Blutskinder
ab.
»Robert, ich glaub es nicht! Deine Nummer wurde angezeigt, aber ich konnte dich nicht hören. Wahrscheinlich war die Verbindung schlecht. Egal, wie geht’s dir? Wir haben so lange nichts voneinander gehört! Weißt du, dass ich wieder für eine Weile in England bin? Ruf mich doch zurück, und dann verabreden wir uns. Das heißt, nur falls du willst. Vielleicht hast du ja auch keine Lust dazu oder kannst nicht oder sonstwas. Du weißt schon. Ach, ruf mich doch einfach an.«
Das war Louisa – klar und deutlich wie immer.
Er drückte die Rückruftaste und verbrannte sich in dem Augenblick, als er ihre Stimme hörte, den Mund am heißen Kaffee.
»Rob?«
»Ja, ich bin’s«, antwortete er und musste trotz der schmerzenden Lippen grinsen. »Ist dort etwa Miss Forrest?« Dann bemerkte er sein Versehen.
»Da müssen Sie sich verwählt haben«, hörte er ihre ironische Stimme.
»Was macht denn das Eheleben, Mrs …« Er schluckte. Es fiel ihm schwer, den Namen auszusprechen. »Mrs van Holten?«
»Nun, danke der Nachfrage, mein lieber Mr Knight, das Eheleben ist einfach herrlich!« Dann hörte er ihr Kichern, und mit ihm kamen tausend verschiedene Erinnerungen. Es war nicht das alberne Kichern eines Teenagers oder einer koketten jungen Frau, sondern das leise, selbstsichere Lachen einer Frau, die genau weiß, was sie vom Leben erwartet. Ob sie es auch bekommen hatte, wusste Robert nicht. »Und darf ich Sie das Gleiche fragen?«
»Mein Leben ist ebenfalls ganz herrlich, Mrs van … van Holten. Genau, wie Sie es mir versprochen haben.« Robert erinnerte sich noch an die winzige Spur von Traurigkeit in Louisas Blick, sorgsam hinter einem Lächeln verborgen, als er ihr Erin vorgestellt hatte.
»Wirklich? Das freut mich sehr für dich, Robert! Du hast es verdient, nach allem, was du durchgemacht hast.« Er glaubte, einen kaum vernehmlichen Seufzer zu hören. Vielleicht war es aber auch nur ein Knistern in der Leitung gewesen.
»Du auch.« Plötzlich merkte Robert, dass ihre Unterhaltung dabei war, in Gefühlsduselei abzugleiten. Das konnte nicht lange gutgehen. »Bist du in London?« Gespannt hielt er den Atem an.
»Leider nein, sonst würde ich gleich bei dir anklopfen und dich zum Essen abholen.«
Robert schloss für eine Sekunde die Augen, froh, dass Louisa es nicht sehen konnte.
»Ich bin über das Wochenende in Somerset zur Hochzeit meiner Cousine eingeladen. Und danach fahre ich ein bisschen durchs Land und besuche ein paar ältere Verwandte.« Ihre Stimme klang müde.
»Wann musst du nach Amsterdam zurück?« Den hatte ihm schon gesagt, dass sie mehrere Wochen in England bleiben wollte. Er wusste es von einem Geschäftspartner, der Louisa engagiert hatte, oder so ähnlich. Robert konnte sich nicht mehr genau erinnern – immerhin hatte er da schon fünf Bier intus gehabt.
»Du kennst mich doch. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und habe ein paar Aufträge für eine holländische Agentur angenommen. Daher kann es sein, dass ich nur eine Woche bleibe, vielleicht aber auch vier.«
»Wir sollten uns treffen.« Robert hielt den Atem an. Er dachte an Erin und wünschte, er hätte nicht angerufen.
»Ja, gern. Was hast du am nächsten Wochenende vor?«
Robert zögerte ein wenig mit der Antwort. Louisa hatte doch gerade von dieser Hochzeit erzählt! Wollte sie ihn etwa nach Somerset einladen? Und Erin und Ruby vielleicht auch? Er lächelte bei dem Gedanken. Ein paar Tage auszuspannen würde ihnen allen wahrscheinlich guttun.
»Nichts Besonderes, aber das hängt von Erin ab. Gut möglich, dass sie kurzfristig eine Dinnerparty arrangiert.« Er lachte ein wenig, damit seine Lüge glaubwürdiger klang. Erin stand im Augenblick gewiss nicht der Sinn nach Partys. »Was hast du dir denn vorgestellt?«
»Warum packst du nicht deine Familie ins Auto und kommst übers Wochenende aufs Land? Willem fliegt auch zur Hochzeit her, und dann könnten wir uns alle, na ja, mal wiedersehen.«
Robert versprach, sie anzurufen, sobald er mit Erin gesprochen hatte. Er hoffte, dass sich seine Frau für die Idee begeistern konnte. Sie hatte Louisa bisher nur einmal getroffen, vor ihrer Hochzeit, kurz bevor Louisa das Land verließ, um einen Holländer zu heiraten. Sicher, er und Louisa hatten sich sehr nahe gestanden, aber das gehörte der Vergangenheit an.
Außerdem war ein Ausflug aufs Land durchaus die geeignete Überraschung, die er Ruby versprochen hatte. Und wer weiß? Womöglich würde dieser Plan auch Erins Zorn
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