Blutskinder
Januar gesehen wurde, und dem verschwundenen Baby Natasha Jane Varney.
Ebenfalls am vierten Januar wurde das Kind aus dem Renault 5 seiner Mutter entführt, den diese auf dem Parkplatz eines Supermarktes in Northampton abgestellt hatte.
Mehreren Zeugen war dort ein junges Mädchen aufgefallen, auf das die Beschreibung der vermissten Ruth passte. Zwei von ihnen konnten sich sogar erinnern, dass zur fraglichen Zeit ein Mädchen mit einem Baby auf dem Arm über den Parkplatz rannte. Die Jugendliche machte einen verstörten Eindruck. Ein weiterer Zeuge beobachtete eine junge Anhalterin mit einem Baby an der M1.
Dazu Det ective Inspector George Lumley, der mit dem Fall betraut ist: » Wir verfolgen verschiedene Spuren, würden uns aber vor al lem gern mit Ruth unterhalten, um jeden Verdacht gegen sie ausräumen zu können. Die Mutter des entführten Babys ist verzweifelt und wird sich in Kürze mit einem Appell an die Presse wenden. Sachdienliche Hinweise nimmt die Polizei von Northamptonshire gern entgegen … «
»Mann!«, sagte Robert, als er zu Ende gelesen hatte. »Komischer Zufall, findest du nicht?« Tief im Herzen spürte er einen Stich wie von einer Messerklinge.
»Die Polizei verrät der Presse nicht immer alles, was sie weiß.« Louisa reichte Mrs Wystrach den Zeitungsausschnitt und setzte ihre Brille wieder auf.
»Sagen Sie uns doch bitte, wo Sie das Medaillon herhaben! Es kann nur von unserer Ruth kommen, denn sie hätte es niemals hergegeben.« Bei dieser dringlichen Bitte errötete Vasil Wystrach.
Robert antwortete an Louisas Stelle. »Wahrscheinlich hat meine Frau es auf einem Flohmarkt erstanden und es ihrer Tochter Ruby geschenkt.« Die Klinge steckte noch immer in seinem Herzen. »Haben Sie schon mal daran gedacht, dass Ihre Tochter das Medaillon verkauft haben könnte? Schließlich brauchte sie doch Geld.« Der Schmerz wollte einfach nicht nachlassen. »Hat sie Drogen genommen, Mrs Wystrach? War Ihre Ruth drogensüchtig?«
»Rob!«, warf Louisa warnend ein.
»Vielleicht hatte Ihre Ruthie ja ein schreckliches Geheimnis, das sie zu diesem Verbrechen trieb. Etwas, von dem Sie keine Ahnung hatten. Haben Sie mal daran gedacht?« Robert rutschte unbehaglich auf seinem Sitz hin und her.
Vasil ballte die Fäuste und wollte einen Schritt auf Robert zu machen, doch seine Frau hielt ihn zurück. Der erste Hoffnungsschimmer nach fünfzehn Jahren – diese Chance wollte sie nicht aufs Spiel setzen.
»Schauen Sie noch mal hin, ja? Sehen Sie sich Ruth genau an.« Mrs Wystrach schob Robert ein weiteres vergilbtes Foto zu.
Eingehend betrachtete er die ausdruckslosen Augen des Mädchens. Dann warf er einen flüchtigen Blick auf das Datum am oberen Rand des Bildes – Samstag, 11. Januar 1992. Er überlegte, was er selbst an jenem Tag wohl getan hatte.
An Einzelheiten konnte er sich natürlich nicht mehr erinnern. Damals war er vierundzwanzig und gerade mit dem Jurastudium fertig geworden. Erin war neunzehn und Ruby gerade erst geboren, ein unwillkommenes Geschenk für eine so junge Mutter, die in Schwierigkeiten steckte. Immer tiefer bohrte sich das Messer in seine Brust. Nur mit Mühe konnte Robert den Blick von den Augen des jungen Mädchens auf dem Foto lösen. Erins Augen.
»Bedaure, aber ich kenne Ihre Tochter nicht«, log er und strich mit dem Finger über Ruths mausbraunes Haar. Bevor Louisa nicht mehr herausbekommen hatte, wollte er nichts von Erin erzählen, zumal er immer noch das Gefühl hatte, dass das alte Paar ihm etwas verschwieg. »Sie ist sehr hübsch«, fügte er wie zum Trost hinzu. »Mittlerweile muss sie ja längst erwachsen sein.« Es kam Robert gar nicht in den Sinn, dass er die beiden Alten mit seinen Worten quälen könnte. Jetzt brauchte er unbedingt eine Zigarette und Zeit zum Nachdenken. Er gab Mrs Wystrach den Zeitungsausschnitt zurück und erhob sich. »Wir gehen jetzt lieber«, sagte er zu Louisa und warf ihr einen Blick zu, der keinen Widerspruch duldete.
Robert war klar, dass Louisa gern noch geblieben wäre und die alten Leute weiter befragt hätte. Doch im Augenblick hätte er es nicht ertragen, noch mehr von alldem zu hören. Solange dieses Messer in seinem Herzen steckte, wollte er allein sein, um in Ruhe über Ruby und ihre ungewisse Zukunft nachzudenken.
Robert wandte sich noch einmal an Mrs Wystrach. »Die Sache mit Ihrer Tochter tut mir leid«, sagte er, zog eine Visitenkarte aus der Brieftasche und legte sie auf das Teetablett. »Wenn Ihnen noch etwas Besonders
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