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Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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aus, als ich ihn in Erinnerung hatte. »Erkennen Sie dieses Beweisstück wieder, Mrs Varney?«
    Nur zu gern hätte ich ihnen unter dem Tisch einen Tritt vor das Schienbein gegeben, einen Kinnhaken versetzt, ihnen die Finger in die Augen gestoßen, damit sie eine vage Vorstellung davon bekamen, wie ich leiden musste und immer leiden würde. Aber damit hätte ich mir nur selbst geschadet. Ich käme ihnen als Verdächtige gerade recht, weil sie nicht weiterwussten. DI Lumley hatte bestimmt nicht gern einen Haufen ungelöster Fälle auf seinem Schreibtisch. Er hatte ohnehin nie viel Verständnis für mein traumatisches Erlebnis aufgebracht und jetzt, wo sie nicht weiterkamen, verfielen sie auf mich. Ich nahm die Plastiktüte in die Hand. Der Babyschuh darin war ein bisschen schmutzig, aber mit Sicherheit derjenige, den ich an jenem grauenvollen Tag gefunden hatte.
    »Natürlich erkenne ich ihn wieder. Das habe ich Ihnen doch schon alles erzählt.«
    »Schauen Sie ihn sich genau an, Mrs Varney. Könnte es sein, dass er nicht Ihrem Baby gehört?«
    »Nein, es ist ganz bestimmt Natashas.« Ich warf erneut einen kurzen Blick auf den Schuh. »Sheila, meine Schwiegermutter, hatte diese Babyschuhe und eine passende Mütze gestrickt. Den hier habe ich auf der Hauptstraße gefunden, nachdem ich bemerkt hatte, dass Natasha fort war. Ich sah jemanden mit einem Baby auf dem Arm über den Parkplatz laufen. Wahrscheinlich hat Natasha den Schuh verloren, als der …« – das Wort auszusprechen fiel mir so schwer – »… der Entführer sie mitnahm. Sie hat öfter ihre Schuhe verloren.«
    »Ich verstehe.« DI Lumley machte sich ein paar Notizen und sagte dann leise etwas zu seinem Kollegen. Der reichte ihm ein Blatt Papier. »Was würden Sie sagen, Mrs Varney, wenn ich Ihnen erzählte, dass Sie sich irren? Dies hier ist nicht der Schuh Ihres Babys. Selbstverständlich haben wir Ihre Schwieger­mutter, Sheila Varney, ebenfalls vernommen und sie gebeten, uns eine Probe der Wolle zu überlassen, aus der sie die Schuhe und die Mütze gestrickt hat. Glücklicherweise hatte sie noch welche übrig, sodass wir die Wolle analysieren konnten. Es stell te sich heraus, dass es sich um eine völlig andere Wollzusammensetzung handelte als bei diesem Babyschuh.« DI Lumley n ahm mir die Tüte aus der Hand, hielt sie hoch und schüttelte sie. Das Schühchen rutschte hin und her. »Die Laborergebnisse sind eindeutig. Dieser Schuh ist nicht derselbe, den Sheila Varney gestrickt hat.«
    DI Lumley schob mir das Blatt Papier über den Tisch zu. Ich las den Bericht der forensischen Abteilung, verstand aber kein Wort von dem ganzen Wissenschaftler-Kauderwelsch.
    »Aber es ist Natashas. ich schwöre es!« Meine Stimme zitterte, und mir kamen die Tränen. Wie konnten sie mir das antun? Es war mein letzter Hoffnungsschimmer, die einzige Spur, die vielleicht zu Natasha führte, und jetzt machten sie alles kaputt. »Wie viele solcher Babyschühchen kann es denn schon geben? Vielleicht hat Sheila Ihnen die falsche Wolle gegeben. Sie hat einen ganzen Korb voller Wollreste.« Sie mussten mir unbedingt glauben.
    »Diese Möglichkeit haben wir natürlich auch in Betracht gezogen. Deshalb haben wir zusätzlich eine DNS-Analyse der Hautzellen durchführen lassen, die sich an dem Schuh fanden.« Lumley verstummte und presste die Lippen zusammen, so als könnte er sich kaum beherrschen, mir die nächsten Worte ins Gesicht zu schleudern. Sein Partner schob mir noch ein Blatt zu, dessen Text mir ebenso schleierhaft war. »Wir haben gehofft, dass sie mit der DNS-Probe aus Natashas Haarbürste übereinstimmt.«
    Ich zwang mich zur Aufmerksamkeit. »Und?«, fragte ich mit gepresster Stimme. DI Lumley sollte nicht merken, wie aufgewühlt ich war.
    »Der Vergleich war negativ, Mrs Varney. Keine Übereinstimmung. Dieser Schuh gehört eindeutig nicht Ihrem Baby.«
    Wie können sie das alles wissen?, dachte ich. Warum glauben sie mir nicht einfach?
    Ich kam aus dem Laden und mein Baby war weg. Das Auto war leer. Ich sah jemanden rennen … fand das Schühchen …
    »Außerdem haben wir noch Fragen zu dem Kuchen, Mrs Varney.«
    »Haben Sie den vielleicht auch noch hier? Der dürfte mittlerweile ein bisschen verschimmelt sein.« Ich legte meine Stirn auf die Tischplatte und stieß den Atem aus. Auf einmal stand PC Miranda neben mir und strich mir über den Rücken. Wahrscheinlich wollte sie mir ein Zeichen geben, dass ich aufpassen sollte, was ich sagte. Es soll ja schon vorgekommen

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