Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
Vom Netzwerk:
hülle mich darin ein. Ich will nicht hören, was er zu sagen hat. Ich will einfach nicht.
    »Wie viel?« Er versperrt mir den Weg ins Schlafzimmer.
    »Robert, was ist letzte Nacht passiert? Du benimmst dich so komisch.« Meine Stimme bebt und ist viel zu schrill. Keine Panik! Er kann es nicht wissen. Völlig unmöglich.
    »Ich war nicht auf einer Konferenz. Ich bin nach Brighton gefahren.«
    »Brighton?« Ich hauche das Wort nur. Er weiß es nicht. Er kann es einfach nicht wissen. Durch die Milchglasscheibe scheint mir die Sonne auf den Rücken, doch sie wärmt mich nicht.
    »Ich war bei Baxter King.«
    »Ist das ein Anwalt? Oder ein Mandant?« Ich habe meine Stimme wieder in der Gewalt. Nach außen hin gelassen gehe ich auf Robert zu und schlüpfe unter seinem Arm hindurch ins Schlafzimmer. »Du hast den Namen noch nie erwähnt!«, rufe ich zurück. Im Vorbeigehen ergreife ich ein paar Kleidungsstücke. Ich ziehe Shorts und ein Top an und schlinge mir ein Handtuch um die Haare. Es ist nass, aber das ist jetzt egal. Hauptsache, ich komme hier raus. Ich schmiere mir Creme ins Gesicht und tusche mir flüchtig die Wimpern. Das muss reichen. Ich habe jetzt keine Zeit, das blöde Muttermal auf meiner Wange mit Make-up abzudecken. Ich lächle Robert im Spiegel zu und gebe mich ganz lässig.
    »Du willst also behaupten, dass du noch nie etwas von einem Mann namens Baxter King gehört hast?«
    »Genau.« Jetzt noch ein bisschen Lipgloss, weil er weiß, dass ich das immer benutze.
    »Gehe ich dann auch recht in der Annahme, dass du noch nie in Brighton gelebt hast?«
    »Voll und ganz. Ich bin überhaupt noch nie dort gewesen.«
    Ich binde meine Uhr um. Dabei fluche ich im Stillen über das unpraktische Armband und versuche, nicht auf mein wild klopfendes Herz zu achten.
    »Was würdest du sagen, wenn ich behaupte, dass ich etwas anderes gehört habe, nämlich dass du Baxter King sehr wohl kennst und einige Jahre in Brighton gewohnt hast?«
    Er steht jetzt unmittelbar hinter mir und wirft mir im Spiegel einen finsteren Blick zu. »Ich würde sagen, dass du etwas Falsches gehört hast.« Ohne zu blinzeln, ohne zu atmen oder mich zu bewegen, starre ich zurück. Ich habe schon Schlimmeres als das hier erlebt.
    »Wenn ich dir jetzt eine Frage stelle, von der unsere ganze gemeinsame Zukunft abhängt, wirst du mir eine ehrliche Antwort geben?«
    »Sicher, aber …«
    »Hast du dein Geld schon mal mit Sex verdient?«
    Für mich bricht eine Welt zusammen. Ich kann es förmlich vor mir sehen, wie Ruby und ich die Flucht ergreifen, wieder einmal davonlaufen. Aber ich darf mir jetzt nichts anmerken lassen. Ich stehe auf und drehe mich zu Robert um. Wie kann er uns das bloß antun? Warum konnte er nicht alles so lassen, wie es war? Mir steigen die Tränen in die Augen; ich empfinde echtes Entsetzen. Plötzlich ertönen Lärm und laute Stimmen von unten. Es ist Ruby. Sie spielt Klavier.
    Ich nutze die Gelegenheit, um aus dem Zimmer zu fliehen. Dabei rufe ich nach meiner Tochter.

    Ich wusste gleich, dass er den Schirm vergessen würde. Er brauchte zwei Stunden, um es zu merken. In der Zwischenzeit hatte ich nur wenige Kunden. Dann klingelte erneut die Ladenglocke, und er war wieder da, nicht ganz so nass diesmal, weil der Regen mittlerweile nachgelassen hatte.
    »Ich habe meinen Schirm vergessen.« Wieder putzte er sich die Schuhe ab.
    »Ich weiß.« Ich langte hinter den Ladentisch. Ich hatte den Schirm ordentlich gerollt und mit dem Bändchen zusammenge­bunden.
    »Eigentlich wollte ich auch noch mehr Blumen«, sagte er.
    »Na wunderbar«, antwortete ich und reichte ihm den Schirm. Wir lächelten einander an, während ich ein paar Rechnungen von rechts nach links schob. Dann ging er durch den Laden und warf einen Blick in jeden einzelnen Eimer.
    »Was würden Sie denn empfehlen?« Er stand halb versteckt hinter meinem neuen Arrangement aus Lilien. Als ich neben ihn trat, stellte ich fest, dass er größer war als ich.
    »Für welchen Anlass soll’s denn sein?« Ich stützte die Hände in die Hüften.
    »Welche Blumen gefallen Ihnen am besten?«
    Da brauchte ich nicht lange nachzudenken. »Schlichte Freesien. Weil sie so intensiv duften.« Ich deutete auf einen Eimer. Es waren nicht mehr viele übrig und er holte sie alle heraus. Sie tropften den Fußboden voll, also nahm ich sie ihm ab, wickelte sie ein und nannte ihm den Preis. Diesmal bezahlte er bar und hielt dabei den Strauß gegen seinen Mantel gepresst.
    »Für Sie«, sagte er

Weitere Kostenlose Bücher