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Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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sie um jeden Preis wiederhaben wollte.
    »Und überhaupt?« Helena war nicht böse. Sie schien sich über seine Weigerung eher zu amüsieren.
    »Mir geht so viel im Kopf herum«, antwortete Robert. »Ich bin in Wahrheit auch gar nicht hergekommen, weil ich Sex mit Ihnen haben wollte.«
    »Ich richte mich ganz nach den Wünschen meiner Kunden. Dann eben nur die Massage, wenn Ihnen das lieber ist.« Helenas Stimme bekam einen verzweifelten Unterton. »Sie können mir auch die Peitsche geben, wenn Sie wollen.«
    »Ich werde natürlich bezahlen. Es ist nur so, dass …« Robert vergrub die Hände in seinem Haar. »… Ich würde gern mehr über Ihre Arbeit wissen. Über Prostituierte ganz allgemein.« Es fiel ihm schwer, dieses Wort zu benutzen. Es erinnerte ihn zu sehr an seine Frau – und gleichzeitig wehrte er sich dagegen, Erin mit Helena auf eine Stufe zu stellen.
    »Was gibt es da schon zu wissen?« Helena zog sich den Bademantel über und setzte sich ans Fußende des Bettes. »Ich tue es für meinen Lebensunterhalt. Vielleicht auch aus Verzweif lung. Aber eigentlich bin ich gar nicht verzweifelt«, fügte sie na chdenklich hinzu und zog ihre Zigaretten aus der Tasche. Nachdem sie Robert eine angeboten hatte, saßen sie beide in einer Wolke aus blaugrauem Rauch und unterhielten sich darüber, wie Helena zu ihrem Gewerbe gekommen war.
    »Ich finde nichts Schlimmes dabei. Dank dieser Arbeit kann ich meine Rechnungen bezahlen, meinem Sohn eine Ausbildung ermöglichen und ich habe ein Dach über dem Kopf. Ich biete euch armen, zu kurz gekommenen Männern meine Dienste an, damit ihr euch nicht an jungen Mädchen vergreift.« Robert räusperte sich und wollte gerade protestieren, da fügte sie augenzwinkernd hinzu: »Anwesende natürlich ausgenommen. Ich fing damit an, als mein Mann mich verließ«, fuhr sie fort. »Anfangs ergab es sich nur gelegentlich unten im Pub. Wenn jemand mit mir anbändeln wollte, machte ich ihm gleich klar, dass er dafür bezahlen musste. Wenn ich im Pub einen Maurer kennenlerne, der mir einen Anbau ans Haus machen soll, dann erwarte ich doch auch nicht, dass er es umsonst tut.«
    Robert verkniff es sich, solche Nebensächlichkeiten wie Liebe und Ehe, Vertrauen und Respekt zu erwähnen. Vor seinem inneren Auge sah er Erin, wie sie sich mit einem Kunden traf, sich auszog, mit ihm schlief und hinterher Geld dafür einstrich. Hatte sie es für Ruby getan? Wusste Ruby, dass ihre Mutter eine Nutte war? Wortlos knöpfte Robert sein Hemd zu und schickte sich an zu gehen.
    »Warum fragen Sie das überhaupt?«
    Robert starrte Helena an. Er fröstelte – wegen des feuchten Hemdes und weil er das Bild von Erin mit einem Freier einfach nicht loswurde. »Eine Frau, die ich liebe, hat mal auf diese Art ihr Geld verdient. Ich wollte den Grund dafür herausfinden.« Er stieß den Atem aus.
    »Und? Haben Sie ihn herausgefunden?«
    Robert zögerte für einige Sekunden, den Blick noch immer auf Helena geheftet. Er betrachtete ihre offenen, ehrlichen Augen und ihren verbrauchten Körper und wusste auf einmal, dass er wirklich etwas über Erins früheres Leben erfahren hatte. Er hatte dem neuen Bild seiner Frau ein weiteres winziges Mosaiksteinchen hinzugefügt. Doch das Bild gefiel ihm nach wie vor nicht.
    »Ich glaube schon«, antwortete er. »Sie ist Ihnen nämlich ähnlich. Eine Überlebenskünstlerin.« Robert beugte sich vor und gab Helena einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Dann nahm er fünfzig Pfund aus seiner Brieftasche. »Das war der teuerste Kuss meines Lebens«, sagte er lakonisch und gab ihr das Geld. Sie stopfte es in die Tasche ihres Bademantels.
    »Sie können sich noch glücklich schätzen, Mr Knight. Küssen ist bei mir normalerweise nicht drin.«
    »Danke«, fügte Robert hinzu und fragte sich im selben Augenblick, ob er für die neuen Einsichten in Erins Vergangenheit wirklich so dankbar war. »Und viel Glück bei Ihrer Ausbildung.«
    »Ihnen auch viel Glück«, sagte Helena leise und brachte ihn zur Tür.

    Als er endlich wieder einigermaßen nüchtern war, bekam Robert schreckliche Sehnsucht nach seiner Frau. Er wollte sie in den Armen halten, sie berühren und lieben, ganz egal, ob sie schon mit zahllosen anderen Männern geschlafen hatte oder nicht. Wenn ja, hatte sie es bestimmt nicht ohne triftigen Grund getan, sagte er sich.
    Zu Hause erinnerte ihn alles an Erin. Die halb verwelkten Blumen, der volle Wäschekorb, ihre Jacke, schief über eine Stuhllehne gehängt, der Einkaufszettel,

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