Blutskinder
Nachtfeuchtigkeit will einfach nicht in meine Lungen dringen. Mir ist, als müsste ich ersticken. Ich bleibe stehen und lehne mich gegen eine Backsteinmauer. Dabei sollte ich lieber weiterrennen, falls er hinter mir her ist.
Was weiß er?
Ein Mann, der seinen Hund ausführt, starrt mich an und fragt, ob mir etwas fehlt. Ob ich einen Asthmaanfall habe. Einen Anfall schon, aber kein Asthma. Er geht weiter. Meine Brust hebt und senkt sich krampfhaft, aber noch immer bekomme ich nicht genügend Luft. Mühsam schlurfe ich nach Hause, wo ich mich bis in alle Ewigkeit verkriechen werde. Endlich, noch immer keuchend, stehe ich vor meiner Tür. Da stelle ich fest, dass ich meine Handtasche im Pub gelassen habe. In der Tasche sind meine Schlüssel.
Ich schleppe mich durch die Unterführung, ein bisschen weiter unten an der Straße, von wo aus man in den Garten hinter meinem Haus gelangt. Ich habe Schmerzen in der Brust, oder vielleicht ist es auch das Herz. Nichts ist zu hören als meine angstvollen, flachen Atemzüge und das empörte Jaulen einer aufgeschreckten Katze, die sich durch meinen langgestreckten Garten davonmacht.
Was weiß er über mein Baby?
Das Küchenfenster ist nicht verriegelt, es schließt nämlich nicht richtig. Ich drücke es mit einem Stock auf und quetsche mich hindurch. Dabei lande ich im Spülbecken. Beim Herausklettern fällt mein Blick auf die Kekse, die noch immer auf dem Tisch stehen. Die Kekse, die ich für Sarah gebacken habe. Ich beiße einen Happen ab, spucke ihn aber sofort wieder aus. Mein Mund ist so trocken, dass der Keks mir an der Zunge kleben bleibt. Im dunklen Wohnzimmer falle ich über den Babykorb m it den Anziehsachen darin. Ich mache das Licht an und knie mich neben meinem Geschenk für Sarah auf den Boden. Weil ich wissen will, ob sie hier war, schaue ich draußen unter der Fußmatte nach einem Zettel. Doch da liegt nichts.
Ich bette meinen Kopf in den Korb mit den Kleidungsstücken, so als sei ich selbst noch ein Baby, und schlafe irgendwann in dieser Haltung ein. Ich träume, der Mann aus dem Pub hätte Natasha gefunden, und ich wache schweißgebadet und mit steifem Nacken auf. Draußen auf der Straße klirrt der Milchmann mit den Flaschen. Ich habe die ganze Nacht auf dem Fußboden verbracht.
Um mich zu beschäftigen, falte ich die Babysachen, denn sie sind ganz verknittert, weil ich mit dem Kopf darauf gelegen habe. Außerdem ist die Haube des Korbes an der einen Seite eingedrückt. Als ich fertig bin, nehme ich den Stapel Babywäsche mit nach oben und lege sie in die Kommode, die ich mit Hilfe von Schablonen passend zur Tapete mit Häschen und Blumen verziert habe.
Dabei male ich mir aus, wie Sarah ihr Kind bekommt. Es tut mir geradezu weh, mir vorzustellen, wie sich ihr zimtbraunes Gesicht vor Schmerz verzerrt und wie ihr Bauch sich hebt und senkt und die Hebamme ruft: »Pressen! Jetzt nicht mehr pressen! Atmen, atmen!«
Da Sarah noch immer nicht kommt, um mir ihr Neugeborenes zu zeigen und meine Kekse zu essen, beschließe ich, sie suchen zu gehen. Ich schlüpfe in meine Sandalen und kämme mir mit den Fingern durch das strähnige Haar. Ich störe mich nicht daran, dass meine verschmierte Wimperntusche schwarze Ringe unter meinen Augen gebildet und schmutzige Streifen auf den Wangen hinterlassen hat. Einem Baby ist es schließlich auch egal, wie seine Mutter aussieht. Alles, was es will, ist Liebe und Milch und Wärme.
Im Park scheint alle Welt mit einem Kind unterwegs zu sein. Überall Mütter und Väter und Großeltern, die Kinderwagen schieben oder ein Kleinkind an der Hand halten oder zusehen, wie sich die Kleinen am Karussell festhalten. Es ist heute wirklich schön im Park.
Ich setze mich auf eine Bank und beobachte die schmuddeligen Brüder und die bonbonrosafarbenen Schwestern, die auf den Spielgeräten herumturnen. Als eine Schaukel frei wird, setze ich mich darauf und schaukele himmelhoch bis in die Wolken. Vielleicht kann ich von da oben ja Sarah erspähen, wie sie gerade einen Morgenspaziergang mit ihrem neuen Baby macht. Der Wind weht mir ins Gesicht, und die Sonne lässt mich die Augen zusammenkneifen. Ich lache laut auf.
Da! Ich glaube, da hinten geht sie gerade über die Straße. Ihr Bauch ist wieder flach, und sie trägt ein kleines Bündel im Arm. Ich könnte schwören, der Mann neben ihr ist dieser Mr Knight aus dem »Hirschkopf«. Lachend zeigt er mit dem Finger auf mich, wie ich auf meiner Schaukel immer höher und höher fliege.
Ich
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