Schwester getötet hat, dann darf ich nicht bei ihm wohnen.«
    »Oh Mann«, sagte Kit und steckte den Brief zurück in den Umschlag. »Kleine Kinder sind solche Idioten. Ist doch klar, dass sie das Sorgerecht keinem Verbrecher geben können.«
    »Aber es läuft doch super«, sagte Fancy zu ihrem Bauch. »Ich wusste, wir würden Antworten bekommen.«
    Kit strich Fancys Haar aus ihrem verschwitzten Gesicht. »Willst du es jetzt gleich machen?«
    »Später. Es ist zu heiß.«
    »Fancy, was stimmt nicht mit dir? Und erzähl mir keinen Mist von wegen Kopfschmerzen.«
    »Ich habe aber Kopfschmerzen. Wenn Leute nicht das machen, was sie eigentlich machen sollen, bekomm ich immer Kopfschmerzen.«
    Kit räusperte sich und massierte Fancys Schläfen. »Du benimmst dich auch nicht immer so, wie so sollst, weißt du.«
    Fancy tat so, als hätte sie es überhaupt nicht gehört. »Spiel ›I Got a Woman‹. Das ist das Einzige von Ray Charles, das ich mag.«
    Kits Hände wurden ruhig. »Ich … Oh, wer weiß, wo die Platte ist.«
    »In der Kiste?«
    »Ich hab keine Lust, jetzt alles durchzusehen.«
    »Sie sind alphabetisch sortiert.«
    »Fancy, ruhig. Mit deinen Kopfschmerzen solltest du sowieso keine Musik hören. Und jetzt schlaf. Wir rufen Selenicera morgen früh an, wenn es schön kühl ist.«
    Fancy war klar, dass sie superfrüh aufstehen mussten, um wirklich kühle Luft genießen zu können, aber am nächsten Tag weckte Kit Fancy noch bevor es draußen auch nur hell war.
    Fancy rollte sich auf die Seite. »Was’n los?«
    Kit war bereits angezogen und trug ihre Markenzeichenkleidung: Leggins und T-Shirt. »Rise and shine«, brüllte sie, wie ein Militärausbilder. »Auf die Beine! Wir müssen diesem Mädchen helfen.«
    »Es ist nicht mal sechs Uhr früh.« Fancy vergrub ihren Kopf unter dem Kissen und stach sich dabei fast ein Auge aus mit dem Bleistift, den sie darunter liegen hatte. Es war so früh, dass sie nicht einmal etwas geträumt hatte.
    »Jetzt wissen wir wenigstens, dass sie noch nicht bei der Arbeit ist.« Kit warf Fancys Kissen auf den Boden und zerrte sie aus dem Bett. »Außerdem müssen wir es hinter uns gebracht haben, bis Madda zurückkommt. Also los!« Sie stieß Fancy in die Stube.
    »Ach, leck mich …«, murmelte Fancy, als sie ins Bad schlurfte. Eine schnelle, kalte Dusche weckte sie auf und rückte Kits engelsgleiche Tendenzen in ein neues Licht. Falls der Sheriff zu ihnen kam, würde er nie glauben, dass so ein süßes Mädchen jemanden umbringen könnte.
    Fancy kam in einem ärmellosen Babydoll-Kleid zurück auf die Schlafveranda. Das frühe Dämmerlicht brach sich an den Gläsern mit den Eichhörncheninnereien. Kit saß am Teetisch mit dem Telefonbuch und dem tragbaren Telefon.
    »Wen rufst du an?«
    »Wooding, Woods, Woodson!«
    »Das Mädchen mit dem Brief?«, fragte Fancy und teilte ihr Haar für zwei tief angesetzte Zöpfe. »Es ist zu früh. Sie wird nicht mal …«
    »Wir müssen ein Treffen ausmachen und die Strategie besprechen.« Kit sprach, als hätte sie so etwas schon ihr ganzes Leben lang gemacht. Nachdem dreimal zornig aufgelegt wurde, stieß sie bei ihrem vierten Anruf auf Gold. »Hallo, ist da Selenicera?« Ihre Augen weiteten sich, und sie legte die Hand über den Hörer. »Es ist die Schwester!«
    »Leg auf. Schnell!«
    Kit dachte darüber nach. Dann sagte sie ins Telefon: »Stimmt es, dass du deine kleine Schwester umbringen willst?«
    » Kit.«
    Kit schlug Fancys Hand vom Telefon weg. »Hier ist Kit Cordelle.«
    » Du sagst ihr deinen Namen?«
    »Nein, sie hat gesagt, dass du versuchst, sie umzubringen«, sagte Kit ins Telefon. »Stimmt das? Na ja, du weißt über mich Bescheid. Ich kann da wohl schlecht mit dem Finger auf jemanden zeigen, wenn man meine Situation bedenkt. Ja, die Cordelle. Na klar, ich meine, bring sie um, wenn du magst. Sie ist deine Schwester. Ich dachte mir nur, vielleicht brauchst du Hilfe. Schließlich haben wir unseren Alten in Aktion gesehen.« Nach dieser kompletten Lüge zwinkerte sie Fancy zu. »Wir könnten dir ein paar Tipps anbieten. Wir wissen, wo du wohnst. Ja, wir . Meine kleine Schwester Fancy und ich. Wir sind ein Team. Kein Problem.«
    »Was hat sie gesagt?«, fragte Fancy in der Sekunde, in der Kit aufgelegt hatte.
    Kit grinste.

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