Blutsgeschwister
Wespen.
»Ich hab schon was für diesen Paten geplant, und ich brauche dich, um es durchzuziehen. Das wird deine Show.«
»Ich brauch keine Show. Darum geht’s nicht.«
»Klar, es geht darum, ob wir ein Team sind oder nicht. Wir beide gegen den Rest der Welt, weißt du noch?«
Kit antwortete nicht, und das Surren wurde lauter: Du brauchst mich nicht. Fancy wandte sich davon ab.
»Aber wenn du mich lieber noch mal hängen lässt …«
»Hör mit dem Scheiß auf, Fancy! Du bist diejenige, die meine Entschuldigung nicht annimmt.«
»Leeres Gerede.« Fancy hielt die Tür zur Stube auf und wartete darauf, dass Kit durchging.
Als Kit durchging, überkam sie eine Welle der Erleichterung. Sie schloss schnell die Tür hinter den surrenden, hasserfüllten Worten, aber der Stich – den konnte sie nicht ausschließen.
Die Schwestern folgte Doyle durch den Wald zu seinem Haus. Es befand sich ungefähr eine Meile den Camino Real hinunter und weitere anderthalb Meilen durch den Wald. Pusteblumenflusen hatten die Luft in eine verschneite Szenerie verwandelt. Doyle führte sie den Mission Trail entlang, vorbei an den alten Ruinen der ersten Missionen, die in Texas gebaut worden waren. Kinder aus der Oberstadt fielen an den Wochenenden in die Ruinen ein, und wenn der Wind richtig stand, konnten die Schwestern ihr betrunkenes Gefeier von der Schlafveranda aus hören.
Doyle sang immer wieder die ersten Zeilen von »Beans and Corn Bread«, bis Kit ihm sagte, er solle den Mund halten. Daran hielt er sich eine Weile, dann fragte er: »Was werdet ihr mit meinem Paten machen?« Sie verließen den Weg und wateten durch ein Beet Blutiger Annas. »Ihn erschießen?«
Kit lachte über die Hoffnung, die in seinem Tonfall mitschwang. »was auch immer wir tun werden, es wird nicht hier geschehen. Wir bringen ihn woanders hin.«
»Kann ich zusehen?«
»Wie du magst, Kleiner. Uns ist das e…« Kit stolperte und knallte fast mit dem Gesicht in eine Ulme. Sie sah auf ihre Füße und seufzte schwer. »Nicht schon wieder.« Aber sie schien darüber nicht besonders beunruhigt zu sein, im Gegensatz zu Doyle und Fancy, die beim Anblick der Hand, die Kits Knöchel festhielt, erstarrt waren.
Die Leiche zog sich, wie schon die erste, an Kit hoch, und als sie sich von der Erde befreit und Kit von Angesicht zu untotem Angesicht gegenüberstand, fragte sie: »Wirst du mir eine Bitte erfüllen?«
»Ja.«
»Dann hol mich aus diesem stinkigen Wald! Ich fühl mich hier nicht sicher. Er hat gesagt, ich wäre nirgendwo sicher, aber du musst einen Ort für mich finden.«
Kit hörte sich geduldig das Gerede an. »Wo würdest du dich sicher fühlen?«
» Überall sonst. Überall, wo er mich nicht finden kann.«
»Okay.«
»Versprich es.«
»Ich verspreche es.«
Statt wieder im Erdboden zu verschwinden, wie es die erste Leiche getan hatte, sobald Kit ausgeredet hatte, löste diese sich einfach in Luft auf.
»Was hast du getan?«, fragte Doyle.
»Ich glaube, ich hab sie in den Himmel geschickt.« Sie sah Fancy an, die erschrocken zurücksah.
»Wie?«
»Ich weiß es nicht.« Kit nahm Doyles Hand, und dann fiel ihr nachträglich ein, auch Fancys Hand zu nehmen. Fancy zog sie weg. Sie hatte kein Interesse daran, ein nachträglicher Einfall zu sein.
»Ich habe ans Paradies gedacht, irgendwas Nachlebenmäßiges halt.«
Doyle starrte Kit unverhohlen an, als sie weitergingen. »Bist du eine Hexe?«
»So was gibt’s nicht.«
»Ich weiß. Aber bist du eine?«
»Was denkst du?«, fragte Kit.
Doyle beschloss, seine Meinung darüber für sich zu behalten. »Ist es leicht, jemanden zu töten?«
»Ja.«
Ihre schnelle Antwort schien ihm Sorge zu bereiten. »Ich habe ein Messer an den Hals von meinem Paten gehalten, während er geschlafen hat«, sagte Doyle. »Aber ich konnte es nicht tun.«
»Ich hab nicht gesagt, dass es für jeden einfach ist. Wenn es das wäre, würde es ja jeder machen. Überlass das Töten Profis wie uns.«
Doyle nickte nachdenklich. »Erstehen Leichen immer auf, wenn du in der Nähe bist?«
»Seit Neuestem, ja.«
Fancy hörte davon zum ersten Mal. Kit sah schuldbewusst weg.
»Ich kann nicht über die Straße gehen, ohne dass sie nach mir greifen. Ich dachte, ich bin schlau, so wie Big Mama, und halte mich einfach nur von Friedhöfen fern, aber hier sind so viele Leichen überall vergraben. Ich kann sie spüren. Sogar die, die nicht auferstehen. Wenn ich an ihnen vorbeigehe, kribbeln meine Beine, als wären sie unter
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