Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
Vom Netzwerk:
darüber beschwichtigen, dass er Ruby zum Greywood College gebracht hatte.

    Nachdem Erin geduscht und sich umgezogen hatte, kam sie die Treppe herunter und trat wie ein Frühlingshauch in die Küche. Doch trotz ihres frischen Aussehens wirkte sie erschöpft und begann sofort, von ihrem anstrengenden Tag im Geschäft zu berichten. Robert reichte ihr ein kühles Glas Wein. Der Abend war für Anfang Juni ungewöhnlich schwül und windstill.
    »Und heute ist sie erst um elf Uhr aufgekreuzt«, sagte Erin gerade. »Der habe ich aber was erzählt! Du bist gefeuert, mein Fräulein, habe ich zu ihr gesagt.« Erin nahm den Wein und lächelte Robert zu. »Du bist einfach wunderbar. Was hast du vor?« Sie betrachtete die vielen Zutaten auf der Arbeitsplatte und schnupperte die ungewohnten Düfte.
    »Ach, nichts Besonderes. Ich hatte nur mal Lust zu kochen.« Robert legte die Arme um Erin, drückte sie an sich und atmete den Duft ihres frisch gewaschenen Haares ein. Er kochte höchst selten und wollte sich in Wahrheit nur bei seiner Frau einschmeicheln, bevor er ihr die Sache mit dem College beichtete. Hoffentlich klappte alles! Er hatte Tanya gebeten, ihm ein Rezept aus dem Internet zu suchen und die erforderlichen Zutaten zu besorgen.
    »Ruby ist heute ausgesprochen munter«, sagte Erin. »Danke, dass sie nach der Schule in die Kanzlei kommen durfte. Das ist für sie mal eine Abwechslung vom Laden.«
    »Kein Problem«, erwiderte Robert und überlegte kurz, ob jetzt wohl der richtige Moment war, ihr alles zu erzählen. Er gab das geschnittene Hähnchenfilet in den heißen Wok, worauf sich die Küche mit Rauch füllte.
    »Ob du es glaubst oder nicht, sie macht doch tatsächlich gerade Hausaufgaben.« Als Erin die steile Falte auf Roberts Stirn bemerkte, blickte sie ihn scharf an. »Ist irgendwas nicht in Ordnung? Du freust dich anscheinend gar nicht, dass Ruby heute in der Schule nicht belästigt wurde.«
    »Doch, natürlich.« Robert legte den Pfannenwender ab, drehte das Gas herunter und wandte sich zu seiner Frau um. Als er ihr die Hände auf die Schultern legte, ging ihm unvermittelt durch den Kopf, wie zerbrechlich sie doch wirkte. Dann setzte er zum Sprechen an. »Hör mal, ich muss dir …«
    »Dad, ich brauche deine Hilfe. Die anderen Mädchen beschäftigen sich schon seit Wochen mit diesem Projekt, und Miss Draper sagt, ich soll versuchen, bis zum Ende des Schuljahres aufzuholen, und …«
    »Deine Mutter und ich wollten gerade etwas besprechen, Ruby. Ich komme gleich hoch und helfe dir.«
    Ruby blickte erst ihre Mutter, dann Robert an. Als sie begriff, liefen ihre Wangen rot an. »Oh«, sagte sie nur und zog sich rasch wieder zurück.
    »Wer ist Miss Draper?« Erin schüttelte Roberts Hände ab. »Und bei welchem Projekt soll Ruby aufholen?« Sie nahm einen großen Schluck Wein. »Rob?«
    Robert drehte den Herd ganz ab und schob Erin einen Stuhl hin. Ohne die Augen von ihm zu wenden, setzte sie sich ihm gegenüber an den Tisch. Robert wich ihrem Blick aus und schaute stattdessen auf ihre schlanken Hände, die sie nervös knetete.
    »Ich habe Ruby heute nach Greywood College gebracht, Erin. Sie konnte einfach nicht weiter in ihre alte Schule gehen.« Endlich blickte er auf. Die Spannung zwischen ihnen war beinahe mit Händen zu greifen. Wie vertraut ihm dieses Gefühl von Enttäuschung und Misstrauen war – nur dass er diesmal den Grund dafür geliefert hatte.
    »Wie konntest du nur?« Erin stand auf, ging zur Spüle hinüber und starrte durch die Fensterscheibe hinaus in den kleinen Garten mit dem Weidenbaum, unter dem sie sich einmal geliebt hatten. Die Gefahr, entdeckt zu werden, hatte es besonders aufregend gemacht.
    »Ich weiß, dass Ruby deine Tochter ist, aber durch unsere Heirat habe auch ich einen Teil der Verantwortung für sie übernommen. Wir sind doch jetzt eine Familie, und wenn ich glaube, dass es das Beste für Ruby ist …«
    »Was du sagst, wird also gemacht, ja?« Erin fuhr herum und starrte ihn mit harten, kalten Augen und schmalen Lippen an. »Worum es dabei in Wahrheit geht, ist dir ganz gleich.«
    »Es geht darum, dass Ruby glücklich ist. Als ich sie heute Nachmittag abholte, strahlte sie über das ganze Gesicht.« Robert hatte zwar weder Lust zum Kochen noch Appetit, doch um ihrem Streit die Spitze zu nehmen, schaltete er den Herd wieder ein und goss die vorbereitete Sauce auf die Fleischstücke. Wahrscheinlich würde außer Ruby niemand etwas davon essen …
    Als Ruby herunterkam, verließ

Weitere Kostenlose Bücher