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Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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sagte, dass sie nicht aufs Greywood College gehen dürfe. Er liebte Ruby ebenso sehr wie Erin, in Augenblicken wie diesem sogar noch mehr. Es war so schwer, Ruby ein Vater zu sein und dabei zu wissen, dass er eben doch nicht ihr richtiger Vater war! Wenn sie seine leibliche Tochter gewesen wäre, hätte er dem Unfug längst ein Ende gemacht. Dann hätte sich Erin fügen müssen. Robert hätte gern gewusst, ob er wohl eines Tages Rubys richtiger Vater sein würde – mit allen Rechten und Pflichten.
    Er musste eingenickt sein, doch als die Haustür aufgeschlossen wurde, schreckte er hoch, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Erin stand in der Wohnzimmertür. Selbst im Halbdunkel des Zimmers erkannte Robert, dass sie vollkommen durchnässt war. Als sie das Licht einschaltete, sah er, dass sie achtlos einen Blumenstrauß in der Hand hielt. Die vielfarbigen Blüten baumelten neben ihrem Knie.
    »Für Ruby«, sagte sie mit ausdrucksloser Stimme und hob die Hand.
    »Das wird ihr bestimmt ein großer Trost sein«, erwiderte Robert sarkastisch und stand auf. Er ging in die Küche und knallte den Deckel des Wasserkessels auf die Arbeitsplatte. »Kaffee? Das ist dir bestimmt ein großer Trost.« Erin war Robert in die Küche gefolgt und stand jetzt hinter ihm. Er roch ihr regenfeuchtes Haar und den schwachen Duft der Sommerblumen.
    »Ich hab’s ihr nicht gesagt«, sagte Erin.
    Die Kaffeedose in der Hand drehte sich Robert langsam um und starrte seine Frau an. Ihr blondes Haar war dunkel vor Nässe, und die verlaufene Wimperntusche bildete schwarze Ränder unter ihren Augen. Sie hatte geweint. Er löffelte den löslichen Kaffee in zwei Becher und goss ihn mit dem Wasser auf, noch bevor es richtig kochte.
    »Ich habe es ihr nicht gesagt, weil sie es schon wusste«, fügte Erin hinzu.
    Robert setzte sich Erin am Küchentisch gegenüber. Sie hatte den Kopf in die Hände gestützt und die Füße hinter den Stuhlbeinen verhakt. Obgleich sie die Bewegung zu unterdrücken versuchte, bemerkte er das Beben ihrer Schultern. Er wartete darauf, dass sie weitersprach.
    »Sie hat unser Gespräch heute Morgen mitbekommen.« Erin seufzte und fuhr mit dem Finger an einem Sprung in ihrem Becher entlang. »Es war ein schwerer Tag für sie.«
    Robert schnaubte nur und schüttelte den Kopf. »Weißt du überhaupt, dass sie heute zum ersten Mal ihre Periode bekommen hat?«
    Erin vergrub das Gesicht in den Händen. »Und ich war nicht bei ihr …«
    Das Gleiche hätte Robert sagen können, doch das wollte er Erin gegenüber nicht eingestehen. Außerdem spürte er, dass sie noch etwas auf dem Herzen hatte. Obwohl er als Anwalt daran gewöhnt war, nur Fakten gelten zu lassen, konnte er seinem Gefühl normalerweise trauen.
    Erin war seine Frau. Bei ihrer Hochzeit im April hatten sie sich Treue und Aufrichtigkeit geschworen. Sie war doch sonst so vernünftig und praktisch veranlagt. Warum tat sie ihrer Tochter so etwas an? Für Ruby war die Musik das Wichtigste im Leben. Nur wenn sie aufs Greywood College ging, konnte sie ihrer Neigung folgen und gleichzeitig ihren dummen Klassen­kameraden entkommen. Das Klavierspiel gehörte ebenso zu ihr wie die Farbe ihres Haares oder die leicht schräg stehenden Augen. Und jetzt hatte ihre Mutter all ihre Hoffnungen zerstört. Robert konnte diese Vorstellung nur schwer ertragen.
    Wieder seufzte Erin, senkte erneut den Kopf. »Heute Morgen kam sie zu mir und sagte: ›Ich weiß, dass ich nicht nach Greywood gehen darf.‹ Einfach so. Ich wollte mit ihr darüber reden, aber sie machte einen ganz normalen Eindruck. Sie ist sogar für mich in den Laden gegangen. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie …« Erin schluchzte leise und schuldbewusst. Wie auch immer es weitergehen mochte, für ihre Tochter hatte ein neuer Lebensabschnitt begonnen.
    Wütend sah Robert zu, wie seine Frau die Küche aufräumte, als wollte sie jedem weiteren Gespräch über Ruby aus dem Weg gehen. Offenbar war es ihr wichtiger, die Wäsche ordentlich zu falten und die Sockenpaare zusammenzusuchen, als sich um ihre Tochter zu kümmern, die sich oben in ihrem Zimmer in den Schlaf weinte.
    Um halb zwei gingen Robert und Erin schlafen. Nachdem er im Bad gewesen war, schaute Robert noch einmal nach Ruby. Sie lag auf der Seite, einen alten, abgenutzten Stoffhasen im Arm, und schnaufte ein wenig im Traum. Robert wünschte, er könnte ihr den Albdruck nehmen und ihr alle Wünsche erfüllen. Er hauchte einen

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